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Fünf Baustellen und ein Lichtblick

Nicolas Martin25. Januar 2016

Das größte deutsche Geldhaus ist an einem historischen Tiefpunkt angelangt: Rekordverlust und Klagewelle - und nun auch noch eine Herabstufung durch eine Ratingagentur. Fünf Fragen und ein bisschen Hoffnung.

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Frankfurt Zentrale der Deutschen Bank
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

An diesem Donnerstag geht es für John Cryan um Schadensbegrenzung. Das Porzellan hat das größte deutsche Geldhaus bereits vergangene Woche zerbrochen. Die Ankündigung eines Verlusts von 6,7 Milliarden Euro im abgelaufenen Jahre brachte einige Dominosteine zu Fall: So verlor alleine der Aktienkurs an einem Tag in der Spitze zehn Prozent.

Seit vergangenem Sommer ist John Cryan Chef der Deutschen Bank. Am kommenden Donnerstag nun wird er abermals vor die Presse treten und die tiefrote Jahresbilanz in ihren Einzelheiten präsentieren. Auf diese Fragen sollte er dringend Antworten haben.

1. Wohin geht die Reise?

"Die Deutsche Bank hat ein Strategieproblem", sagt Thomas Hartmann-Wendels, Bankenexperte von der Universität Köln. Noch vor nicht allzu langer Zeit trat die Bank stark und selbstbewusst auf - doch so langsam scheint niemand mehr wirklich zu wissen, welche Richtung langfristig eingeschlagen wird. Die Verwaltung von Vermögen - ein Kerngeschäft der Bank - leidet unter den Turbulenzen an den Aktien- und Rohstoffmärkten.

Frankfurt Deutsche Bank John Cryan
John Cryan - seit Sommer 2015 Chef der Deutschen BankBild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Auch die Finanzierung von Geschäften ist eingebrochen - nach Medienberichten um beinahe 20 Prozent. " Man sieht die Bank nur noch in der Defensive und es wird nicht klar kommuniziert, wo die zukünftigen Schwerpunkte liegen", so Hartmann-Wendels, Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht.

2. Reichen die Rücklagen?

Egal wo auf dieser Welt - die juristischen Altlasten der Deutsche Bank und ihrer Mitarbeiter wiegen schwer und kratzen mächtig am Image. John Cryan hat 5,2 Milliarden Euro alleine für Rechtsstreitigkeiten reserviert. Ob Libor-Manipulation, Einflussnahme bei Rohstoffpreisen oder krumme Hypothekengeschäfte - die entscheidende Frage ist, ob dieses Geld am Ende genügen wird? "Ich kann nicht sagen, ob das reicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Cryan diese Zahl aber vielleicht sogar etwas höher angesetzt hat, denn, was er jetzt zurückstellt wird nicht ihm angelastet", so Hartmann-Wendels.

Doch es könnte auch anders kommen. In den USA gehen die Behörden aktuell dem Verdacht auf den Verstoß gegen politische Sanktionen nach. Das Gesamtvolumen verdächtiger Geschäfte soll bei sechs Milliarden Dollar liegen.

3. Braucht die Bank neues Geld?

Diese Frage sollte Cryan besser mit "Nein" beantworten, denn ein "Ja" würde Aktionäre und Kunden mächtig aufschrecken. Ganz unwahrscheinlich ist eine Kapitalaufstockung aber nicht. Denn nach den Eigenkapitalregeln als Folge der Finanzkrise muss die Deutsche Bank ihre Rücklagen langsam aufstocken. Bei regelmäßigen Verlusten, hohen Reserven für Rechtsstreitigkeiten und einem teuren Konzernumbau ist im laufenden Etat kein Geld mehr übrig.

Infografik Deutsche Bank Gewinne 2006-2015 Deutsch

Bleibt die Herausgabe neuer Aktien. Doch der Aktienkurs ist massiv im Keller: Von ehemals 103 Euro je Aktie liegt er aktuell bei gerademal bei 16 Euro. "Eine Kapitalaufnahme am Markt ist teuer und verwässert den Aktienkurs für die bisherigen Anteilseigner", sagt Bankenexperte Hartmann-Wendels. Auch bei langfristigen Anleihen sind die Aussichten nicht so rosig: So stufte die Ratingagentur Moody's die Bonität von "A3" auf "Baa1" mit negativem Ausblick. Im Klartext heißt das: Aktuell wäre das Vertrauen in Anleihen noch vorhanden, bei einer Verschlechterung der Wirtschaft könnte es aber schnell entzogen werden. Manch einer in der Branche schreckt mittlerweile sogar nicht mehr davor zurück, vor der Gefahr einer feindlichen Übernahme zu warnen.

4. Läuft die Konkurrenz weiter davon?

Solche Warnungen kommen nicht von ungefähr. Denn die Deutsche Bank hat längst ihren Spitzenplatz in der Weltfinanz räumen müssen. War das Geldhaus viele Jahre unter den Top Ten der Welt, kommt es nach Börsenwert laut Bloomberg nur noch auf Rang 53. Währenddessen schlürfen andere Champagner: Die Bank of America fuhr mit 16 Milliarden Dollar Gewinn das beste Ergebnis der letzten zehn Jahre ein. Das liegt auch daran, dass die Deutsche Bank schlichtweg zu teuer ist. So musste sie laut Handelsblatt im ersten Halbjahr 2015 über 84 Cent aufwenden, um einen Euro zu verdienen. Cyrans Ziel liegt darin, diesen Wert bis 2018 auf unter 70 Cent zu bringen.

5. Wie kommt der Konzernumbau voran?

Um effizienter zu werden, will sich die Deutsche Bank aus zehn Auslandsmärkten zurückziehen. Rund 9000 Mitarbeiter werden ihren Job verlieren - knapp die Hälfte davon in Deutschland. Bis Ende 2017 sollen etwa 200 der 700 Filialen geschlossen werden. Auch die Postbank soll unter den Hammer und damit das Privatkundegeschäft. "Dass ein Konzernumbau bei einem Tanker wie der Deutschen Bank lange dauert, ist normal", sagt Hartmann-Wendels von der Universität Köln. Es sei aber an der Zeit, dass Cyran so langsam eine Art Vision für die Deutsche Bank der Zukunft verkünde.

Prof. Dr. Hartmann-Wendels (Foto: Universität Köln)
Thomas Hartmann-Wendels von der Universität KölnBild: Universität Köln

Ein Lichtblick

Bereits jetzt ist absehbar, dass die Bonuszahlungen des Bankhauses für 2015 radikal gekürzt werden. Die Deutsche Bank rechnet mit ein er Kündigungswelle ihrer verwöhnten Investmentbanker. "Es ist gut, wenn man von den utopischen Renditezielen Abstand nimmt, und Cryan ist der Richtige, um das auch zu vermitteln", sagt Hartmann-Wendels.

Ein bescheidenes Auftreten könne der Bank nur gut tun, um zu ihrer alten Stärke zurückzukehren, meint der Bankenexperte: "Das dauert etwas, aber Deutschland ist eine der stärksten Weltwirtschaften und insofern hat die Deutsche Bank noch einen gewissen Heimvorteil, den sie ausspielen kann."