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Der Beginn des Krieges im Film

Bernd Sobolla1. September 2014

Kriegsfilme haben schon immer Konjunktur. Das Ende des Zweiten Weltkrieges wurde tausendfach in Szene gesetzt. Wie aber wird der Ausbruch des Krieges auf die Leinwand gebracht?

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Szene aus "Deutschland, bleiche Mutter"; Regie: Helma Sanders-Brahms (Foto: Basis-Film)
Szene aus "Deutschland, bleiche Mutter", Regie: Helma Sanders-BrahmsBild: Arsenal Institut für Film und Videokunst

Am 1. September 1939 begann der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall der Deutschen Wehrmacht auf Polen. Fast genau 75 Jahre danach startet Volker Schlöndorffs neuer Film in den deutschen Kinos (28. August). "Diplomatie", so der Titel, handelt vom Befehl, Paris gegen Ende des Krieges dem Erdboden gleich zu machen und dem diplomatischen Ringen darum, dies zu verhindern. Der Film, der bereits in Frankreich gefeiert wurde, steht für ein grundsätzliches Phänomen im Film: Viele Regisseure haben in unzähligen Werken das Ende des Zweiten Weltkriegs geschildert oder zumindest entscheidende Wendepunkte, die zum Ende führten. Man denke nur an "Der Untergang" oder "Der längste Tag", "Stalingrad" oder "Der letzte Akt", "Die Brücke" oder "Ich war neunzehn" oder auch große TV-Produktionen wie "Dresden" oder die "Die Flucht". Ein großes Standardwerk zum Kriegsausbruch aber fehlt.

Szene aus "Diplomatie" von Volker Schlöndorff (Foto: Koch Media - Film Oblige - Gaumont – Blueprint Film – Arte France Cinéma)
Szene aus "Diplomatie", Regie: Volker SchlöndorffBild: Koch Media - Film Oblige - Gaumont – Blueprint Film – Arte France Cinéma

"Deutschland, bleiche Mutter": Heirat bei Kriegsausbruch

Zu den Filmen, die den Anfang des Zweiten Weltkriegs noch am deutlichsten schildern, gehört vor allem "Deutschland, bleiche Mutter" (1980) von der kürzlich verstorbenen Regisseurin Helma Sanders-Brahms. Die Liebesgeschichte handelt von Lene (Eva Mattes) und Hans (Ernst Jacobi), die sich 1939 kennenlernen und noch am Ende des Sommers heiraten, just als Krieg ausbricht. Hans wird zur Wehrmacht eingezogen. Das Eheleben der beiden hat noch gar nicht begonnen, da sind sie bereits zwangsweise getrennt. Fortan sehen sie sich nur noch, wenn Hans Fronturlaub hat.

"Der große Diktator": Chaplins Geniestreich

In Hollywood reagiert Charlie Chaplin als erster auf den Größenwahn Hitlers. Bereits 1940, also kurz nach Kriegsausbruch, drehte er "Der große Diktator". Die Satire handelt von dem Diktator Hynkel (unverkennbar Adolf Hitler), der im Staat Tomanien die Invasion des Nachbarlandes vorbereitet. Wobei er davon träumt, die ganze Welt zu beherrschen. Weil das nicht von heute auf morgen geht, lässt Hynkel zunächst Juden und Andersdenkende im Ghetto terrorisieren. Grandios ist vor allem Hynkels (Charlie Chaplin) Rede vor dem Parteivolk sowie sein Tanz mit der Weltkugel. Allerdings räumte Chaplin später in seiner Biografie ein, dass der sich über den Wahnsinn der Nazis nicht hätte lustig machen können, wenn er von den Schrecken in den deutschen Konzentrationslagern gewusst hätte.

