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Deal mit PGA Tour: Saudi-Arabien kauft den Golfsport

7. Juni 2023

Die etablierte PGA-Turnierserie und die von Saudi-Arabien gesponserte neue LIV-Serie legen ihren Streit bei und machen künftig gemeinsam Geschäfte im Golfsport. Sportswashing sei auf dem Vormarsch, kommentiert Amnesty.

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Der thailandische Golspieler Jazz Janewattananond schlägt 2020 bei einem Golfturnier in Saudi-Arabien ab
Saudi-Arabien investiert massiv in den GolfsportBild: Amr Nabil/AP/picture alliance

Dylan Wu bringt es auf den Punkt: "Ich denke, Geld gewinnt immer", twitterte der 26 Jahre alte Golfprofi aus den USA. Wu warf der PGA-Tour "Heuchelei" vor. Deren Chef Jay Monahan habe "alles widerrufen, was er in den letzten zwei Jahren gesagt hat". Zuvor hatte die PGA Tour bekanntgegeben, dass sie gemeinsam mit dem saudischen Staatsfond PIF (Public Investment Fund) und der DP World Tour - der früheren European Tour - eine neue "kommerzielle Einheit" gründen werde, "um den Golfsport zu vereinen".

Das ist eine 180-Grad-Wende der etablierten PGA Tour. Sie ist die Dachorganisation der bedeutendsten Golfturniere der Welt und war bis LIV-Gründung konkurrenzlos. Seit 2021 ist die PGA Tour auf Konfrontationskurs mit der neuen, mit PIF-Geldern finanzierten LIV-Golf-Serie. So hatte die Organisation im Juni 2022 17 Profis, die bei der LIV-Tour starteten, von den Turnieren der eigenen Serie bis auf Weiteres ausgeschlossen. Darunter waren auch US-Star Phil Mickelson und Deutschlands Vorzeigegolfer Martin Kaymer gewesen.

Die Umstände hätten sich eben geändert, sagte PGA-Chef Monahan nun lapidar und gab sogar zu: "Ich weiß, was ich in der Vergangenheit gesagt habe und welche Positionen ich vorher vertreten habe. Mir ist klar, dass man mich einen Heuchler nennen wird."

Einer der größten Staatsfonds der Welt

Die nun geänderten Umstände sind finanzieller Natur: Der saudische Staatsfond kündigte an, "Kapital in das neue Unternehmen zu investieren, um dessen Wachstum und Erfolg zu fördern". Um welche Summe es sich handelt, wurde nicht bekanntgegeben. Aber offenbar ist sie hoch genug, um Monahan umzustimmen. An Geld mangelt es der PIF nicht. Der Fonds verwaltet ein Gesamtvermögen von mehr als 600 Milliarden US-Dollar (rund 560 Milliarden Euro).

PIF-Vorsitzender ist der saudische Kronprinz und Ministerpräsident Mohammed Bin Salman, der nach eigenen Worten mit seinem Entwicklungsplan "Vision 2030" das Land modernisieren und unabhängiger von Öleinnahmen machen will. Investitionen in den nationalen und internationalen Sport spielen dabei eine große Rolle, nicht nur im Golfsport. So besitzt der PIF die Mehrheitsanteile an den vier Fußball-Topklubs des Landes und ermöglicht ihnen spektakuläre Einkäufe.

Ronaldo und Benzema verpflichtet

So wechselte der fünfmalige Weltfußballer Cristiano Ronaldo Anfang 2023 zum Klub Al-Nassr, wo der Portugiese angeblich rund 200 Millionen Euro pro Jahr verdient. Auch Frankreichs Stürmerstar Karim Benzema, der bislang erfolgreich für Real Madrid auf Torejagd ging, lässt seine Karriere fürstlich entlohnt in Saudi Arabien ausklingen: beim PIF-Verein Al-Ittihad. Mit Ex-Welt- und Europameister Sergio Ramos, könnte ein weiterer (ehemaliger) Topstar bald in Saudi-Arabien auflaufen. 2021 übernahm der PIF auch die Mehrheitsanteile beim englischen Premier-League-Verein Newcastle United.

