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Unzufriedene Aktionäre

Henrik Böhme21. Mai 2015

Die Führungsspitze der Deutschen Bank wird gute Nerven auf der Hauptversammlung brauchen. Bei den Aktionären brodelt es gewaltig. Sie sind unzufrieden mit Vergangenheitsbewältigung und künftiger Strategie.

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Deutschland PK Deutsche Bank in Frankfurt am Main
Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Die Antwort der Börse war eindeutig: Am Tag, an dem die Deutsche Bank ihre neue Strategie der Öffentlichkeit vorstellte, war die Aktie von Deutschlands größtem Geldhaus mit deutlichem Abstand das Schlusslicht der 30 Papiere, die im Deutschen Aktienindex (Dax) zusammengefasst sind. Das war am 27. April, es war der vorläufige Abschluss einer monatelangen Debatte darüber, wohin die Reise der Deutschen Bank denn nun gehen soll. Was es gab, war allerdings nur ein grober Umriss der Pläne. Details zur Umsetzung würden innerhalb der kommenden drei Monate bekannt. Das vor allem brachte die Anleger dazu, sich von Deutsche-Bank-Aktien zu trennen, sie hat seither rund zehn Prozent verloren.

Nun, an diesem Donnerstag (21.05.2015) haben die Aktionäre das Wort. Es ist nicht schwer vorherzusagen, dass die Hauptversammlung in der Frankfurter Festhalle eher turbulent werden wird. Ungemütliche Aktionärstreffen sind für die Bank in den vergangenen Jahren nichts Neues angesichts der zahlreichen Skandale, in die sie verwickelt ist. Aber in diesem Jahr ist noch eine Menge mehr Zündstoff drin als sonst.

Ärger über die Doppelspitze

Zahlreiche Großaktionäre sind verärgert über das Führungsduo Jürgen Fitschen und Anshu Jain. Der Vorwurf: Viel versprochen, wenig geliefert. Zwar hat der Aktienkurs seit dem Amtsantritt der beiden im Juni 2012 um zwölf Prozent zugelegt. Aber damit gehören die Papiere der Bank im Dax zum Schlusslicht. Der Dax selbst hat in diesem Zeitraum ein Plus von 90 Prozent vorzuweisen. Auch das Versprechen, bis Ende 2015 eine Eigenkapitalrendite von zwölf Prozent zu schaffen, kann nicht gehalten werden. Im vergangenen Jahr lag sie bei 2,7 Prozent. Daher lautet das neue Ziel, mit dem eingesetzten Kapital wenigstens zehn Prozent Ertrag zu erwirtschaften.

Vielen Anteilseignern geht die neue Strategie nicht weit genug. Sie sieht vor, das Geschäft mit den Privatkunden zurückzufahren. Dazu soll die Postbank, die man vor sechs Jahren erworben hat, verkauft werden. Zudem wird das Filialnetz der Deutschen Bank ausgedünnt. Im Investmentbanking will man sich von unrentablen Bereichen trennen. Das alles soll die Bilanzsumme verkleinern und helfen, die strengen Auflagen der Regulierer erfüllen. Das sei nur "ein kleiner Schwenk" statt eines mutigen Schnitts, kritisiert zum Beispiel Klaus Nieding von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Viele Aktionäre hätten eine Aufspaltung der Bank in zwei Säulen aus Privatkundengeschäft und Investmentbanking lieber gesehen.

Neue Mißverständnisse

Auch eine Kommunikationsoffensive der Bank-Spitze zeigt bislang kaum Wirkung. Im Gegenteil: Im Interview mit der "Wirtschaftswoche" antwortet Aufsichtsratschef Paul Achleitner auf die Frage, ob Fitschen und Jain unersetzbar sind: "Wer ist das schon?" Es gehe immer um die Zukunft der Bank und nicht um die von Individuen. Ein Treueschwur ist das definitiv nicht. Jain und Fitschen wiederrum standen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" ausführlich Rede und Antwort und warben für ihre Strategie. Einen Rücktritt schlossen beide aus.

Immer wieder wird die Bank von den Skandalen der Vergangenheit eingeholt. Dabei sorgt die jüngste Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar im Skandal um Zins-Manipulationen noch immer für Aufregung und wird auch auf der Hauptversammlung mit Sicherheit ein großes Thema. Denn dass die Strafe so drastisch ausfiel, wird der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Führungsspitze bei der Aufklärung der Affäre zugeschrieben. Auch, dass Jürgen Fitschen derzeit einmal pro Woche im Landgericht von München auf der Anklagebank sitzt und sich gegen Vorwurf des Prozessbetrugs im Fall Kirch erwehren muss, wird von den Aktionären als Belastung empfunden.

Entlastung ja, aber

Daher empfiehlt der einflussreiche US-Aktionärsberater ISS den Anlegern, dem Vorstand die Entlastung zu verweigern. Es bleibt abzuwarten, wie viele Großaktionäre der Empfehlung folgen werden. Die Aktie der Bank befindet sich fast vollständig im Streubesitz, erst durch die Kapitalerhöhung im vergangenen Jahr haben zwei Anteilseigner die gesetzliche Meldeschwelle von drei Prozent überschritten: Zum einen der sogenannte Ankerinvestor, Paramount Services Holding aus Katar, mit nunmehr 5,8 Prozent und die weltgrößte Fondsgesellschaft Black Rock, der nunmehr 6,6 Prozent der Papiere gehören.

Abstimmungen auf Hauptversammlungen bringen normalerweise Wahlergebnisse wie zu besten DDR-Zeiten. Das könnte an diesem Donnerstag in Frankfurt anders sein. Die Bank rechnet vorsichtshalber schon mal damit, dass bis zu 20 Prozent der Aktionäre dem Vorstand die Entlastung verweigern. Das hat zwar zunächst keine Folgen, denn nur der Aufsichtsrat kann den Vorstand in die Wüste schicken. Ein Schuss vor den Bug wäre es aber allemal. Und so etwas kann die Deutsche Bank, die nach wie vor im Krisenmodus unterwegs ist, überhaupt nicht gebrauchen.