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KonflikteAsien

Militäroffensive gegen Armenien verlangt

15. Juli 2020

Die Polizei in Aserbaidschan hat eine Kundgebung aufgelöst, bei der Tausende einen Militäreinsatz zur Eroberung von Berg-Karabach forderten. Die Demonstranten versammelten sich trotz einer coronabedingten Ausgangssperre.

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Aserbaidschan Begräbnis Polad Gashimov
Viele Menschen nehmen am Begräbnis eines gefallenen aserbaidschanischen Generals in Baku teilBild: picture-alliance/dpa/Str

Wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete, kamen die Demonstranten in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku zusammen und verlangten in Sprechchören eine Generalmobilmachung zur Rückeroberung der Region Berg-Karabach. Sie schwenkten aserbaidschanische Flaggen und riefen "Karabach ist Aserbaidschan" und "Mobilisierung". Einige der Protestteilnehmer liefen in der Nacht zum Parlament und drangen in das Gebäude ein. Daraufhin griff die Polizei ein und löste die Proteste mit Wasserwerfern und Knüppel auf. Es gab mehrere Festnahmen, wie der AFP-Reporter beobachtete.

In den vorangegangenen Tagen hatte es wiederholt Grenzgefechte zwischen der aserbaidschanischen und der armenischen Armee gegeben. Dabei wurden elf aserbaidschanische Soldaten, darunter ein General, sowie ein Zivilist getötet. Die armenische Seite meldete vier Todesopfer. Ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur in Eriwan sagte, dass an der Grenze erstmals seit Jahren auch Artillerie zum Einsatz gekommen sei. Es waren die schwersten Gefechte zwischen den beiden verfeindeten Nachbarländern seit 2016. Beide Konfliktparteien machten jeweils die andere Seite für den Gewaltausbruch verantwortlich. Zuletzt beruhigte sich die Lage wieder. Die Verteidigungsministerien beider Länder sprachen von einer "ruhigen Nacht" oder "relativer Ruhe".

Aserbaidschan Menschen fordern Militärschlag gegen Armenien
Tausende Demonstranten verlangen vor dem Parlament einen Militärschlag gegen ArmenienBild: picture-alliance/AA/S. Serdarov

Russland bietet sich als Vermittler an

Die russische Regierung rief beide Seiten zu Zurückhaltung auf. "Wir sind extrem besorgt angesichts der Schusswechsel an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Russland sei bereit, im Rahmen der Minsk-Gruppe zwischen Armenien und Aserbaidschan zu vermitteln. Seit 1994 bemüht sich die Minsk-Gruppe aus französischen, russischen sowie US-Diplomaten um Schlichtung in dem seit 30 Jahren schwelenden Konflikt zwischen Eriwan und Baku um die Kontrolle über die Region Berg-Karabach. Die Gefechte der vergangenen Tage ereigneten sich allerdings in einem anderen Grenzgebiet.

Das mehrheitlich von Armeniern bewohnte Berg-Karabach war zu Sowjetzeiten Aserbaidschan zugeschlagen worden. Pro-armenische Rebellen brachten das Gebiet Ende der 1980er Jahre unter ihre Kontrolle. 1991 rief Berg-Karabach seine Unabhängigkeit aus, international wird das Gebiet jedoch bis heute nicht als eigenständiger Staat anerkannt.

Tote bei Gefechten zwischen Armenien und Aserbaidschan
Dieses Wohnhaus in der aserbaidschanischen Gemeinde Tovuz wurde bei den Gefechten schwer getroffenBild: picture alliance/Uncredited/Armenian Defense Ministry Press Service/PAN Photo/AP/dpa

Alijew macht Druck

Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew hatte vor ein paar Tagen kritisiert, die Gespräche zur Beilegung des Konflikts um Berg-Karabach seien festgefahren. In diesem Zusammenhang schloss er einen neuen militärischen Konflikt mit Armenien nicht aus. Ein solcher könnte die Regionalmächte Russland und die Türkei, die in der Region um Einfluss ringen, in den Konflikt hineinziehen.

Russland hat in Armenien Soldaten und Kampftechnik stationiert und gilt als Schutzmacht des christlich geprägten Landes. Dagegen ist die Türkei ein wichtiger Verbündeter des muslimisch geprägten Aserbaidschan. Die ölreiche Ex-Sowjetrepublik hat in den vergangenen Jahren deutlich aufgerüstet und immer wieder damit gedroht, sich Berg-Karabach notfalls mit militärischer Gewalt zurückzuholen.

kle/sti (afp, rtre, dpa)