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Das zweite Album von Maestro Weigl

Jonathan Harding1. September 2016

Shooting-Star Julian Weigl soll auch in seiner zweiten Bundesliga-Saison liefern. Im DW-Interview spricht der BVB-Spieler über Druck und darüber, was er diesmal anders machen will.

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Julian Weigl im Trikot von Borussia Dortmund. Foto: Imago
Bild: imago/Lackovic

WHY? - Im Interview Julian Weigl

Jeder Musiker kann ein Lied davon singen: Es ist richtig schwer, ein gelungenes zweites Album hinzulegen, wenn das erste ein Hit war. Und genau das war Julian Weigls erste Saison auf der großen Bühne der Bundesliga. Wie aus dem Nichts wurde Weigl, den Borussia Dortmund eher als vielversprechendes Talent unter Vertrag genommen hatte, zum Dreh- und Angelpunkt von Thomas Tuchels Mittelfeld. Jetzt, unmittelbar vor dem Beginn seiner zweiten Saison, steht Weigl unter Druck, erneut liefern zu müssen. Und das beschäftigt den gebürtigen Bayer. "Ich denke, es ist einfach wichtig, sich nicht auszuruhen und jetzt das Prozent weniger zu geben, weil man denkt, ich habe es ja schon gezeigt“, sagt Weigl der DW. "Viele Sportler haben ein gutes Jahr gehabt, aber wichtig ist, dass du es dann auch immer wieder konstant auf den Platz bringst. An dem Punkt stehe ich nun, ich bin bereit für den Saisonstart."

Zwischen jugendlich und abgeklärt

In Trainings-Klamotten wartet Weigl auf die nächste Einheit. Man kann leicht sehen, dass seine Mentalität eines harten Arbeiters mehr ist als nur eine Attitüde. Sein Vater Hans, ein Amateurkicker, brachte ihn zum Fußball. Julian begleitete den Vater immer zu den Spielen, sah aber gar nicht hin, weil er damit beschäftigt war, selbst herumzukicken. Auch wenn er auch heute noch ab und zu recht jugendlich rüberkommt - sein Handschlag ist eher freundlich als formal, und er nennt den Rapper Drake als einen seiner Lieblingskünstler - , wirkt er fast so abgeklärt wie in den Spielszenen, in denen ihn drei Gegenspieler im Mittelfeld angreifen.

Julian Weigl im Gespräch mit DW-Reporter Jonathan Harding. Foto: DW
Julian Weigl im Gespräch mit DW-Reporter Jonathan HardingBild: DW/H. Hesse

Bemerkenswert gelassen

Anfang September wird Weigl 21 Jahre alt. Für einen Mann seines Alters hat er schon so viel bewiesen, dass sein letztes Jahr als Teenager sich anfühlen muss, als läge es schon ein ganzes Leben zurück. Seit damals hat er sein altes Leben in Bayern gegen das eines BVB-Spielers getauscht, nachdem der Verein ihn für die bescheidene Ablösesumme von 2,5 Millionen Euro vom Zweitligisten 1860 München gekauft hatte. Weigl bestritt für den BVB mehr als 50 Spiele, gab sein Debüt im Nationaltrikot und wurde in den Kader für die EURO 2016 berufen. Mit bemerkenswerter Gelassenheit ist er auf höchstes Fußballniveau aufgestiegen.

Auszeit in den USA

Der junge Spieler räumt ein, dass dieses erste Jahr für ihn wie im Flug vergangen ist und dass der kürzliche Urlaub mit seiner Freundin in den USA eine willkommene Gelegenheit war, endlich Abstand zu gewinnen und Bilanz zu ziehen. "Ich kam her [nach Dortmund], und niemand kannte mich. Von einer Woche zur nächsten hat sich das drastisch geändert. Natürlich gibt es dann auch Momente, in denen man einfach mal für sich in Ruhe essen und unerkannt durch die Straßen laufen kann. Die Auszeit habe ich mir in Amerika genommen."