Cristiano Ronaldo blickt auf den Ball, bei einem Spiel seines saudischen Klubs Al-Nassr
Superstar Cristiano Ronaldo im Trikot des saudischen Klubs Al-NassrBild: FAYEZ NURELDINE/AFP/Getty Images

Der Klub Al-Hilal, ebenfalls finanziert vom Staatsfond, bot dem siebenmaligen Weltfußballer Lionel Messi angeblich ein Jahresgehalt von rund 400 Millionen Euro, hätte er nach seinem Abschied von Paris St. Germain dort anheuert. Allerdings entschied der argentinische Weltmeister sich gegen einen Wechsel nach Saudi-Arabien und lässt seine Karriere nun in den USA ausklingen.

Andauernde Menschenrechtsverletzungen

Menschenrechtsorganisationen werfen Saudi-Arabien seit langem vor, in den Sport nur mit dem Ziel zu investieren, von den andauernden Menschenrechtsverletzungen im Land abzulenken. Der nun verkündete Golf-Deal sei "einfach nur ein weiterer Beweis für den Vormarsch des saudischen Sportwashings", teilte Amnesty International mit. Die Menschenrechtsorganisation warf auch in ihrem letzten Jahresbericht Saudi-Arabien schwere Menschenrechtsverletzungen vor, unter anderem unfaire Gerichtsverhandlungen, Folter in Gefängnissen, Massenhinrichtungen und eine sogar per Gesetz festgeschriebene Diskriminierung von Frauen.

Auch Überlebende des Terroranschlags vom 11. September 2001 und Familien der Opfer verurteilten das Geschäft zwischen der PGA und der PIF.  Die Betroffenen seien "schockiert und zutiefst beleidigt", ließ die Organisation "9/11 Families United" wissen. "Saudische Agenten spielten eine Rolle bei den Terroranschlägen vom 11. September und finanzieren jetzt den gesamten professionellen Golfsport."

Exorbitante Antrittsprämien

Mit der finanziellen Rückendeckung aus Saudi-Arabien hatten die Veranstalter der neuen LIV-Turnierserie mit Geld um sich schmeißen können. Sie lockten Golfprofis mit sehr hohen Preisgeldern, die weit über denen der PGA-Tour lagen, sowie teilweise exorbitanten Antrittsprämien.

So soll Phil Mickelson für seinen Wechsel zur LIV-Serie 200 Millionen Dollar (185 Millionen Euro) kassiert haben. Greg Norman, einst Weltklassegolfer aus Australien, inzwischen Chef des LIV-Veranstalters, bestätigte indirekt, dass Tiger Woods sogar mehr als 600 Millionen Dollar (560 Millionen Euro) angeboten worden seien. Woods lehnte ab und kritisierte diejenigen, die der PGA den Rücken kehrten. Zum jetzigen Deal zwischen den einstigen Kontrahenten hat sich der 47-Jährige noch nicht geäußert.

Donald Trump reibt sich die Hände

Im Gegensatz zu Donald Trump: Der Ex-Präsident der USA, der bei der Wahl 2024 erneut für die Republikaner kandidieren will, bezeichnete die Einigung als ein "großes, schönes und glamouröses Geschäft". Schon im Sommer 2022 hatte Trump angesichts der "unvermeidlichen Fusion" den Profis geraten, zuzugreifen: "Wenn ihr das Geld jetzt nicht annehmt, werdet ihr nach der Fusion nichts bekommen und nur noch sagen, wie schlau die ursprünglichen Unterzeichner waren."

Ex-Präsident Donald Trump beim LIV-Golf-Turnier 2022 auf seiner eigenen Golfanlage in Bedminster
Ex-Präsident Donald Trump beim LIV-Golf-Turnier 2022 auf seiner eigenen Golfanlage in BedminsterBild: Seth Wenig/AP Photo/picture alliance

Der Trump-Klan unterhält seit Langem enge Beziehungen zu Saudi-Arabien, insbesondere über Jared Kushner, den Schwiegersohn Trumps und früheren Präsidentenberater. Zudem ist LIV-Golf-Chef Norman nach eigenen Worten ein Freund Trumps. In der LIV-Serie 2023 sind drei Turniere auf Golfplätzen enthalten, die dem früheren US-Präsidenten gehören. Vielleicht sorgt der neue Deal auch für Tauwetter in den zeitweise gespannten Beziehungen zwischen der PGA und Trump. Beim Geld fängt in diesen Kreisen die Freundschaft an.

Der Text wurde nach der Bekanntgabe des Transfers von Lionel Messi in die USA aktualisiert.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter