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Mashrou3 Leila

13. April 2010

Die Band "Mashrou3 Leila" hat in den letzten Jahren die Underground-Szene Beiruts aufgemischt. Sie trifft das Lebensgefühl junger Libanesen. Die Songs beschäftigen sich mit dem Alltag im Libanon und sind sehr politisch.

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Mashrou3 Leila auf der Bühne im Libanon (Foto: Mashrou3 Leila )
Die Band ist durch den Libanon getourt und wird jetzt auch im Ausland auftretenBild: Mashrou3 Leila

In den Wochen vor ihrem großen Release-Konzert, hätte die Band "Mashrou3 Leila" es sich nicht träumen lassen, dass sie einmal vor über 1000 Leuten spielen würde. Es wurden deutlich weniger Gäste erwartet. Mit 500 Besuchern hatten die Band und die Veranstalter gerechnet. Die Gäste strömen vor die Bühne in der ungewöhnlichen Location der Firma Demco Stahl in Beirut - einem Gelände mitten im Industriegebiet. Sie wollen dabei sein, wenn der heißeste Newcomer der libanesischen Underground-Szene sein erstes Album präsentiert. Am Eingang werden die CDs gegen den Eintrittspreis gleich mit ausgegeben. Sie kommen frisch aus der Presse. Die Band ist aufgeregt. Sie hätte nicht damit gerecht, dass sich das einmal so entwickelt, erzählt Omaya Malaeb, die einzige Frau bei Mashrou3 Leila: "Zu Beginn haben wir nur Musik gemacht, um den Uni-Stress zu kompensieren, aber dann wurde es uns immer wichtiger. Es macht mich glücklich. Und der heutige Abend bedeutet alles für uns."

Die Band Mashrou3 Leila spielt an diesem Abend jeden einzelnen Song ihres gleichnamigen Albums. Das Publikum ist begeistert. " Sie sind wunderbar", sagt eine junge Libanesin. Besonders die Stimme des Sängers Hamed Sinnos habe es ihr angetan. Bei ihrem Song "Onkel Abou Masoud", einem umgeschriebenen Kinderlied, kommt sogar einer der wenigen männlichen, libanesischen Bauchtänzer auf die Bühne und heizt die Stimmung an.

Durch Arbeit zum Erfolg

Mashrou3 Leila (Foto: Mashrou3 Leila )
Bild: Mashrou3 Leila

Ein ganzes Jahr hat die libanesische Band im Studio verbracht, um ihr Album aufzunehmen. Die Texte der Anfang 20-Jährigen sind sozialkritisch. Sie handeln vom Alltag im Libanon und von der Frustration der Menschen, die mit der Machtstruktur im Libanon nicht klar kommen, von Libanesen, die das Land verlassen, um im Ausland Geld zu verdienen.

Hamed Sinno schreibt die Texte. Ansonsten sind alle gleichberechtigt in der Band. Auch, wenn es nur eine Frau gibt, aber die sieht das gelassen, denn ihre Bandkollegen betrachten sie eher als "das Keyboard" und nicht als das Mädchen.

Seit zwei Jahren gibt es die Band Mashrou3 Leila, was übersetzt, "Nachtprojekt" heißt. Die "3" steht für den arabischen Buchstaben "ayn". Mashrou3 Leila besteht aus dem Sänger Hamed Sinno, dem Schlagzeuger Carl Gerges, der Keyboarderin Omaya Malae, dem Bassisten Ibrahim Badr, den Gitarristen Andre Chedid und Firas Abou Fakher und dem Violinisten Haig Papazian. Fünf von ihnen studieren Architektur, Ibrahim Badr wird Ingenieur und Hamed Sinno Graphikdesigner. Kennengelernt haben sie sich an der Amerikanischen Universität Beirut (AUB). Dort haben sie sich bei ihren vielen Uni-Projekten gemeinsam die Nächte um die Ohren geschlagen. "Sieben unterschiedliche Menschen. Das einzige was wir gemeinsam hatten, als wir uns trafen, war, dass wir im gleichen Gebäude der AUB studierten", erzählt Haig Papazian. "Wir haben allerdings das gleiche Interesse für Musik geteilt. Aber das ist ja sehr allgemein – es gibt so viele unterschiedliche Musikrichtungen."

