Der Hase in der Kunst
Begierde und Lebenslust - Dafür stand der Hase in altgriechischen Darstellungen. In zweieinhalb Jahrtausenden hat er nicht nur bei Dürer und Koons, sondern auch in Asien erstaunliche künstlerische Wandlungen erlebt.
Antonius: Hase im Nest
Er ist Symbol für Fruchtbarkeit und Sinneslust und er wird oft mit einer Mondgottheit in Verbindung gebracht. Ob Hase oder Kaninchen, darauf kommt es nicht an: Von der griechischen Antike bis heute schmückt das Langohr Gemälde und Skulpturen. Der deutsch-amerikanische Fotokünstler Antonius führt die Tradition fort - mit einer an Dürer angelehnten fotografischen Inszenierung eines Hasen.
Albrecht Dürer: Junger Feldhase
Dürers Aquarell von 1502 ist weltberühmt. Das Original ist inzwischen so empfindlich und kostbar, dass es im Wiener Albertinum nur alle fünf Jahre ausgestellt wird. Bemerkenswert: In der über 500 Jahre alten Naturstudie steht der Hase als Tier für sich und nicht als religiöses oder mythisches Symbol.
Sigmar Polke: Dürer-Hase
Auch ohne den Titel wäre er leicht zu erkennen: Dürers naturgetreue Studie hat unzählige Nachfolger gefunden. Sigmar Polke schuf seinen Dürer-Hasen 1970 nur als Silhouette aus Gummiband und Nägeln. Auf den Umriss und das in unserem Foto nur angeschnittene AD-Monogramm Dürers reduziert, ist Polkes Arbeit auch Kommentar zu den zahlreichen Fälschungen und Kopien des Werks.
Griechische Vasenmalerei
Schon in der Antike war der Hase als Jagdobjekt sehr beliebt. Doch das Tier war fruchtbar, die Art überlebte. Daher galt der Hase als Symbol für Lebenskraft und sexuelle Begierde - Attribute, die man im 5. Jahrhundert v. Chr. gerne symbolisch darstellte. Unser Bild zeigt einen Symposiasten, einen Mann, der an einem Symposium teilnimmt und dabei träumerisch seinen Hasen streichelt.
Weintrauben fressender Hase
Das Motiv des Weintrauben fressenden Hasen war bei den Römern beliebt. Es gibt ihn beispielsweise als Wandmalerei schon aus dem 1. und als Mosaik aus dem 3. Jahrhundert. Dieser koptische Webteppich entstand 300 Jahre später in Ägypten. Der Früchte naschende Hase war selbst zum Verzehr bestimmt. Offensichtlich fand man diese Vorstellung reizvoll.
Drei-Hasen-Fenster
Im Kreuzgang des Paderborner Doms findet sich das berühmte Drei-Hasen-Fenster, das ein Steinmetz Anfang des 16. Jahrhunderts meißelte. Das Motiv der drei Hasen gab es schon in römischer Zeit, zum Beispiel in der Form von Öllampen. In der christlichen Ikonografie stehen die über die Ohren verbundenen "Dreiohrhasen" als Symbol für die Dreifaltigkeit.
Der Hase mit den Bernsteinaugen
Auch wenn das Foto dieser japanischen Elfenbeinschnitzerei ein bisschen an ein Kamel erinnert - es ist tatsächlich der berühmte "Hase mit den Bernsteinaugen", der dem Bestseller von Edmund de Waal seinen Titel gab. Das daumengroße Netsuke, ein Gürtelanhänger, ist einer von vielen Belegen dafür, dass der Hase auch in der ostasiatischen Kunst präsent ist.
Ai Weiwei: Zodiac-Hase
Der Hase ist eines der zwölf chinesischen Tierkreiszeichen. Diese Bronzeskulptur des Künstlers Ai Weiwei bezieht sich auf die Geschichte des europäisch-chinesischen Austausches. Sie bildet einen kleineren Schädel nach, den zwei Jesuiten im 18. Jahrhundert für den chinesischen Kaiser geschaffen hatten. Hundert Jahre später hatten britische Soldaten ihn und die anderen elf Tierköpfe gestohlen.
Bunny Statue
Der Hase gehört zu den beliebten Motiven der klassischen chinesischen Tuschemalerei. Aber auch viele moderne Künstler haben sich mit dem Hasen beschäftigt. Im Pekinger Kunstquartier 798 begegnet man ihm sozusagen in freier Szene-Wildbahn und überlebensgroß.
Jeff Koons: Rabbit
Koons hat die Stahlskulptur nach einem aufblasbaren Kunststoffhäschen gearbeitet. Sie gehört zu den Ikonen der Postmoderne. Der amerikanische Künstler schuf sie 1986 innerhalb der Serie "Statuary", die banale Alltagsgegenstände als Vorlage benutzte. 2007 blähte er das Motiv zu einem überdimensionalen Helium-Ballon auf, der publikumswirksam durch die Straßen New Yorks gezogen wurde.
Florentijn Hofman: Weißer Riesenhase
Und noch ein gigantisch vergrößerter Hase. Hofmann postiert seine Riesentiere in der ganzen Welt. Diesen Hasen ließ er 2014 im Kreis Taoyuan auf Taiwan sonnenbaden. Der niederländische Künstler versteht seine nach banalen Massenprodukten gestalteten Skulpturen nicht als Tiere, sondern als "Abstraktionen von Spielzeugen". Der fruchtbare Hase - am Ende ein Symbol für billige Reproduzierbarkeit.