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Deeskalation in der Ukraine? Yes we can!

Claudia Witte, Genf18. April 2014

Selten gab es einen diplomatischen Durchbruch, der so unmittelbar auf den Prüfstand kommt. In Genf haben sich die USA, Russland, die Ukraine und die EU auf einen Friedensfahrplan für die Ukraine geeinigt. Die Zeit läuft.

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Sergej Lawrow in Genf (Foto: Reuters)
Sergej LawrowBild: Reuters

Er war als letzter eingetroffen und trat als erster vor die versammelte Weltpresse. Am Ende eines langen Verhandlungstages verkündete Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstagabend einen Durchbruch, mit dem kaum jemand gerechnet hatte: "Das Genfer Treffen zur Lage in der Ukraine einigte sich auf erste konkrete Schritte zur Deeskalation der Spannungen und zur Wiederherstellung der Sicherheit für alle Bürger."

Schritt für Schritt zur Deeskalation

Die Außenminister der USA, Russlands und der Ukraine sowie die Außenbeauftragte der EU haben sich bei ihrem Gipfeltreffen in Genf auf eine umfassende Liste von Maßnahmen zur Entschärfung des Ukraine-Konflikts verständigt. Zwar waren die Minister mit dem Ziel einer Deeskalation angereist, aber die schnelle Einigung auf ein konkretes Maßnahmenpaket kam für viele Beobachter dennoch überraschend.

In ihrer gemeinsamen Stellungnahme riefen die Außenminister sämtliche Konfliktparteien zu einem Ende von Gewalt, Einschüchterung und Provokation auf. Alle "illegalen bewaffneten Gruppen", heißt es in dem Dokument, sollten entwaffnet und alle illegal besetzten Gebäude, Straßen und Plätze sollten geräumt werden. Demonstranten, die dieser Aufforderung nachkommen, können in den Genuss einer Amnestie kommen. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen soll die OSZE-Beobachtermission den ukrainischen Stellen zur Seite stehen. Und schließlich verständigten sich die Verhandlungspartner darauf, dass der angestrebte Verfassungsprozess in der Ukraine keine Bevölkerungsgruppe ausgrenzen und sich auf einen breitangelegten nationalen Dialog abstützen solle.

Genf – Moskau – und zurück

Noch am Mittag des Verhandlungstages hatte es nach einem schnellen Gesprächsende ohne Ergebnis ausgesehen. Sergej Lawrow ließ schon zweieinhalb Stunden nach Ankunft seine Abschluss-Pressekonferenz ankündigen. Doch dann kam alles anders. Kurz nachdem in Moskau der russische Präsident Wladimir Putin im Fernsehen erklärt hatte, dass nur Verhandlungen und nicht etwa Panzer und Flugzeuge den Ukraine-Konflikt lösen könnten, kam Bewegung in die Gespräche im Genfer Hotel Intercontinental. In den Gängen des Hotels tauchten Mitglieder der verschiedenen Delegationen mit einem Papier in den Händen auf und man sah sie angeregt untereinander und über ihre Mobiltelefone diskutieren.

Zu einer gemeinsamen Pressekonferenz konnten sich die Außenminister dann aber nicht durchringen. Lawrow preschte vor und stahl damit dem Amerikaner John Kerry und der Europäerin Catherine Ashton die Show. Mit monotoner Stimme verlas er die gemeinsame Erklärung der Vierergruppe und stellte in seinen anschließenden Kommentaren unmissverständlich klar, dass man von einer Lösung des Konflikts noch weit entfernt ist. Der Regierung in Kiew warf er vor, sie setze Truppen gegen die eigene Bevölkerung ein und er wiederholte Moskaus Argumentation, dass die Rechte der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine massiv bedroht seien.

Uneinigkeit bleibt

Andrej Deschtschiza (Foto: Getty Images)
Andrej DeschtschizaBild: Getty Images

Sein ukrainischer Amtskollege Andrej Deschtschiza teilte kurz darauf nicht weniger heftig aus. Trotz einer Einigung auf erste Schritte zur Deeskalation der Lage seien sich Kiew und Moskau in wesentlichen Fragen nicht näher gekommen, stellte der amtierende Außenminister klar: "Im Verlauf des Treffens haben wir uns mit Russland gestritten, wo die Grundursachen für den Konflikt zu suchen sind, wir sind uns außerdem nicht einig, was die russische Einmischung in der Ostukraine und die territoriale Unversehrtheit der Ukraine inklusive der Krim angeht."

Schon die nächsten Tage werden zeigen, wie viel die Genfer Erklärung tatsächlich wert ist. Der Maßnahmenplan ist auf eine schnelle Umsetzung hin angelegt. Jetzt wolle man Taten sehen, erklärte der amerikanische Außenminister. "Wir wollten uns auf konkrete Schritte einigen und nicht nur auf Worte", sagte John Kerry. "Wir haben uns auf konkrete Schritte festgelegt, die sofort umsetzbar sind und die Lage entschärfen können."

Entwaffnung von Demonstranten

Damit scheinen weitere Sanktionen gegen Russland zunächst einmal abgewendet. Aber die russische Seite steht jetzt unter Druck zu zeigen, wie ernst ihr eine Beilegung des Konflikts ohne militärische Mittel ist. Und auch Kiew muss seinen Willen zur Entspannung unter Beweis stellen und zu diesem Zweck auch die Demonstranten vom Maidan-Platz entwaffnen. "Das ist ein sehr heikler Punkt", räumte Andrej Deschtschiza ein. "Aber die Frage der Sicherheit ist wichtiger. Es ist sehr wichtig, dass diejenigen, die Waffen besitzen, sich friedlichen Protestformen zuwenden."

Aus Washington kommt derweil schon der erste Dämpfer für zu viel Optimismus. Präsident Barack Obama ist nach eigenen Angaben skeptisch, ob Russland sich tatsächlich an die Abmachungen halten wird. Moskaus Auftreten in jüngster Zeit lasse dies als unwahrscheinlich erscheinen, richtete der amerikanische Präsident aus.