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Kampf um Öl, Gas und Kohle

Volker Wagener13. Januar 2007

Früher ging es im Kräftemessen der Staaten um Territorien und Ideologien. Heute entscheiden die Rohstoff-Ressourcen eines Landes über Macht und Ohnmacht auf dem Weltmarkt.

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Arbeiter in der Ölproduktion
Schwarzes Gold: Die einen haben es, die anderen wollen esBild: AP

Russland hat trotz großer Probleme in der Infrastruktur und demokratischer Defizite eine herausgehobene Stellung in der globalisierten Welt aufgrund seiner Öl- und Gas-Vorkommen. Die Energien sind knapp und teuer, denn die Weltwirtschaft wächst und die Nachfrage steigt. Die Energie-Kunden Deutschland und die Europäische Union befinden sich deshalb in einer strukturellen Abhängigkeit.

Russlands Präsident Wladimir Putin vor einer Karte Russlands
Verdankt seine Macht den Rohstoffen: Russlands Präsident Wladimir PutinBild: AP

Politisch und militärisch hat Russland seinen Status als Großmacht längst eingebüßt. Als Öl- und Gaslieferant bleibt das Land hingegen ein Gigant. Deutschland bezieht rund 35 Prozent seines Öls aus russischen Pipelines. Auch beim Erdgas ist Russland mit Abstand Hauptlieferant. Keine Frage: Deutschland, das nur drei Prozent seines Erdöl- und 16 Prozent seines Gasbedarfs selbst fördert, steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum russischen Energiemarkt.

Abhängigkeit der EU wird zunehmen

Auch im EU-Maßstab wird deutlich, wie sehr die Europäer auf den steten Fluss von Öl und Gas aus anderen Erdteilen angewiesen sind. 82 Prozent des Öls und 57 Prozent beim Gas kommen heute schon aus Leitungen von außerhalb der Union. Die meisten Mitgliedstaaten beziehen beispielsweise ihr Gas aus nur einem Förderstaat. Zumeist ist Russland der Lieferant. Und die Tendenz hin zur Energie-Abhängigkeit der EU wird zunehmen.

Zu welchen Aufgeregtheiten Störungen beim Energiefluss führen können, haben die Unterbrechungen der russischen Gaslieferungen im Januar 2006 und die beim Erdöl vor wenigen Tagen in den Transitländern Ukraine und Weißrussland gezeigt.

Ein ungarischer Ingenieur dreht an einem Ölhahn der Pipeline Druschba
Der Ölhahn wird zum Instrument der MachtpolitikBild: AP

Wladimir Putin, Russlands Staatspräsident, ist sich der Bedeutung der neuen Macht bewusst. Beim G-8-Gipel im Juli 2006 in Sankt Petersburg - dem ersten unter der Gastgeberschaft Russlands - wurde das Thema "globale Energieversorgung" ganz oben auf die Tagungs-Agenda gesetzt. Eine Demonstration der Stärke: Stehen doch unter Moskaus Kontrolle immerhin sechs Prozent der weltweiten Ölreserven, 34 Prozent der Gasvorkommen und 18 Prozent der noch ungehobenen Steinkohleschätze.

Lieferunterbrechungen "unerträglich"

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich von den vorübergehenden Lieferstopps nur wenig besorgt. Immerhin zeige sich Russland seit über 40 Jahren als verlässlicher Geschäftspartner, sagte sie nach dem Moskauer G-8-Gipfel im Sommer. Also auch in Zeiten des so genannten Kalten Krieges.

Trotzdem bleibt innerhalb der EU ein gewisses Unbehagen mit Blick auf die politische Seriosität Russlands. Auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos macht sich mittlerweile Gedanken über Alternativen zu Energie-Importen aus dem Osten: "Es ist unerträglich, dass es zu solchen Lieferunterbrechungen kommt, und das zeigt, dass wir den Versorgungsschwerpunkt nicht allein in östliche Richtung setzen dürfen."

Gelände des Öl-Unternehmens Agip im Niger Delta
Politisch instabil: Erdölexporteur NigeriaBild: AP

Ebenso kritisch werden Förderländer wie Nigeria mit drei Prozent des weltweiten Ölvorkommens und Iran mit elf Prozent aus Brüsseler und Berliner Perspektive gesehen. Über die Abhängigkeit der Europäer von politisch unzuverlässigen Lieferstaaten ist sich die EU seit langem bewusst. Lösen können sich die Industriestaaten Europas aus dieser Unsicherheit nur in kleinen Schritten.

Abhilfe durch neue Pipeline?

Eine neue Pipeline vom Kaspischen Meer quer durch die Türkei würde beispielsweise völlig neue Quellen erschließen und die Angebotspalette verbreitern. Bis 2020 will die EU 13 Prozent ihres Energieeinsatzes drosseln und damit Kosten in Höhe von 100 Milliarden Euro sparen. Kosten senkend soll auch eine neue Einkaufsstrategie wirken. Bis jetzt tritt jeder EU-Staat als Einzeleinkäufer gegenüber den Lieferstaaten auf. In noch ferner Zukunft will Brüssel gemeinsam Bestellungen aufgeben, was neben dem Spareffekt auch eine Demonstration der Stärke wäre. Denn die EU träte dann im Namen von rund 500 Millionen Verbrauchern auf.

Letzteres wäre allein schon mit Blick auf die Konkurrenz im Käufermarkt ein kluger Schachzug, denn schon jetzt treten die Wachstumsstaaten China und Indien als Massenaufkäufer weltweit auf. Die chinesische Volkswirtschaft boomt seit langem. Rund zehn Prozent Wachstum jährlich sorgen für steigende Nachfrage. Ein Effekt dabei: Die Preise werden langfristig steigen.

Indiens Energie-Hunger nimmt zu

Auch Indien entwickelt enormen Hunger nach Öl und Gas. Noch gibt es regelmäßige Engpässe in der Energieversorgung, bekennt Ajay Shankar vom indischen Energie-Ministerium: "Uns fehlen im Energiebereich sechs Prozent, zu Spitzenzeiten liegt das Defizit zwischen 11 und 12 Prozent. Und wir hoffen, dass wir das in den nächsten zwei, drei Jahren überwinden können."

Experten rechnen in den kommenden 25 Jahren mit einem Energiebedarf Indiens um das drei- bis vierfache gegenüber heute. Die Europäer werden diesen Hunger zu spüren bekommen.

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