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Ist der Westen militärisch überfordert?

11. Februar 2015

Die westlichen Staaten sind mit den großen Konflikten auf der Welt zunehmend überfordert. Zu diesem Schluss kommen internationale Strategie-Experten. Sie empfehlen deshalb die Abkehr von konventionellen Taktiken.

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Ein ukrainisches Freiwilligenbataillon in der Nähe der Stadt Luhansk (Foto: AFP)
Ein ukrainisches Freiwilligenbataillon in der Nähe der Stadt LuhanskBild: Getty Images/AFP/A. Boiko

Mangelnder Wille, unzureichende Vorbereitung, ausbleibender Erfolg. Was die Fachleute vom Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS) aus London in ihrem aktuellen Bericht über die westlichen Industriestaaten und die NATO sagen, klingt wenig schmeichelhaft - aber es spiegelt die aktuelle Lage wieder. Seit Monaten werden die Terrormilizen vom "Islamischen Staat" (IS) mit nur mäßigem Erfolg bekämpft, die Situation in der Ukraine hat sich in den letzten Wochen dramatisch verschlechtert und die Zukunftsprognosen der Experten sehen nicht gut aus.

Nach Einschätzung des IISS ist der militärische Erfolg im Kampf gegen die Dschihadisten im Irak und in Syrien keineswegs gesichert. Die von den USA koordinierten Luftschläge und die regionalen Bodentrupen hätten bisher nur etwa ein Prozent der Fläche zurückgewinnen können, die zuvor von IS-Kämpfern eingenommen wurde, sagte IISS-Generalsekretär John Chipman bei der Vorstellung des Reports in London. Die Konzentration auf militärische Gewinne reiche nicht aus, um die Taktik des IS zu durchbrechen. Es brauche eine Strategie, um das Vertrauen der sunnitischen Minderheit im Irak zurückzugewinnen.

IISS-Chef John Chipman (Foto: dpa)
IISS-Chef John ChipmanBild: picture-alliance/epa/S. Morrison

Überfordert von "hybrider Kriegsführung"

Auch im Hinblick auf die aktuelle Lage in der Ukraine äußerte sich Chipman skeptisch. Seiner Ansicht nach ist die NATO nur unzureichend auf Konflikte dieser Art vorbereitet. Das westliche Bündnis müsse dringend Antworten auf die "hybride Kriegsführung" finden. Derartige Bedrohungen hätten das Potenzial, westliche Staaten schnell zu destabilisieren. Bei der sogenannten hybriden Kriegsführung kombinieren staatliche und nicht-staatliche Akteure konventionelle und verdeckte militärisch-strategische Mittel, die von Cyber-Attacken bis hin zu gezielten Terroranschlägen reichen können.

Das IISS führt in dem Bericht an, dass Russland in der Ostukraine und bei der Krim-Annexion unterschwellige konventionelle und Spezialoperationen mit Kampagnen in den sozialen Medien kombiniere, um die öffentliche Meinung in dem Konflikt gezielt zu beeinflussen.

"Verwirrung des Westens"

Außerdem führe Moskau in der Ukraine einen "begrenzten Krieg, mit begrenzten Zielen". Der Westen werde gezielt verwirrt, indem der Kreml eine russische Beteiligung an dem Konflikt fortwährend abstreite.

Solche Taktiken bedeuteten eine schwerwiegende Bedrohung für die kollektive Sicherheit der NATO. Die Politiker im Westen müssten sich bewusst werden, dass aktuelle oder künftige Regierungen und Rebellengruppen Moskaus Vorbild folgen könnten. Chipman nannte in diesem Zusammenhang China und den Iran.

Abkehr von konventionellen Strategien

Aus diesen Entwicklungen folgern die Experten der weltweit beachteten Denkfabrik, dass die westlichen Staaten ihre Stategie ändern müssen. Statt weiter konventionelle Taktiken zu verfolgen, sei es angebracht, das Augenmerk verstärkt auf Gegenmaßnahmen gegen feindliche Propaganda zu richten. Dazu gehöre auch, Geheimdiensterkenntnisse zu sammeln und auszuwerten sowie die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte zu verbessern.

Das Internationale Institut für Strategische Studien ist neben dem Stockholmer SIPRI-Institut die weltweit führende Einrichtung bei der Beurteilung internationaler Konflikte. Die 1958 gegründete, unabhängige Organisation veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht zum militärischen Gleichgewicht in der Welt, aus dem die jüngsten Empfehlungen stammen.

djo/uh (afp, dpa)