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Der lange Weg zu Medikamenten "made in Africa"

Martina Schwikowski
30. April 2021

Viele Länder Afrikas importieren dringend benötigte Medikamente. In Corona-Zeiten ist das schwierig geworden. Schon vor der Pandemie planten viele Länder, selbst Arzneimittel herzustellen. Warum ist das so schwierig?

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HIV AIDS in Afrika | Simbabwe Harare Medikamente
Bild: Jekesai NJIKIZANA/AFP

Janet Byaruhanga kennt das Problem "Afrika importiert derzeit mehr als 80 Prozent seiner pharmazeutischen und medizinischen Verbrauchsgüter. Das ist nicht nachhaltig", schrieb die Expertin der Afrikanischen Union vergangenes Jahr im UN-Magazin "Africa Renewal". Zwar gibt es Pharmafirmen in Ländern wie Südafrika, Kenia oder Ägypten, doch sie spielen keine große Rolle. Der Kontinent hängt stark von Importen ab. Vor allem aus China oder Indien.

In der Corona-Krise ist das ein Nachteil. Seit dem Ausbruch der Pandemie sind die Lieferketten häufig unterbrochen. Schon davor wollten afrikanische Politiker die Abhängigkeit von internationalen Pharmaunternehmen verringern: 2007 gaben die Gesundheitsminister der Afrikanischen Union (AU) einen Fahrplan im Auftrag, der die Herstellung eigener Medikamente auf dem Kontinent verbessern sollte. Seit 2018 gibt es bei der AU auch eine eigene Medizin-Agentur. Warum hat sich seitdem so wenig getan?

Die Nachfrage wächst

An fehlenden Gewinnmöglichkeiten liegt es nicht. "Afrikas Nachfrage an pharmazeutischen Mitteln hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt", sagt Arthur Minsat von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). "Das ist im weltweiten Vergleich sehr hoch und bedeutet eine große Möglichkeit für afrikanische Herstellerfirmen, den afrikanischen Markt anzuzapfen", so Minsat zur DW.

Medikamentenausgabe an HIV-positive Patienten in Nairobi (Archivbild)
Nur wenige afrikanische Länder stellen selber Medikamente herBild: picture-alliance/dpa/J. Aoki

2017 wurden nach einer Studie des Marktforschungsunternehmens Goldstein Research auf dem Kontinent insgesamt Medizinprodukte im Wert von 29 Milliarden US-Dollar verkauft. Das war fast sechs Mal so viel wie noch ein Jahrzehnt zuvor. Bis zum Jahr 2030 soll der Bedarf weiter steigen.

Doch von dem Boom profitieren afrikanische Firmen kaum. Eine Herausforderung ist laut AU-Expertin Byaruhanga der Mangel an erschwinglichen Krediten und moderner Technologien für die Forschung. Weitere Hürden seien kleine Märkte und stabile Lieferketten – viele Firmen haben Probleme, an die nötigen Wirkstoffe für die Produktion zu kommen. 

'Importe sind billiger'

Kenia besitzt einen großen Absatzmarkt für Medikamente. Cosmos Limited mit Sitz in der Hauptstadt Nairobi ist die führende Herstellerfirma in ganz Ostafrika. Dort arbeitet die Ärztin Beena Mahida. "Die größte Hürde für uns ist der Wettbewerb, denn die Importe sind viel billiger", sagt sie im DW-Interview. "Wir haben hohe Kosten, die unsere Arbeit regulieren. Dazu zählen Vorschriften, Steuern und Gehälter – deshalb sind unsere Produkte teurer."

Indien: Arbeiter in einem Pharmaunternehmen
Importierte Medikamente sind oft billiger als lokale ProdukteBild: Sajjad Hussain/AFP/Getty Images

Aber laut Mahida gibt es aktuell viel Unterstützung für die Produktion vor Ort. So sei die Zulassung neuer Medikamente vereinfacht worden. "Wir können unsere Produkte gemeinsam in anderen Ländern anmelden und inspizieren lassen", sagt sie. Denn die ostafrikanische Staatengemeinschaft, zu der auch Kenia gehört, will die lokale Produktion bis 2027 ausbauen.

Mehr innerafrikanische Kooperation – auch Harald Zimmer vom Verband forschender Pharmaunternehmen (VFA), einem Interessenverband deutscher Medikamentenhersteller, hält das für den richtigen Weg. "Die regionale Zusammenarbeit mehrerer Länder kann die lokale Fertigung von Impfstoffen und Medikamenten wirtschaftlich lohnender machen, denn je größer die Produktionsmengen, umso kostengünstiger ist die einzelne Packung herzustellen."

Fachleute dringend gesucht

Ein zentrales Problem sei der Mangel an ausgebildetem Fachpersonal: "In Tansania wurde mit Unterstützung forschender Pharma-Unternehmen vor einigen Jahren die Ausbildung von Pharma-Facharbeitern reformiert. Das kann ein Modell für andere Länder sein", sagt Zimmer. Die Erfahrung zeige, dass die Produktion von Impfstoffen und Medikamenten dort stattfindet, wo sie erforscht und entwickelt wurden. Die Medikamentenentwicklung finde aber fast nie in Afrika statt. Das sollte sich dringend ändern, meint Zimmer. Doch alle Experten wissen: Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.