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Deutsche Rüstungsindustrie soll deutsch bleiben

Steffen Leidel20. August 2003

Die Bundesregierung will den Verkauf deutscher Rüstungsfirmen ins Ausland - vor allem an US-Konzerne - per Gesetz erschweren. Die Rüstungsindustrie hält davon aber gar nichts und fordert stattdessen offene Märkte.

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"Made in Germany": Leopard-2 PanzerBild: AP

Firmen wie DaimlerChrysler eignen sich besonders gut für Erfolgsgeschichten à la "Made in Germany". Das weiß auch Bundeskanzler Gerhard Schröder, der sich gerne freudestrahlend an der Seite der Bosse des deutschen Vorzeigekonzerns zeigt. Dem Lächeln folgen nun Sorgenfalten. Die Pläne von Daimler, aus der Rüstungssparte des Konzerns die Tochter MTU Aero Engines ins Ausland zu verkaufen, missfallen Schröder, der dazu deutliche Worte fand: "Deutschland hat ein Interesse daran, dass das Maß an Kapazitäten, das wir in der Rüstung haben, in Deutschland bleibt."

Für den Triebwerkshersteller MTU aus München gibt es mehrere Interessenten, darunter die US-amerikanische Carlyle Group. Die Bundesregierung fürchtet offenbar den Ausverkauf deutscher Rüstungsfirmen vor allem an die US-Konkurrenz. Im März 2002 hatte bereits die US-Investorgruppe One Equity Partner die Kieler Werft HDW (Howaldtswerke Deutsche-Werft AG), die weltweit beim U-Boot-Bau führend ist, übernommen. Nach Ansicht von Branchenkennern ist die Bundesregierung damals von dem Kauf überrumpelt worden. HDW steht nun erneut zum Verkauf und wieder wartet mit dem Rüstungsriesen Northrop Grumman ein US-amerikanischer Bewerber in den Startlöchern. Bundeskanzler Schröder hat bereits deutlich gemacht, dass er eine "deutsche Lösung" oder zumindest eine europäische bevorzugt.

Sorge vor Know-How Transfer

Künftig will die Bundesregierung das letzte Wort bei Veräußerungen in der Rüstungsbranche haben. Noch in diesem Jahr soll ein Gesetz verabschiedet werden, mit dem der Verkauf an ausländische Unternehmen erschwert wird. So soll der Regierung ein Vetorecht bei der Veräußerung von Wehrtechnik-Unternehmen ins Ausland eingeräumt werden, wenn Ausländer mehr als 25 Prozent an einer deutschen Rüstungsfirma kaufen wollen. In einem Zeitungsinterview sagte Struck am Dienstag (19.8), es dürfe nicht dazu kommen, dass durch Firmenübernahmen plötzlich kein deutsches Know-How mehr da sei.

Die Rüstungsindustrie hält von der Gesetzesnovelle gar nichts. Der beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) für Rüstung zuständige Abteilungsleiter, Timm Meyer, fürchtet, ausländische Investoren könnten dadurch abgeschreckt und eine Einbeziehung deutscher Rüstungsunternehmen in den europäischen Rüstungsmarkt erschwert werden. "Grenzüberschreitende Bündnisse sind unerlässlich", sagt Meyer im Gespräch mit DW-WORLD. Der angeschlagenen deutschen Rüstungsindustrie, die seit 1990 um zwei Drittel geschrumpft sei, bliebe angesichts der mageren Auftragslage keine andere Wahl. "Die Frage ist, auf welcher Basis können die Unternehmen überleben. Finden sie in Deutschland und Europa keine Partner, bleibt nur die transatlantische Lösung", so Meyer.

Zukunftsmarkt USA ist abgeschottet

Auch beim deutsch-französisch-spanischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS hält man die Pläne der Bundesregierung für einen Rückschritt. "Es gibt zu wenig Aufträge in der Rüstungsindustrie. Wir brauchen stattdessen mehr Investitionen im Rüstungsbereich und vor allem Planungssicherheit", sagt Rainer Ohler, Sprecher von EADS in Deutschland. Er befürwortet ein Modell wie in Großbritannien. "Da spielt es keine Rolle welche Nationalität ein Rüstungskonzern hat, sondern es geht darum, was leistet das Unternehmen für den Standort Großbritannien", sagt Ohler zu DW-WORLD.

EADS will seinen Verteidigungsbereich bis 2005 um zwei Drittel auf 10 Milliarden Euro steigern. Expansionsmöglichkeiten auf dem europäischen Markt sind aber beschränkt, am lukrativsten bleiben die USA. Dort herrschen aber im Gegensatz zu Europa strikte Restriktionen. Sicherheitsrelevante Technologien dürfen nur von US-Firmen geliefert werden. "Auch hier sind wir gegen die Abschottung und für offene Märkte", sagt Ohler, der hofft, dass EADS das Vertrauen des Pentagon gewinnen kann. Erste Lieferungen von Hubschraubern an Küstenwache und Polizei habe es bereits gegeben. Dennoch sind die Karten für europäische Rüstungsfirmen in den USA schlecht. Andererseits ist für die Amerikaner der europäische Rüstungsmarkt von großer Bedeutung: Bereits ein fünftel des europäischen Rüstungsmarktes ist in US-amerikanischer Hand.