Schlüsselrolle im Team

In einem Dortmunder Team, das seine Spielachse in diesem Sommer verloren hat, ist Weigl weit mehr als einfach nur ein Mitspieler. Er wird eine Schlüsselrolle spielen, weil der BVB jede Menge neuer Spieler integrieren muss - und das vor dem Hintergrund der Rückkehr in die Champions League. "Die Champions League ist der geilste Titel im Fußball, den es gibt", freut sich Weigl und wirkt ganz aufgeregt bei der Aussicht, in der europäischen Eliteklasse spielen zu dürfen. "Wir haben drei Stützen verloren. Da war es klar, dass wir am Transfermarkt etwas machen mussten. Ich hatte das Vertrauen in die Vereinsführung, weil sie es immer wieder geschafft hat, gute Spieler zu verpflichten. Als Robert Lewandowski ging, bekamen wir Pierre-Emerick Aubameyang, Henrikh Mkhitaryan kam nach Mario Götze."

Einen Tick offensiver

Sowohl Tuchel als auch Weigl könnten versucht sein, in der zweiten Saison etwas Neues zu probieren. Doch der Mittelfeldspieler will sich nicht allzu weit von dem entfernen, was ihn so erfolgreich gemacht hat. Das, was mich im letzten Jahr stark gemacht hat, war einfach meine Spielweise. Das versuche ich zu bestätigen und auch da auf das nächste Level zu kommen, noch weniger Fehler zu machen und mich bei meinen Schwächen weiterzuentwickeln. Es gab im letzten Jahr ein paar Spiele, in denen ich zu sicher gespielt habe. Ich will mich mal einen Tick offensiver einschalten.“ Es wird spannend sein zu beobachten, zu welcher Art Spieler sich Weigl weiterentwickeln wird. "Letztes Jahr war mein erstes Jahr in der Liga, in dem man sich vielleicht nicht gleich den tödlichen Pass zutraut. Mit dem Rückenwind des guten letzten Jahres könnte es der nächste Schritt sein, mit meinen Pässen mehr Gegenspieler auszuspielen, einfach offensiver zu werden."

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In der Nationalmannschaft ist Weigl (r.) noch Reserve, aber wohl nicht mehr langBild: picture-alliance/Revierfoto

Drei Kilo mehr wären gut

Weigl ist ein Vorzeige-Profi. Er trainiert wirklich hart, und als der Name Dirk Nowitzki fällt, ist endgültig klar, dass er kein gewöhnlicher 20-Jähriger ist: "Dirk Nowitzki hat Kobe Bryant ein Arbeitstier genannt. Da denkt man sich dann schon: Heute liege ich nicht ruhig auf der Couch. Ich mache es nicht morgen, ich mache es jetzt." Weigl arbeitet eng mit dem Physio-Team zusammen, um in Form zu bleiben und versucht, wie er sagt, “professionell zu leben”. Sein Fokus auf Ernährung ist ebenfalls beeindruckend. Er arbeitet daran, etwas Gewicht zuzulegen, und es scheint zu funktionieren. "Es ist klar, dass ich jetzt kein Mats Hummels oder Sokratis werde. Es würde meinem Spielstil auch einiges abverlangen, wenn ich nicht mehr so beweglich wäre. Aber ein, zwei, drei Kilo mehr würden mir schon ganz guttun. "

Kein Fünf-Jahres-Plan

Die Zeit mit der deutschen Nationalmannschaft in diesem Sommer hat Weigl nach eigenen Worten weitergebracht. Toni Kroos' Passqualität und Bastian Schweinsteiger sArbeitsmoral hätten ihn beeindruckt, sagt er. In Dortmund sucht er den Rat von Sokratis, wenn es um Zweikampfhärte geht, und den von Aubameyang in Sachen Torgefahr. In beidem will sich Weigl noch verbessern.

Die BVB-Fans hoffen, dass er dem Verein noch lange erhalten bleibt. Sein Vertrag läuft noch bis 2019, aber auf die Frage nach seiner Zukunft reagiert Weigl ausweichend: "Ich habe mir jetzt keine Fünf-Jahres-Ziele gesetzt. Mein Ziel ist jetzt ganz klar, die Leistung des letzten Jahres zu bestätigen.“

Weigls Schwäche für 1860 München macht es eher unwahrscheinlich, dass auch er eines Tages dem Trend folgt, das gelb-schwarze Trikot gegen das rote der Bayern zu tauschen. Der Rest Europas wird aufmerksam die weitere Entwicklung Weigls verfolgen. Aber erst einmal dürfen sich Dortmunds Fans auf ein weiteres Erfolgsalbum ihres Mittelfeld-Maestros freuen.