Der Sudan knipst das Internet wieder an
10. Juli 2019Osama Hemeida vom Beirat für Menschenrechtsfragen vertritt das sudanesische Justizministerium vor dem UN-Menschenrechtsrat. Sein Land sei nach einer "heroischen Revolution" des Volkes auf dem Weg in eine neue Zukunft, sagt Hemeida in Genf - und verknüpft diese hoffnungsfrohe Perspektive sogleich mit der Forderung nach einem radikalen Schuldenschnitt: "Es ist an der Zeit, die Sanktionen aufzuheben und uns von den Auslandsschulden zu befreien." Nach einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) stand der Sudan bereits Ende 2016 mit gut 52 Milliarden Dollar (heute gut 46 Mrd. Euro) bei ausländischen Gläubigern in der Kreide.
Nach Unruhen und monatelangen Massenprotesten wurde Präsident Omar al-Baschir im April nach drei Jahrzehnten an der Macht von den Streitkräften gestürzt. Vergangene Woche einigten sich Militär und Opposition auf eine gemeinsame Übergangsregierung, die den Weg für Neuwahlen in drei Jahren ebnen soll. UN-Menschenrechtsspezialisten hatten die Behörden am Montag aufgefordert, die Internetdienste umgehend wieder herzustellen. Das Netz abzuschalten sei eine Verletzung der Menschenrechte, weil es die freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit behindere.
Netzblockade richtete sich gegen die Protestbewegung
Das Internet war im Sudan am 3. Juni unterbrochen worden, nachdem das Militär gewaltsam eine Sitzblockade aufgelöst und mehr als 120 Menschen getötet hatte. Seit Dienstag ist es weitgehend wieder funktionsfähig. Ein Gericht in der Hauptstadt Khartum hatte angeordnet, dass die Netzanbieter Zain, MTN und Sudani den Zugang für ihre Kunden wieder freigeben müssen, wie der Anwalt Abdelazim al-Hassan auf einer Pressekonferenz sagte. Al-Hassan hatte gegen die Blockade geklagt, die der regierende Militärrat mit einer angeblichen "Gefahr für die Sicherheit des Landes" gerechtfertigt hatte. Die Militärs wollten vor allem die sozialen Netzwerke lahmlegen, über die sich die Protestbewegung in dem Land organisiert hatte.
Und auch die gewalttätigen Vorgänge gegen die Demonstranten vom 3. Juni würden untersucht, kündigt Hemeida in Genf an. Der Generalstaatsanwalt wolle schon in den kommenden Tagen einen ersten Bericht vorlegen. Parallel dazu werde wie versprochen eine nationale unabhängige Untersuchungskommission sämtliche Ereignisse seit dem 11. April durchleuchten. Für die Menschenrechtsorganisation DefendDefenders ist dies jedoch eine Aufgabe des UN-Menschenrechtsrats. Die Vereinten Nationen dürften sich nicht aus der Verantwortung stehlen.
rb/se (afp, dpa, epd)