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Die Weltraumtheorie des BND

Marcel Fürstenau, Berlin12. November 2015

Aus Sicht des Bundesnachrichtendienstes fallen via Satellit gesammelte Daten aus dem Ausland nicht unter deutsches Recht. Das sieht eine Expertin der Datenschutzbeauftragten ganz anders - und nicht nur sie.

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Die Erde aus dem Weltraum betrachtet.
Bild: picture-alliance/dpa

Was fällt Ihnen spontan ein, wenn sie den Begriff "Weltraumtheorie" hören? Könnte was mit Physik zu tun haben. Oder Astrologie. Oder mit Geheimdiensten. Geheimdienste? Ja, Geheimdienste! In der NSA-Abhöraffäre, die auch eine BND-Affäre ist, spielt die Weltraumtheorie immer wieder mal eine wichtige Rolle. So auch am Donnerstag in der mittlerweile 72. Sitzung des parlamentarischen NSA-Untersuchungsausschusses. Als Zeugin war Gabriele Löwnau geladen, Referatsleiterin bei der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff. Sie schilderte, wie ihre Behörde versucht, die Arbeit des deutschen Auslandsgeheimdienstes zu kontrollieren. Dabei wurde deutlich, dass es oft beim Versuch bleibt.

Nach den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden im Sommer 2013 pochte Voßhoffs Vorgänger Peter Schaar zunächst vergeblich auf seine Zuständigkeit. Inzwischen zeigt sich die Bundesregierung kooperativer. Ein Team der Bundesdatenschutzbeauftragten erstellt seit vielen Monaten einen als "streng geheim" klassifizierten Bericht über die Abhörmethoden des BND. Den Abgeordneten des Untersuchungsausschusses liegt der Zwischenbericht vor, über konkrete Inhalte dürfen sie in öffentlicher Sitzung aber natürlich nicht reden. Aber auch so erfuhren die Parlamentarier, dass die Experten aus dem Hause Voßhoff das Gebaren des Auslandsgeheimdienstes teilweise für rechtswidrig halten. Und das liegt nicht zuletzt an der Weltraumtheorie.

Wo endet nationales Recht?

Darunter fällt nach Ansicht des BND über Satelliten geführte Kommunikation wie Telefongespräche oder das Versenden von Mails. Die, so die Argumentation, seien durch kein nationales Recht geschützt. Begründung: Satelliten befänden sich außerhalb nationaler Hoheitsgebiete. Dieser eigenwilligen Logik widersprach im NSA-Untersuchungsausschuss vor einiger Zeit sogar schon die hausinterne Datenschutzbeauftragte des BND. Behördenchef Gerhard Schindler zeigt sich von den Bedenken jedoch unbeeindruckt. Das gilt bislang auch für das Bundeskanzleramt, dem der Auslandsgeheimdienst fachlich unterstellt ist.

Ob sich an der dieser Haltung etwas ändert, ist auch nach dem Zwischenbericht aus dem Haus der Bundesdatenschutzbeauftragten offen. Eine endgültige rechtliche Bewertung steht noch aus. Die zuständige Referatsleiterin machte aus ihrer Einschätzung aber keinen Hehl: Die Erfassung von Satellitendaten erfolge mit Antennen, die sich auf deutschem Boden befänden. Sie verglich die Methode mit Navigationsgeräten in Autos, die auf deutschen Straßen unterwegs sind. Die würden ebenfalls Satellitendaten aus dem All empfangen. Gilt für sie auch die Weltraumtheorie? Diese Frage kann nur das Parlament durch eine Novelle des BND-Gesetzes beantworten. Sonst endet der Streit über kurz oder lang vor dem Bundesverfassungsgericht. Ein Kläger wird sich schon finden.