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Geldwäsche leicht gemacht

Eugen Theise22. April 2016

Im Kampf gegen die Geldwäsche bleibt die deutsche Justiz oft machtlos. Wie leicht dubiosen Geldmachern das Leben gemacht wird, zeigt der Fall eines Vertrauten des ukrainischen Ex-Präsidenten Janukowytsch.

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Geldwäsche Symbolbild (Foto: Feng Yu)
Bild: Fotolia/Feng Yu

Serhij Kurtschenko war 27, als er zum jüngsten Oligarchen der Ukraine aufstieg. In weniger als zwei Jahren wurde aus einem Nobody der stolze Besitzer einer Bank, einer Raffinerie, einer Mediengruppe. Auch einen Top-Fußballklub kaufte er. Nur so gilt man etwas in osteuropäischen Oligarchenkreisen. "Wunderkind" nannten ihn ukrainische Medien. Aber auch "Janukowytschs Geldbörse". Viele vermuteten, dass Kurtschenko nur ein Strohmann des Clans um den ukrainischen Ex-Präsidenten war, um Milliarden aus dubiosen Geschäften zu waschen.

Heute lebt Kurtschenko, wie Janukowytsch auch, in Russland. In der Heimat wird gegen ihn ermittelt - der "Jungoligarch" wird milliardenschweren Betrugs und der Steuerhinterziehung beschuldigt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft machten ihn vor allem illegale Geschäfte mit Flüssiggas reich. Dank eines Freibriefs vom Präsidenten sollen Justiz, Zoll und Finanzamt bei Kurtschenko beide Augen zugedrückt haben.

Ermittlungen auch in Deutschland

Auch in Deutschland wird im Zusammenhang mit den Geschäften Kurtschenkos ermittelt. 2012 hat er, offenbar zusammen mit dem Sohn des damaligen ukrainischen Premierministers Olexij Azarov, ein Netz von mehr als hundert Flüsiggastankstellen hierzulande gekauft. Mit dem Verdacht auf Geldwäsche versucht die Staatsanwaltschaft Gera seit mehr als zwei Jahren hinter die Kulissen des Betreibers der Tankstellen, der Firma "Sparschwein Gas", zu blicken. Mit verblüffendem Ergebnis.

Deutsche Ermittler wissen immer noch nicht, wer hinter der niederländischen Briefkastenfirma steckt, die die Tankstellen kaufte. "Es konnten bislang keine Urkunden erhoben werden, die belegen, wer die Errichtung der "Stichting Depositary Donau Investment Fund" sowie die "Stichting Manstichami" als Stiftungen niederländischen Rechts veranlasste und wer deren wirtschaftlich Berechtigte sind", teilte der zuständige Ermittler bei der Staatsanwaltschaft Gera auf Nachfrage der Deutschen Welle mit. Auch Rechtshilfe von ukrainischen, österreichischen sowie niederländischen und Schweizer Behörden brachte nichts. "Konkrete Resultate, die einen hinreichenden Tatnachweis ermöglichen würden, haben sich bislang nicht ergeben", so die Staatsanwaltschaft. Die Ermittlungen stehen nach zwei Jahren wohl vor dem Aus.

Sparschweingas Tankstelle (Foto: DW/E. Theise)
Undurchsichtige Eigentümerstruktur - Flüssiggaskette SparschweingasBild: DW/E. Theise

Österreich identifiziert Kurtschenkos Firma

Gleichzeitig konnten die Behörden im benachbarten Österreich bereits im Sommer 2014 eine Firma von Serhij Kurtschenko identifizieren: Das Eigentum der "LPG-Trading" wurde im Rahmen der EU-Sanktionen gegen Wiktor Janukowytsch und seine Vertrauten eingefroren. Neben Kurtschenko wurde Olexij Azarov, der Sohn des ehemaligen Premier-Ministers unter Janukowytsch, als Miteigentümer ausgemacht. LPG-Trading ist eine 100-prozentige Tochter der niederländischen Briefkastenfirma, der auch Sparschwein Gas in Deutschland gehört.

In Österreich wird ebenfalls mit Geldwäscheverdacht gegen Janukowytsch-Vertraute ermittelt. Allerdings auch dort anscheinend ohne nennenswerten Erfolg. Immerhin ist es den Österreichern gelungen, eine Reihe von Firmen und Konten von Ukrainern auf der EU-Sanktionsliste zu identifizieren und einzufrieren.

Miserable Aufklärung in Deutschland

Auf bis zu einhundert Milliarden Euro jährlich wird der Umfang der Geldwäsche in Deutschland von Experten geschätzt. Bei der "Financial Intelligence Unit" beim Bundeskriminalamt gehen pro Jahr zwischen 10.000 und 13.000 Verdachtsmeldungen ein. Osteuropäer sind in Statistiken der "Financial Intelligence Unit" überdurchschnittlich vertreten. Neben Staatsangehörigen von Ländern wie Polen oder Rumänien rangieren Ukrainer mit mehr als 200 Verdachtsmeldungen pro Jahr ganz vorne. Russische Geschäftsleute kommen in Deutschland sogar auf über 500 verdächtige Transaktionen. Bei etwas mehr als der Hälfte der Fälle erhärten sich bei erster Prüfung die Hinweise auf mögliche Geldwäsche und sie werden an die Finanzbehörden oder polizeiliche Fachdienststellen weitergeleitet.

Experten sprechen allerdings nur von einer Handvoll von Urteilen, vor allem gegen "kleine Fische". "Noch nicht einmal ein Prozent der Geldwäschesummen in Deutschland wird strafrechtlich verfolgt oder eingefroren", sagt Markus Meinzer vom "Tax Justice Network" im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Strohmänner werden oft akzeptiert

Oft wird der Verdacht auf Geldwäsche gar nicht erst gemeldet. In etwa 60 Prozent der Fälle verschweigen Banken oder Notare ihren Verdacht, stellt Professor Kai Bussmann von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg in seiner 2015 veröffentlichten Studie fest. Als Grund wird die Angst genannt, den Kunden zu verlieren.

Infografik Dubiose Investitionen aus der Ukraine Deutsch (Foto: DW)
Deutsche und österreichische Firmen der Ukrainer sind formal im Eigentum einer niederländischen Treuhandgesellschaft. Diese wird von einer Holding auf der Karibikinsel Curacao verwaltet. In Österreich wurden die ukrainischen Hintermänner ausgemacht. In Deutschland nicht

Den "Fall Kurtschenko" bezeichnen die Geldwäscheexperten als exemplarisch. "Wenn ein Notar oder eine Bank eine komplizierte Verschachtelungsstruktur vorfindet, wo eine niederländische Stiftung genutzt wird zur Übernahme einer GmbH, hinter der eine andere Stiftung steht mit Beziehungen in die Ukraine, spätestens dann müssten alle Alarmglocken läuten", sagt Markus Meinzer. Nach dem Geldwäschegesetz, betont der Experte, dürfen solche Transaktionen gar nicht zustande kommen, wenn es nicht gelingt, den tatsächlichen wirtschaftlich Berechtigten zu identifizieren.

Wie findet man die Hintermänner?

Wie sollten aber die Banken oder der Notar den wirtschaftlich Berechtigten in Fällen wie beim Kauf von Sparschwein Gas finden? "Bei einer GmbH beispielsweise durch Handelsregisterauszüge, Gründungsdokumente oder Gesellschafterverträge", erklärt die zuständige Aufsichtsbehörde für den Bereich der der Geldwäscheprävention auf Nachfrage der DW. Dumm nur, wenn in allen vorgenannten Quellen ausschließlich Strohmänner und Briefkastenfirmen vorzufinden sind.

Die Experten fordern deshalb schon lange die Einrichtung eines Registers wirtschaftlich Berechtigter Personen. So könnten die Behörden oder auch Fachjournalisten leicht erfahren, wer hinter jedem Unternehmen tatsächlich steht. Bis 2017 muss Deutschland zur Umsetzung einer EU-Richtlinie ein solches nationales Register schaffen. "Neben dem Register der wirtschaftlich Berechtigten muss der automatisierte Informationsaustausch zwischen den Finanzämtern organisiert werden. Wenn die Regierung diese Hausaufgaben gemacht hat, dann sind wir schon einen großen Schritt weiter", sagt Kaspar von Hauenschild von Transparency International.

Ein europäisches Register muss her

Nach dem Skandal um die so genannten Panama Papers will die Politik sogar noch weiter gehen: Nun verlangt Finanzminister Wolfgang Schäuble neben einem nationalen sogar ein europäisches Register. Mit einer solchen Datenbank würden deutsche Ermittler innerhalb weniger Minuten die Informationen erhalten, auf die sie heute Monate oder Jahre warten müssen. Nicht immer mit einem Ergebnis, wie der Fall "Sparschwein Gas" zeigt.