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Jochen Kürten 7. Februar 2003

Alles schaut auf Berlin. Über 300 internationale Filme werden im Wettbewerb um den Film-Bären gezeigt. Einige wenige sind deutsche Beiträge. Betrachtungen von Joachim Kürten.

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Mit dabei: "Good Bye, Lenin" von Wolfgang BeckerBild: presse

Der deutsche Film lebt! Nicht im Kino würden Spötter sagen, sondern nur an den Filmhochschulen, auf Festivals und im Fernsehen. Da ist was dran. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil deutscher Filme am gesamten Einspielergebnis nur knapp zwölf Prozent. Im Jahr zuvor war das noch anders. Doch es war damals lediglich ein Film - die Winnetou-Blödelei "Der Schuh des Manitu" - der für wesentlich bessere Zahlen gesorgt hatte. Dieser kommerzielle Erfolg hatte viele geblendet.

Der deutsche Film ist viel besser als sein Ruf, behauptet der Chef der Berlinale, Dieter Kosslick. Auch das ist wahr. In den letzten zwei, drei Jahren hat es viele starke Debüts des Filmnachwuchses gegeben und auch ein paar sehr gute Filme schon etablierterer Regisseure. Nur der kommerzielle Erfolg an den Kinokassen, der war ausgeblieben. Das hat vor allem einen Grund. Wenn Hollywood mit "Herr der Ringe", "Harry Potter" und "James Bond" die Kinos stürmt, dann bleibt für den Rest der Welt nicht viel übrig. Das ist in fast allen Ländern der Erde so.

Umso wichtiger, dass die Berlinale, das zweitwichtigste Filmfestival der Welt, dem deutschen Film eine Chance gibt. Und das tut sie. Kosslick, der im vergangenen Jahr die Leitung des Festivals übernommen hatte, setzt in den kommenden Tagen wieder auf eine starke Präsenz des heimischen Kinos. Im Wettbewerb sind mit den Regisseuren Oskar Roehler, Wolfgang Becker und Hans-Christian Schmid drei der besten Filmemacher mit neuen Arbeiten vertreten. Nach den USA stellen die Deutschen damit das stärkste Kontingent. Und mit 59 Filmen insgesamt werden so viele deutsche Produktionen gezeigt wie noch nie zuvor auf einer Berlinale.

Das künstlerische Standbein des Kinos muss sich stets gegen das kommerzielle behaupten. Das ist bei Bildender Kunst, Musik, Oper oder beim Theater ganz anders. Umso wichtiger ist es deshalb, dass auch die Werbetrommel für den deutschen Film zum Einsatz kommt. Und Festivals wie die Berlinale bieten die beste Plattform dafür. Unter Kosslicks Vorgänger hat man in Berlin das deutsche Kino sträflichst vernachlässigt. Diese Zeiten sind vorbei. Und wenn die neuen Filme von Roehler, Becker, Schmid und Co. die künstlerischen Erwartungen erfüllen, dann könnte die Berlinale 2003 - aus deutscher Sicht - ein hoffnungsvoller Beginn für das Filmjahr werden.