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Das Universum expandiert immer schneller

5. Oktober 2011

Die Astronomen Saul Perlmutter, Brian P. Schmidt und Adam G. Riess haben durch Beobachtung von Supernovae gezeigt, dass sich die kosmische Expansion beschleunigt. Dafür erhalten sie nun den Nobelpreis für Physik.

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Explosion einer Supernova(Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/ dpa

Der Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr gleich an drei Wissenschaftler. Der US-Amerikaner Saul Perlmutter, Brian P. Schmidt (USA und Australien) und Adam G. Riess (USA) hatten Ende der 1990er Jahre durch die Beobachtung entfernter Supernovae - Sterne, die am Ende ihrer Lebenszeit explodieren - unabhängig voneinander entdeckt, dass sich das Universum beschleunigt ausbreitet. Damit präsentierten sie ein Ergebnis, das der damals gängigen Lehrmeinung entgegenlief. Man ging nämlich vielmehr davon aus, dass sich die kosmische Expansion immer mehr verlangsame.

"Das war eine völlig unerwartete Erkenntnis", sagte Hans-Thomas Janka vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in München DW-WORLD.DE nach Bekanntgabe der Preisträger. Janka ist ebenfalls Supernova-Beobachter und hat mehrfach mit Permutter, Schmidt und Riess zusammengearbeitet. "Die Kosmologen wollten die Kontraktion des Universums nachweisen, das Gegenteil kam heraus. Es kam heraus, dass sich das Universum beschleunigt ausdehnt. Das erschüttert die Physik in ihren Grundfesten."

Weiße Zwerge und dunkle Energie

Die drei Astronomen hatten mit ihren Teams Supernovae vom Typ Ia beobachtet. Diese Supernovae entstehen aus Doppelsternsystemen, bestehend aus einem sogenannten weißen Zwerg und einem späten Begleiter. Der weiße Zwerg saugt im Laufe der Zeit Gas aus der ausgedehnten Hülle seines Begleiters. Dabei kann es zu mehreren Nova-Ausbrüchen kommen.

Explosionswolke einer Supernova, die vor 300 Jahren am irdischen Himmel aufgeflammt ist (Foto: dpa)
Explosionswolke einer Supernova, die vor 300 Jahren am irdischen Himmel aufgeflammt istBild: picture-alliance/dpa

Dieser Vorgang setzt sich so lange fort, bis der weiße Zwerg durch seine Eigengravitation zu kollabieren beginnt. Beim Kollaps setzt eine plötzliche Kohlenstoff-Kernfusion ein, und der Stern explodiert. Das Phänomen wird daher auch als thermonukleare Supernova bezeichnet. Sie war auch Auslöser der heutigen Suche nach der Natur der Dunklen Energie, die rund drei Viertel der Masse des Universums ausmacht.

Ausgezeichneter Astronom

Saul Perlmutter (Foto: dpa)
Saul PerlmutterBild: picture alliance/dpa

Perlmutter leitet das Supernova Cosmology Project (SCP), ein astrophysikalisches Forschungsprojekt verschiedener internationaler Institute. Es war eines der beiden Forscherteams, die aus der Messung der Helligkeit explodierender Sterne, also der Supernovae, auf eine Beschleunigung der kosmischen Expansion schlossen. Unabhängig von Perlmutter hatte gleichzeitig das High-z Supernova Search Team, zu dem die beiden anderen Preisträger gehören, die gleiche Entdeckung gemacht.

Saul Perlmutter wurde 1959 geboren. Er studierte Physik an der Harvard University und machte 1986 mit einer Arbeit zur Suche nach Supernovae seinen Ph.D. an der University of California in Berkeley. Von 1989 bis 1993 forschte Perlmutter am Center for Particle Astrophysics in Berkeley. Bereits seit 1983 ist er Wissenschaftler am Lawrence Berkeley National Laboratory, ab 1999 als Senior Scientist und Gruppenleiter. Schon vor dem Nobelpreis hatte Perlmutter einige renommierte Wissenschaftspreise erhalten. Darunter den Gruber-Preis für Kosmologie 2007 und die Albert-Einstein-Medaille 2011.

Junge Preisträger

Astronom Brian P. Schmidt (Foto: dpa)
Astronom Brian P. SchmidtBild: picture alliance/dpa

Etwas jünger als Perlmutter und sehr jung für Nobelpreisträger sind Brian P. Schmidt und Adam G. Riess. Der 44-jährige Schmidt studierte Physik und Astronomie an der University of Arizona und erhielt seinen Ph.D. 1993 an der Harvard University für eine Arbeit über Typ-II-Supernovae. 1995 verließ Schmidt die Vereinigten Staaten und forscht seitdem am Mount-Stromlo-Observatorium in Australien, seit 1999 auch an der Australian National University in Canberra. Schmidt, der auch die australische Staatsbürgerschaft besitzt, erhielt 2007 ebenfalls den Gruber-Preis für Kosmologie. Er leitet das High-z Supernova Search Team, dem auch Adam G. Riess angehörte.

Adam Riess (Foto: dapd)
Sternenforscher Adam RiessBild: AP

Der 41-Jährige studierte am Massachusetts Institute of Technology. Seinen Ph. D. erlangte er 1996 an der Harvard University mit einer Arbeit über Typ-I-Supernovae. Ab 1992 war er am Lawrence Livermore National Laboratory Teil des High-z Supernova Search Team. 1996 wechselte er an die University of California, Berkeley. Seit 2006 ist er Professor für Physik und Astronomie an der Johns Hopkins University in Baltimore. Dort sucht er mit dem Hubble-Weltraum-Teleskop nach Supernovae, die Erkenntnisse über die früheren verzögerten Ausdehnungsphasen des Universums bringen sollen. Riess ist seit diesem Jahr Träger der Albert-Einstein-Medaille.

Mehr Fragen als Antworten

Supernova (Foto: mozzyb/Fotolia.com)
Was ist Dunkle Energie? Wie funktioniert sie?Bild: Fotolia/mozzyb

Erwartet worden war die Vergabe des Nobelpreises an die drei US-Astronomen nicht. "Ganz ehrlich, mich überrascht das. Die Entdeckung der drei wirft mehr Fragen auf, als dass sie Antworten gibt", bestätigte auch Hans-Thomas Janka. "Es ist zwar eine revolutionäre Entdeckung, die sicherlich die Grundfesten der Kosmologie erschüttert, auf der anderen Seite sind aber die Supernovae nicht maßgeblich verstanden. Auch die Dunkle Energie, die die beschleunigte Ausdehnung antreiben soll, ist theoretisch noch nicht verstanden. Und einen Nobelpreis in ein Gebiet zu geben, das so im Fluss ist, das ist schon erstaunlich."

Und dennoch hat es die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften gemacht. Der Nobelpreis für Physik ist mit zehn Millionen Schwedischen Kronen dotiert – umgerechnet rund 1,1 Millionen Euro. Die eine Hälfte des Preisgeldes geht an Perlmutter, die andere teilen sich Schmidt und Riess. Die feierliche Überreichung der Auszeichnungen findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel.

Autor: Andreas Sten-Ziemons
Redaktion: Judith Hartl