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Politik

Das sudanesische Militär: Büttel der Saudis?

17. April 2019

Die Regierung in Riad hat Sympathien für die militärische Übergangsregierung im Sudan erkennen lassen. Beobachter fürchten einen wachsenden Einfluss der Saudis auf Khartum. Dafür gäbe es viele Gründe. Treffen sie zu?

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Sudan Militärrat Abdel Fattah al Burhan
Bild: picture-alliance/AA

Omar al-Baschir ist abgesetzt, der ihm folgende General Awad Ibn Auf trat nach nur einem Tag an der Spitze des Landes zurück. Sein Nachfolger, General Abdel Fattah Burhani, hat Reformen angekündigt. Die Demonstranten aber gehen weiter auf die Straße.Sie wollten weiter protestieren, bis ihre Forderungen erfüllt sind, erklären sie. Die Machtprobe zwischen Zivilbevölkerung und Militär geht nach dem Sturz des Langzeitherrschers Al-Baschir in ihre zweite Woche.

Der ungewisse Ausgang sorgt auch jenseits des Roten Meeres für Nervosität. Die Regierungen der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) wie auch Saudi-Arabiens erklärten am Wochenende, dem sudanesischen Militär beispringen zu wollen. "Die VAE bestätigen ihre Unterstützung für die von dem sudanesischen militärischen Übergangsrat initiierten Schritte, um Menschen und Besitz zu schützen. Wir wünschen, diese Schritte bringen dem Bruderland Sicherheit und Stabilität", hieß es in einer am Wochenende in Abu Dhabi veröffentlichten Erklärung.

Ähnliche Verlautbarungen waren auch aus Riad zu vernehmen. Auch Saudi-Arabien unterstütze die Schritte des Militärs, hieß es in einer Erklärung, die dem Statement der VAE auffallend ähnelt. "Saudi-Arabien steht bei der sudanesischen Bevölkerung und hofft, dass dies im brüderlichen Sudan für Sicherheit und Stabilität sorgen wird", hieß es in der von den saudischen Staatsmedien veröffentlichten Stellungnahme weiter.

Sudan Proteste in Khartum
Entschlossen: Demonstranten in Khartoum, 14.April 2019Bild: Getty Images/AFP/A. Mustafa

Riads Engagement im Sudan

Saudi-Arabien engagiere sich im Sudan bereits seit Langem, sagt Tobias Simon, Politikanalyst und Experte für das Horn von Afrika: "Die Regierung in Riad hat auch das ehemalige Regime unterstützt. Sie hat sich dort immer wieder die Gefolgschaft erkauft." Noch Anfang des Jahres überwiesen die Saudis dem Regime Al-Baschir rund 2,2 Milliarden Dollar.

Ökonomisch und militärisch sind der Sudan und Saudi-Arabien insbesondere durch den Krieg im Jemen verbunden. Dort bekämpft eine internationale Allianz unter Führung Riads die aufständischen Huthis. Diese haben enge Bindungen zum Iran, dem größten Gegenspieler Saudi-Arabiens in der Region. Dem Nahost-Experten David Kirkpatrick zufolge waren bis zum Jahr 2018 rund 14.000 sudanesische Söldner in die Kämpfe gegen die Aufständischen involviert. Der Konflikt im Land an der südlichen Spitze der Arabischen Halbinsel gilt inzwischen als klassischer Stellvertreterkrieg.

Skeptische Demonstranten

"An diesem Krieg will sich der Sudan auch weiterhin beteiligen", sagt Tobias Simon. "General Burhani hat erklärt, sudanesische Soldaten wären auch weiterhin in der internationalen Allianz präsent. Das ist einer der Gründe, warum Saudi-Arabien dem sudanesischen Militär Unterstützung zugesagt hat."

Die Erklärung aus Riad wurde von den Demonstranten überwiegend skeptisch aufgenommen. Es sei legitim, dass Saudi-Arabien seine eigenen Interessen verfolge, sagte Ali Mahjoub Nathif, Mitglied der Kommunistischen Partei Sudans, in der Sendung "Massaiya" im Arabischen Programm der DW. Er halte es für zweifelhaft, dass die militärische Übergangsregierung ihre außenpolitischen Entscheidungen unabhängig treffen könne: "Wir wissen etwa, dass neben anderen auch General Abdel Fattah Burhani an der Entsendung der sudanesischen Kämpfer beteiligt war", so Nathif. "Diese Gruppen haben sich an die Interessen Saudi-Arabiens gebunden."

Jemen. Sanaa: Sudanesische Demonstranten protestieren gegen Präsidenten Omar al-Bashir
"Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit": Sudanesische Demonstranten vor der Botschaft ihres Landes im JemenBild: Reuters/K. Abdullah

Riads Abneigung gegen den sozialrevolutionären Islam

Nach Einschätzung anderer Beobachter dürften Saudi-Arabien und die VAE in Khartoum noch ein weiteres Ziel verfolgen: "Beide Staaten haben eine natürliche Abneigung gegen alle Bewegungen, die aus der Bevölkerung kommen", sagte Karim Bitar, Forschungsdirektor am Institute for International and Strategic Affairs (IRIS) in Paris, der Zeitung Asianews. "Sie sind daran interessiert, den Status Quo zu erhalten. Sie fürchten, jedes Aufbäumen, jede nationale Protestbewegung könnte einen Erdrutsch auslösen und sich auf andere Regionen übertragen."

In dem Bestreben, sozialrevolutionäre Spielformen des Islam zu unterbinden, übt Saudi-Arabien den Schulterschluss mit anderen konservativ-autokratischen Regimes - etwa mit der ägyptischen Regierung unter Präsident Abdel Fattah al-Sisi, die mit aller Härte gegen die Muslimbrüder vorgeht. Diese rissen die Revolution des Jahres 2011 an sich und gingen ein Jahr später als Sieger aus den Präsidentschaftswahlen hervor. Der ihren Reihen entstammende Präsident Mohammed Mursi wurde 2013 durch einen Militärputsch abgesetzt. Der harte Kurs der Regierung Al-Sisi wurde und wird international kritisiert. Auch Saudi-Arabien steht wegen seines harten Vorgehens gegen Dissidenten, vor allem wegen der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 international hart in der Kritik.

Buenos Aires G20 Mohammed bin Salman
Isoliert: der saudische Prinz Mohammed bin Salman in Buenos Aires, November 2018Bild: Reuters/K. Lamarque

"Schnitt zur Vergangenheit"

Offen ist, in welcher Weise sich Saudi-Arabien nun im Sudan engagieren wird. Es sei durchaus denkbar, dass Riad sich zurückhalten werde, sagt Analyst Simon. Klar sei, dass die Demonstranten weiterhin an ihren Zielen festhalten werden: "Sie wollen die Macht einer zivilen Regierung anvertrauen." Allerdings, so Simon, wollten sie nicht nur verhindern, dass eine militärische Übergangsregierung die Macht über einen längeren Zeitraum in den Händen hält, sondern auch, dass Repräsentanten des alten Regimes an die Staatsspitze zurückkehren. "Kurzum: Sie wollen einen klaren Schnitt zur Vergangenheit."

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika