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Der Gegner unterm Mikroskop

Kay-Alexander Scholz21. März 2003

Dass Seuchen bald wieder Geschichte machen könnten, ist ein gängiges Weltuntergangsszenario. SARS, eine rätselhafte Lungenentzündung, sorgt derzeit für Unruhe. Was tun gegen die Angst vor neuen Krankheiten?

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Der Mensch ist nicht alleinBild: AP

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als global agierende Gesundheitsbehörde stuft alle Infektionskrankheiten in vier Kategorien ein. Das Schwere Akute Atemwegssyndrom (Severe Acute Respiratory Syndrome, kurz SARS) wurde in die Kategorie drei eingestuft. In dieser Gruppe sind auch HIV und das Dengue-Fieber aufgelistet. Kategorie vier steht für die höchste Alarmstufe. Hierzu gehören unter anderem das Ebola-Virus und das Lassa-Fieber. Das sind Krankheiten, bei denen "die Menschen wie die Fliegen sterben", erklärt Virologe Herbert Schmitz im Gespräch mit DW-WORLD.

Schmitz arbeitet im Robert-Koch-Institut in Berlin, der zentralen Forschungs- und Referenzeinrichtung in Deutschland. In letzter Zeit sei in Klasse vier relativ viel passiert, so Schmitz. Gelbfieber und Lassa-Fieber zum Beispiel sind Krankheiten, bei denen nicht alle Fälle an die Presse gegeben wurden. Die Zahl der tropischen Krankheiten nehme zu, Klasse-drei-Erkrankungen gebe es jährlich "wirklich viele". Die Wissenschaftler träfen dabei immer wieder auf einen "ganzen Zoo von Viren".

Wo SARS herkommt

Die ersten SARS-Fälle traten in der südchinesischen Provinz Guangdong auf. Dort waren Anfang Februar mehr als 300 Menschen an den Lungen erkrankt, fünf starben an den Folgen. Wochenlang hatten die Menschen in Guangdong die Apotheken leer gekauft. Die Menschen auf den Straßen trugen Atemschutz-Masken. Warnungen wurden in Windeseile per SMS weitergegeben.

Die chinesische Regierung hat inzwischen eine Nachrichtensperre verhängt, um Panikmache zu vermeiden. Deshalb sind derzeit kaum Informationen zur aktuellen Situation am Ausbruchsort von SARS zu bekommen.

SARS ist kein Einzelfall

Mit neuen Viren und bisher unbekannten Krankheiten müsse jederzeit gerechnet werden, erklärt Schmitz. "Es wird noch Generationen dauern, bis der letzte Virus in der letzten Schildkröte erkundet sein wird." Das Dilemma der Infektionsforscher ist, dass es viele Regionen auf der Welt gibt, die mikrobiologisch kaum oder wenig erforscht sind. Dort wartet eine unbekannte Zahl von Viren und Bakterien darauf, sich verbreiten zu können.

SARS gehört in die Gruppe der neuen Krankheitsbilder. Bei dem Erreger handelt es sich offenbar um ein bisher unbekanntes Paramyxo-Virus, sagte Hans Wilhelm Doerr, Direktor des Instituts für medizinische Virologie an der Uniklinik Frankfurt. Institute in Marburg, Frankfurt am Main und Hongkong hätten dieses Virus in Proben gefunden. Die Erreger von Masern, Mumps und Hundestaupe gehören in die gleiche Viren-Gruppe. Schmitz vom Robert-Koch-Institut sieht gute Chancen, den Erreger in den Griff zu bekommen, da "Paramyxo-Viren im allgemeinen gutartig sind".

Wissen ist Macht

Je mobiler die Menschheit wird, um so höher die Wahrscheinlichkeit für einen Viren-Alarm. "Die Pest brauchte früher Jahre, um sich über größere Distanzen auszubreiten, heute reichen Stunden", prognostiziert Schmitz. Heute sind Mega-Städte, Slums und öffentlicher Nahverkehr ein idealer Nährboden, auf dem sich Krankheiten schnell verbreiten.

Die WHO versucht, die Gefahr durch ein dichtes Informationsnetz einzudämmen. So bekommt auch Professor Schmitz täglich mehrere E-Mails, die über aktuelle Krankheiten und die Gefahr von Epidemien berichten. Er selbst informiert sich auf der WHO-Website über den Stand der Dinge. Seit SARS für Aufsehen sorgt, finden täglich mehrere Telefonkonferenzen statt.

Das internationale Frühwarnsystem soll dafür sorgen, dass überall auf der Welt neue Informationen so schnell wie möglich verfügbar sind. Nur dann können Maßnahmen eingeleitet werden, die eine Ausbreitung verhindern sollen.