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Politik

Yücels Foltervorwürfe schrecken Politik auf

11. Mai 2019

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Brand, forderte eine Untersuchung der UN über die Zustände in türkischen Gefängnissen. Grünen-Chefin Baerbock rief die Bundesregierung zum Handeln auf.

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Berlin Journalist Deniz Yücel zur Vernehmung vor Amtsgericht
Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

Der Journalist Deniz Yücel hatte vor einem Berliner Gericht erklärt, er sei während seiner einjährigen Haft in der Türkei gefoltert worden. Er gehe davon aus, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zumindest die politische Verantwortung dafür trage oder die Misshandlungen sogar angeordnet habe.  Die Deutsche Welle veröffentlichte seine Verteidigungsrede exklusiv im türkischen Original und in der Übersetzung ins Deutsche.

Hier hört die Freundschaft auf

"Bei Folter und brutalen Menschenrechtsverletzungen hört die Freundschaft auf", erklärte der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Brand. Die "offenkundig systemische Folter" in türkischen Gefängnissen müsse umgehend und systematisch untersucht werden. Die Untersuchung müsse durch die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet geführt werden. Die frühere chilenische Präsidentin war während der Militärdiktatur in ihrem Land selbst Opfer von Folter geworden.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte die Bundesregierung auf, den Druck auf die Türkei zu erhöhen. "Die Bundesregierung muss gegenüber der Türkei endlich klar und unmissverständlich für Menschenrechte und Demokratie eintreten", sagte sie dem "Spiegel". Durch die Abhängigkeit der Türkei von Exporten in die EU sowie europäische Investitionen habe Deutschland "einen großen Hebel, um sich einer weiteren Eskalation der Türkei in Richtung Autokratie entgegenzustellen".

Türkei muss halten, was sie zugesagt hat

Das Auswärtige Amt forderte die Regierung in Ankara auf, sich an die Anti-Folterkonvention der Vereinten Nationen zu halten. "Wir verurteilen jede Form von Folter und Misshandlung, sie stehen außerhalb des Rechts", sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage, ohne konkret auf die Foltervorwürfe Yücels einzugehen. Die Sprecherin forderte die türkische Regierung aber "mit Nachdruck" dazu auf, "sich an die internationalen Standards zu halten, zu denen sie sich selbst verpflichtet hat". Dazu gehörten neben der UN-Konvention auch Verpflichtungen des Europarats zur Verhütung von Folter.

Deniz Yücel war am 14. Februar 2017 in Istanbul festgenommen worden. Ihm werden wegen zahlreicher Zeitungsartikel "Volksverhetzung" und "Terrorpropaganda" vorgeworfen, laut seinem Anwalt drohen ihm bis zu 18 Jahre Haft. Die Bundesregierung sieht die Vorwürfe als politisch motiviert an. Der Fall belastete das deutsch-türkische Verhältnis schwer. Ein Jahr nach seiner Verhaftung wurde Yücel freigelassen und verließ die Türkei in Richtung Deutschland.

Das Verfahren gegen ihn vor einem türkischen Gericht läuft in Abwesenheit weiter. Seine Verteidigungsschrift hatte Yücel am Freitag beim Berliner Amtsgericht Tiergarten eingereicht. Dieses nahm die Aussage im Rahmen deutsch-türkischer Rechtshilfeabkommen entgegen.

haz/kle (afp, dpa)