"Der große Diktator": Kino Open-Air in Berlin (Foto: Basis-Film)
"Der große Diktator": Kino Open-Air in BerlinBild: Bernd Sobolla

"Sein oder Nichtsein": Bomben aufs Theater

Geographisch konkret, wenn auch ebenfalls als Komödie inszeniert, wurde Ernst Lubitsch. Der gebürtige jüdische Berliner war 1922 in die USA ausgewandert, wo er vor allem zum Star-Regisseur frivoler Gesellschaftskomödien wurde. 1942 drehte er die Nazi-Parodie "Sein oder Nichtsein". Diese spielt in Polen, konkret in Warschau, wo eine polnische Schauspieltruppe kurz bevor der Krieg ausbricht eine antifaschistische Komödie probt. Die Regierung jedoch möchte einen Konflikt mit dem Hitlerregime vermeiden. Das Stück wird abgesetzt und stattdessen Shakespeares "Hamlet" gespielt. Allerdings wird das Stück allabendlich gestört, da die Ehefrau des Hauptdarstellers in der Garderobe ein Rendezvous mit einem jungen Fliegerleutnant verabredet. Wobei dieser die Monologstelle "Sein oder Nichtsein" allabendlich als Stichwort nutzt, um sich aus dem Zuschauerraum zu erheben. Als die Affäre aufzufliegen droht, bricht der Krieg aus und Warschau wird während der Aufführung bombardiert.

"Lili Marleen": Musik erklingt, wo Bomben fallen

Einen melodramatischen Ansatz wählte Rainer Werner Fassbinder. In seinem Film "Lili Marleen" (1981) stehen vor allem das gleichnamige Lied und seine Sängerin Lale Anderson im Zentrum, die im Film allerdings Willie Bunteberg heißt. Das sentimentale Soldatenlied wurde bereits während des Ersten Weltkrieges von Hans Leip geschrieben und eine erste Musikversion gab es 1937. Aber die Erstaufnahme mit Orchester und von Lale Anderson gesungen entstand am 1. August 1939, ein Monat vor Kriegsausbruch. Und sie wurde über alle Grenzen hinaus zum Bestseller. Fassbinders Film handelt vom Siegeszug des Liedes und der Liebe zwischen Willie Bunterberg (Hanna Schygulla) und dem jüdischen Schweizer Komponisten Robert Mendelsson (Giancarlo Giannini), der versucht, deutschen Juden vor dem Nazi-Regime zu helfen. Während der Erfolg des Liedes immer größer wird und Willie Bunterbergs Ruhm unermesslich steigt, übertünchen die Klänge die Bombenexplosionen an den Fronten, wo Willie Bunterberg gelegentlich zur Unterhaltung der deutschen Soldaten auftreten muss.

Rainer Werner Fassbinder (Foto: DIF/Peter Gauhe)
Vom Siegeszug des Liedes und der Liebe handelt Fassbinders "Lili Marleen"Bild: DIF/Peter Gauhe

"Heimat - Auf und davon und zurück": Das persönliche Drama

Fernab von rollenden Panzern und Fliegeralarm inszenierte der "Heimat"-Filmemacher Edgar Reitz in "Heimat - Auf und davon und zurück" die Jahre 1938-39. Darin sind die Bauarbeiten an der Reichshöhenstraße fertig. Sie führt nicht mehr von Dorf zu Dorf, sondern von Bunker zu Bunker. Die Protagonistin Maria Simon (Marita Breuer) bekommt einen Brief von ihrem Ehemann Paul, der zehn Jahre zuvor in die USA ausgewandert war und dort erfolgreich eine Elektronik-Firma gegründet hat. Jetzt will er Schabbach wiedersehen - und natürlich Maria. Maria, längst glücklich mit Otto leiiert, fährt nach Hamburg, um Paul am Hafen zu empfangen. Aus einem Gefühl von Loyalität trennt sie sich sogar von Otto, ohne zu wissen, dass sie ein Kind von ihm erwartet. Als sie aber im Hafen ankommt, darf Paul das Schiff nicht verlassen, da sein Name "Simon" jüdisch klingt und er nicht in Besitz eines Ariernachweises ist. Paul muss in die USA zurückkehren, ohne die Heimat betreten zu haben. Maria entdeckt, dass sie von Otto schwanger ist, und die Schabbacher hören im Radio die Kriegserklärung an Polen.