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Gnade vor Recht?

Monika Dittrich29. Januar 2007

Über die Freilassung zweier ehemaliger RAF-Terroristen ist eine heftige Debatte entbrannt. Monika Dittrich findet es richtig, dass sie möglicherweise vorzeitig aus der Haft entlassen werden.

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Ein souveräner und selbstbewusster Staat muss seinen Feinden vergeben können. Das gehört zu den großen Stärken unserer Verfassung und unserer Demokratie - und selbstverständlich muss dieser Grundsatz auch für die RAF-Terroristen Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar gelten. Wobei es hier zu unterscheiden gilt: Brigitte Mohnhaupt hat ihre Mindesthaftstrafe von 24 Jahren abgesessen; sie hat ein formales Recht darauf, die Aussetzung ihrer Strafe auf Bewährung zu beantragen. Und zwar unabhängig davon, ob sie ihre Taten öffentlich bereut.

Unter moralischen Gesichtspunkten mag es unverständlich sein, dass diese Frau in wenigen Wochen wieder die Freiheit genießen könnte, ohne sich jemals bei den Angehörigen ihrer Opfer entschuldigt zu haben. Doch es geht in ihrem Fall nicht um Moral, sondern um die Anwendung bestehender Rechte und Gesetze - und die müssen für eine RAF-Terroristin in gleicher Weise gelten wie für andere Straftäter auch.

Die juristische Entscheidung über Brigitte Mohnhaupts Zukunft hängt vor allen Dingen davon ab, ob sie noch immer ein Sicherheitsrisiko für die Gesellschaft darstellen könnte. Das ist offenbar weder bei ihr noch bei ihrem Komplizen Christian Klar der Fall - auch, weil sich die RAF 1998 aufgelöst hat.

Öffentliche Entschuldigung als Voraussetzung?

Monika Dittrich

Bei Christian Klar verhält sich die Sache dennoch anders - denn seine Mindeststrafzeit läuft erst in zwei Jahren ab. Doch er hat beim Bundespräsidenten um Gnade gebeten. Und so liegt es im Ermessensspielraum Horst Köhlers, Gnade walten zu lassen oder eben nicht. Der Bundespräsident muss hier also sehr wohl eine moralische Entscheidung treffen, er muss auch das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen bedenken, er muss die politische und gesellschaftliche Gefühlslage abwägen. Und es bleibt ihm überlassen, eine öffentliche Entschuldigung von Christian Klar zu verlangen.

Doch wenn in diesen Wochen lautstark über die Zukunft dieser beiden Straftäter diskutiert wird, wenn Politiker wildschäumend fordern, Gnade dürfe es nicht ohne Reue geben, dann sei an die nüchterne Stärke unseres Staates erinnert. Dieser Staat hat es nicht nötig, demonstrative Härte zu zeigen, und es ist ihm nicht erlaubt, Rache zu üben. Ohne Zweifel ist das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen groß. Doch wird das gemildert, nur weil eine Brigitte Mohnhaupt oder ein Christian Klar noch fünf Jahre länger hinter Gittern bleiben?

Zudem widerspricht es unserer Vorstellung von der Würde des Menschen, Straftäter auf immer zu verstoßen - auch dann, wenn von ihnen keine Gefahr mehr ausgeht. Und so hat die Bundesrepublik jetzt die Chance, über die Brutalität der RAF zu triumphieren - und zwar, indem sie ihren Gegnern versöhnlich die Hand reicht.