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Das Nipah-Virus in Indien: Selten und hochgefährlich

Alexander Freund | Larissa Warneck
14. September 2023

In Indien ist das tödliche Nipah-Virus ausgebrochen - nicht zum ersten Mal. Das seltene Virus wird von Flughunden übertragen. Wer daran erkrankt, hat geringe Überlebenschancen.

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Nipah-Virus Infektion
Beim Nipah-Virus sind die Symptome zu Beginn ähnlich wie bei einer Grippe: Fieber, Kopfschmerzen, Husten und Schnupfen. Beim Menschen löst eine Infektion eine gefährliche Gehirnentzündung aus. Bild: picture-alliance/BSIP/CDC

Die Behörden im südlichen indischen Bundesstaat Kerala bemühen sich, einen erneuten Ausbruch des Nipah-Virus einzudämmen. Das Gebiet wurde weiträumig abgeriegelt. Die Behörden versuchen jetzt, die Kontaktpersonen ausfindig zu machen und zu isolieren.

Es wird angenommen, dass es sich bei dem Virus um eine Variante handelt, die zuerst in Bangladesch entdeckt wurde. Menschen und Tiere können sich direkt untereinander durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion anstecken. Die Übertragung von Mensch zu Mensch ist ebenfalls möglich.

Eine Infektion löst eine Gehirnentzündung (Enzephalitis) aus und kann zu leichten bis schweren Erkrankungen, aber auch zum Tod führen. Bei der zuerst in Bangladesch entdeckten Variante ist die Sterblichkeitsrate sehr hoch: Ein Drittel der Patienten stirbt. Allerdings gilt diese Variante als weniger ansteckend.

Wie dramatisch ist der aktuelle Ausbruch?

Um einen erneuten Ausbruch des gefährlichen Nipah-Virus einzudämmen, wurden im Bundesstaat Kerala tausende Büros und Schulen geschlossen. Im Bezirk Kozhikode wurden um sieben Dörfer mehrere Eindämmungszonen errichtet.

Zwei Menschen sind bereits tot. Die Gesundheitsministerin von Kerala, Veena George, bestätigte am Mittwoch einen weiteren Fall des Nipah-Virus, womit sich die Gesamtzahl der Infektionen in diesem Bundesstaat auf fünf erhöht. Bei einem 24-jährigen Mitarbeiter eines privaten Krankenhauses in Kozhikode sei das Virus diagnostiziert worden, sagte die Ministerin.

Es ist der dritte Ausbruch des Nipah-Virus in Kerala innerhalb von fünf Jahren. Derzeit stehen 706 Personen auf der Kontaktliste, von denen 77 in die Risikokategorie fallen und 153 im Gesundheitswesen tätig sind. Niemand aus der Hochrisikogruppe zeigt derzeit Symptome. Mindestens 13 Personen befinden sich derzeit zur Beobachtung im Krankenhaus und zeigen leichte Symptome wie Kopfschmerzen.

Wie wird das Virus übertragen?

Ursprünglich kommt das Nipah-Virus in Flughunden (Pteropodidae) vor, nicht in Fledermäusen. Flughunde sind doppelt so groß wie Fledermäuse und orientieren sich mit den Augen, nicht mit Ultraschall.

Wie das Virus von den Flughunden etwa zu Schweinen, Rindern oder auch Menschen übertragen wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Es gibt aber Hinweise, dass sich Menschen wie Tiere durch den Kontakt mit dem Speichel und dem Urin von Flughunden infizieren können. Sogar der Genuss von kontaminierten Früchten – etwa solche, von denen Flughunde geknabbert haben, kann zu einer Infektion führen.

Menschen decken einen Brunnen mit einem Netz ab
Der Nipah-Virus Ausbruch 2018 begann in diesem Brunnen, wo tote Flughunde gefunden wurden. Bild: Getty Images/AFP

Der Ausbruch 2018 in Kerala ging wahrscheinlich auf eine Verseuchung von Trinkwasser zurück: In einem Brunnen, der zum Haus einer betroffenen Familie in Changaroth gehört, waren später tote Flughunde gefunden worden. Zunächst waren zahlreiche Familienmitglieder erkrankt. Später steckten sich dann andere Bekannte der Familie an.

Warum ist das Virus so gefährlich?

Das Nipah-Virus verursacht eine aggressive Hirnentzündung. Die US-Gesundheitsbehörde CDC nennt eine Inkubationszeit von fünf Tagen bis zu zwei Wochen.

Erste Symptome ähneln denen einer Grippe: Fieber, Übelkeit und starke Kopfschmerzen. Bei einigen Patienten kommen Atemprobleme hinzu. Später folgen Orientierungslosigkeit, Schwindel und Verwirrung. Innerhalb von ein bis zwei Tagen können Patienten ins Koma fallen und sterben. Die Sterblichkeitsrate bei einer Nipah-Erkrankung liegt bei 70 Prozent.

Wie lässt sich eine Erkrankung behandeln?

Es gibt keine Impfung oder Medikamente gegen das Nipah-Virus – weder für Tiere noch für Menschen. Medikamente konnten bisher nur die Symptome lindern.

Grundsätzlich müssen Patienten umgehend isoliert in eine Intensivstation gebracht werden, wo die lebenswichtigen Funktionen unterstützt werden können. Kontaktpersonen oder Verdachtsfälle müssen unter Quarantäne gestellt werden, um die Ausbreitung der Infektionskrankheit zu unterbinden.

Woher stammt das Nipah-Virus?

Das Nipah-Virus wurde erstmals 1998 in dem malaysischen Dorf Sungai Nipah entdeckt. Bei 229 Personen wurde eine fiebrige Enzephalitis sowie zum Teil eine schwere Infektion der Atemwege beobachtet.

Da zunächst überwiegend Männer betroffen waren, die in Schlachthöfen arbeiteten, lag die Vermutung nahe, dass es einen Zusammenhang mit Infektionen bei Tieren gab. Zeitgleich wurde bei Schweinen in Malaysia ein vergleichsweise milder Ausbruch einer fiebrigen Atemwegsinfektion mit unbekanntem Erreger beobachtet.

Später stellte sich heraus, dass sich die Arbeiter und die Schweine mit demselben Erreger infiziert hatten. Vorsorglich wurden in Malaysia mehr als eine Millionen Schweine gekeult, was der Hälfte des gesamten Schweinebestands des Landes entsprach.  

Seitdem trat das hochansteckende Virus nur noch sehr vereinzelt auf, etwa 2001 und 2003 in Bangladesch sowie 2018 und 2021 in Kerala.

Droht eine neue Pandemie durch das Nipah-Virus?

Es handelt sich zunächst einmal um einen lokalen Ausbruch im abgelegenen ländlichen Raum. Wenn eine Verbreitung beziehungsweise eine Epidemie in der Region verhindert werden kann, ist eine Ausbreitung des Nipah-Virus in andere Länder und Kontinente und damit eine Pandemie sehr unwahrscheinlich.

Update: Der Beitrag wurde am 8. September 2021 und am 14.09.2023 grundlegend überarbeitet.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund