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Deutsche Unternehmen bleiben in Tunesien

Katharina Pfannkuch16. Oktober 2013

Während die Gewalt in Ägypten und Syrien eskaliert, bemüht sich Tunesien um eine friedliche Lösung der dortigen Krise - bislang allerdings erfolglos. Doch deutsche Unternehmen wollen trotzdem bleiben.

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Symbolbild Flagge Tunesien (Foto: FETHI BELAID/AFP/Getty Images)
Bild: Fethi Belaid/AFP/Getty Images

Die Zahlen sind besorgniserregend: Über 150 ausländische Unternehmen schlossen in den vergangenen zwei Jahren die Türen ihrer Niederlassungen am Standort Tunesien, mehr als 5000 Arbeitsplätze wurden seit der Revolution gegen das Regime von Ben Ali 2011 im Ursprungsland des sogenannten "Arabischen Frühlings" gestrichen. Politische Instabilität, Streiks, Herabstufungen durch internationale Ratingagenturen, eine noch immer fehlende Verfassung: Ausländische Unternehmer und potenzielle Investoren sind zunehmend verunsichert, ob das kleine Mittelmeerland Tunesien tatsächlich der ideale Standort ist.

Allein im Zeitraum zwischen Januar und August 2013 verließen 15 ausländische Unternehmen Tunesien. Vor allem Firmen mit französischer und italienischer Beteiligung verlieren das Vertrauen in den Standort, der nach den Morden an den Oppositionspolitikern Chokri Belaid im Februar und Mohamed Brahmi im Juli seine schwerste Regierungskrise seit dem Sturz des Ben Ali-Regimes vor zwei Jahren erlebt. Auch der deutsche Automobilzulieferer Continental kündigte jetzt an, dem Land Ende des Jahres den Rücken zu kehren. 400 Beschäftigte werden dann ihren Arbeitsplatz verlieren, die Produktion soll nach Tschechien und Frankreich verlagert werden.

Demonstranten in der tunesischen Hauptstadt Tunis (Foto: Katharina Pfannkuch)
Demonstranten in der Hauptstadt TunisBild: Katharina Pfannkuch

Conti geht - aber nicht wegen der Politik

"Die Entscheidung von Continental hat nach unseren Informationen jedoch nichts mit der aktuellen politischen Lage in Tunesien zu tun", sagt Dagmar Ossenbrink, Geschäftsführerin der Außenhandelskammer (AHK) Tunis. Auch die Continental-Leitung selbst betonte in einer Erklärung, dass ihre Entscheidung gegen Tunesien ausschließlich logistische Gründe habe, und nicht mit der politischen Krise zusammenhänge.

"Natürlich verfolgen die deutschen Unternehmen in Tunesien die politischen Entwicklungen aufmerksam", erklärt Ossenbrink. Konkrete Konsequenzen für die Geschäfte der Deutschen am Mittelmeer habe die sich seit Ende Juli verschärfende Regierungskrise aber nicht: "Bei den deutschen Unternehmen in Tunesien gibt es bisher keinerlei Auswirkungen der aktuellen Krise auf die Geschäftstätigkeit, die Exportzahlen oder auf die aktuellen Investitionen".

"Da ist Musik drin"

Über 250 deutsche Unternehmen gibt es in Tunesien: Der Lebensmittelproduzent Dr. Oetker ist hier ebenso zu finden wie der Automobilzulieferer Leoni. Die Firma Schleich veredelt ihre Spielzeugfiguren in Tunesien, auch das Unternehmen Steiff produziert in dem kleinen Mittelmeerland. Der AHK Tunis sei kein einziges deutsches Unternehmen bekannt, das Tunesien seit der Revolution vor zwei Jahren aufgrund der politischen Entwicklungen verlassen habe, sagt Dagmar Ossenbrink.

Dagmar Ossenbrink, Geschäftsführerin der Außenhandelskammer Tunis (Foto: AHK Tunis)
Dagmar Ossenbrink, AHK TunisBild: Dagmar Ossenbrink

Schon im vergangenen Jahr zeigten sich die deutschen Manager in Tunesien zuversichtlich. "2012 haben die deutschen Unternehmen in Tunesien so viel investiert, wie in den letzen zehn Jahren nur zwei Mal", so Ossenbrink. Auch ihre Prognose für 2013 klingt optimistisch: "70 Prozent der Firmen kündigten an, in diesem Jahr entweder genauso viel wie 2012 oder sogar noch mehr zu investieren."

"Es ist die beste Referenz für Tunesien, wenn die Unternehmen, die hier schon lange ansässig sind, weitermachen und expandieren". Zudem steige in Deutschland das Interesse am Standort Tunesien. "Deutsche Unternehmen gelten in Tunesien als attraktive Arbeitgeber und verlässliche Partner", sagt Ossenbrink. Partner, die das Land braucht: "Die amtierende Übergangsregierung, alle Parteien und zivilgesellschaftlichen Gruppierungen sind sich einig: Tunesien will ausländliche Investoren". Ossenbrink glaubt an den Standort Tunesien: "Wenn sich jetzt noch die politische Lage stabilisiert und bald Wahlen stattfinden, dann ist hier viel Musik drin".