Mix aus verschiedenen Stilen

Mashrou3 Leila vereint diese vielen verschiedenen musikalischen Stilrichtungen und jeder einzelne bringt seinen Geschmack mit in die Songs: Rock Elemente vom Schlagzeuger, Folklore durch den Violinisten, Jazz und Blues durch Gitarre, Bass und Keyboard. Arabische Elemente fügt der Sänger durch seine Art und Weise einen Song zu singen, hinzu. Doch dabei verlören sie ihr Ziel nie aus den Augen, sagt Haig Papazian, der Violinist. Denn Mashrou3 Leila sei etwas sehr persönliches, sehr intimes. Die Musik erzähle ihre Geschichten, ihre Erfahren. "Die Musik beschreibt woher wir kommen und welchen Hintergrund wir haben. Ich mache es nicht absichtlich, aber wenn ich spiele, dann bringe ich immer meine armenischen Wurzeln mit ein in die Musik", sagt Papazian.

Mashrou3 Leila (Foto: Mashrou3 Leila )
Mittlerweile füllt die Band ihre HallenBild: Mashrou3 Leila

Die Texte der Band sind im umgangssprachlichen Arabisch geschrieben. Sozialpolitisch, wachrüttelnd und zugleich oft poetisch – egal worum es in dem Song geht. Wenn man sich mit den Mitgliedern unterhält, ist man schnell beim Thema Politik angekommen. Das Leben im Libanon sei nicht vorausschaubar, erzählt der Sänger. "Wir beschäftigen uns oft damit, wie absurd hier im Libanon manche Dinge sind. Wir hatten Krieg mit Israel und wir haben innenpolitische Probleme. Alle mischen sich ein und das hat seine Auswirkungen auf die Gesellschaft", sagt Sinno.

Politische Inhalte

15 Jahre Bürgerkrieg von 1975 bis 1990 haben das Land geprägt. Immer wieder kam es danach zu Anschlägen, Politiker wurden getötet. Besonders nach der Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Al-Hariri 2005 habe sich die Situation im Land verändert, erzählen die Band Mitglieder. Politische Lager wurden gebildet. Die prowestliche Fraktion auf der einen Seite, und die Hisbollah und ihre Anhänger auf der Anderen, unterstützt von Syrien und dem Iran. Die Politik prägt die sozialen Strukturen. Daher schreibt die Band viel über ihr Leben in Beirut. "Hier hat sich in den letzten Jahren viel verändert", sagt Papazian," wir haben einen politischen und sozialen Wandel mitbekommen. Darüber schreiben wir." Die Band nimmt sich besonders den Themen an, die im Libanon tabuisiert sind. In Ihrem Song "Sham el Yasmin" geht es um homosexuelle Liebe und in "Al Hajiz" besingen die sieben Beiruter das Thema Sicherheit. In den letzten Jahren sind überall Checkpoints und Kontrollübergänge installiert worden, die die Libanesen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt haben.

Der Produzent Raed Khazan von "B-Root Production" hat lange in den USA gelebt. Gemeinsam mit einer Kollegin leitet er die kleine Produktionsfirma im Herzen von Beirut. Er ist überzeugt davon, dass die Band es mit ihrem Stil weit bringen wird, obwohl sie keine kommerzielle arabische Popmusik machen. "Sie haben wirklich ihren eigenen Sound und versuchen nicht so zu klingen, wie andere Bands im Libanon, die ich gehört habe während ich im Ausland war. Sie klingen wie Beirut. Sie haben Humor, üben soziale Kritik und reden über Emotionen auf ihre Weise. Sie sind einzigartig."

Autorin: Diana Hodali

Redaktion: Ina Rottscheidt