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Journalisten in Katar inhaftiert

15. Oktober 2013

Im Vorfeld der Fußball-WM 2022 gerät der Ausrichter Katar immer mehr ins Zwielicht. Zwei deutsche Journalisten wurden Anfang des Monats inhaftiert, weil sie über Missstände auf den WM-Baustellen berichten wollten.

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Blick auf Khalifa International Stadium und den 318 Meter hohen Aspire Tower (r) in Doha, der Hauptstadt von Katar. (Foto: Frank Rumpenhorst dpa)
Bild: picture alliance/Frank Rumpenhorst

Ein TV-Produzent und sein Kameramann wurden am 3. Oktober in Katar im Hotel festgenommen und für 27 Stunden inhaftiert. Das berichten Sky Sport News HD und die Süddeutsche Zeitung übereinstimmend. Als Grund sei "anti-katarische Berichterstattung ohne Drehgenehmigung" angegeben worden.

Den Angaben zufolge kamen die beiden Journalisten erst nach Intervention des Auswärtigen Amtes wieder frei. Zuvor waren ihnen Geld, Pässe und Kreditkarten abgenommen worden. Sie waren mit einem Touristen-Visum in das Emirat eingereist.

Spitzel im WM-Land?

"Seit ich morgens um halb sechs in Handschellen zur vierten Vernehmung aus der Zelle abgeholt wurde, habe ich Zweifel daran, dass hier 2022 vor den Augen der Weltpresse eine Fußball-WM gefeiert werden kann", sagte der TV-Produzent. "Obwohl wir undercover als Touristen eingereist waren, wusste die Staatssicherheit über jeden unserer Schritte Bescheid."

Gastarbeiter auf WM-Baustelle in Katar (Foto: KARIM JAAFAR/AFP/Getty Images)
Berichte über Sklavenarbeiter auf WM-Baustellen sind unerwünschtBild: Karim Jaafar/AFP/Getty Images

Die beiden Journalisten wollten über die als skandalös bezeichneten Zustände auf den Baustellen der WM-Spielstätten berichten. Ende September war Katar nach Medienberichten über den Tod von 44 nepalesischen Arbeitern auf WM-Baustellen wegen Verstößen gegen Arbeitsschutzrichtlinien international in die Kritik geraten.

"Da fließen einem die Tränen"

Von den schlechten Bedingungen am Persischen Golf berichtete auch die deutsche Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) nach einem Kontrollbesuch in der vorigen Woche. "Da fließen einem die Tränen, wenn man das sieht", sagte IG-BAU-Vitzechef Dietmar Schäfers in einem "Handelsblatt"-Interview. Er war mit einer internationalen Gruppe von Gewerkschaftern nach Katar gereist, um die Baustellen zu untersuchen.

Katar: Sklavenarbeit für die Fußball-WM

Rund die Hälfte der Bauarbeiter sei miserabel untergebracht. Oft müssten sie zu zehnt in einem Zimmer wohnen, das nur 15 Quadratmeter groß sei. Die Matratzen seien "so dick wie eine Wolldecke", darunter "ein Rost aus Stahlstangen." Die hygienischen Verhältnisse seien mangelhaft. Auch bekämen die Gastarbeiter - viele von ihnen aus Indien oder Nepal - weniger Geld, als ihnen zugesagt worden sei, kritisierte Schäfers. Oft würden ihnen die Pässe abgenommen, damit sie nicht einfach verschwinden könnten.

Allerdings gebe es deutliche Unterschiede: Bei örtlichen Firmen herrschten "bedenkliche Zustände", wo jedoch Gruppen von Firmen aus Europa und den USA das Sagen hätten, seien "die Standards gut."

Mehrheit ist für Absage

Im kommenden Jahr wollen die Gewerkschafter erneut für einen Kontrollbesuch ins Emirat Katar reisen. Doch mittlerweile mehren sich die kritischen Stimmen in Deutschland, die eine Neuvergabe der WM 2022 fordern. In einer repräsentativen Umfrage des Nürnberger Forschungsinstituts puls im Auftrag des Sport-Informations-Dienstes (SID) sprachen sich drei Viertel aller Befragten dafür aus, Katar die WM wieder zu entziehen. Lediglich 16 Prozent sind demnach dafür, dem Kurs der FIFA zu folgen und die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar stattfinden zu lassen.

mak/rb (afp, sid)