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Deutsche Wirtschaft investiert Milliarden in China

2. November 2001

Die deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen sollen durch Schröders Besuch neue Impulse bekommen. Schon jetzt ist Deutschland einer der wichtigsten Handelspartner Chinas.

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Alt und neu in SchanghaiBild: AP

China eignet sich zu Superlativen. Es ist nicht nur das bevölkerungsreichste Land der Erde. Experten verweisen immer wieder darauf, dass China mit einer Wachstumsrate von rund sieben Prozent China schon jetzt weltweit ein Spitzenreiter sei. Nun ist Bundeskanzler Schröder nach Angaben der Regierungskreise mit der "wohl größten Wirtschaftsdelegation, die jemals mit einem Kanzler unterwegs war" nach China gereist. Dazu gehören neben Wirtschaftsminister Werner Müller und Innenminister Otto Schily auch 47 Manager.

Es sollen mehr als 20 Verträge unterzeichnet werden. Der Chemiekonzern BASF wird eine Vereinbarung über den Bau eines Werkes in Caojing, 50 Kilometer vom Stadtzentrum von Schanghai, unterzeichnen. Es hat einen Umfang von mehr als vier Milliarden Mark. Bayer wird etwa sechs Milliarden Mark investieren. Verhandelt wird auch über die Bestellung von bis zu 50 Airbus-A-320-Flugzeuge im Wert von 2,5 Milliarden Mark.

Hoffnung auf neue Projekte mit Transrapid

In Schanghai weiht Schröder ein Thyssen-Stahlwerk ein und besichtigt die Baustelle der Magnetbahn Transrapid. Bereits 2003 soll die 30 Kilometer lange Strecke zwischen dem Flughafen Pudong und der Stadtzentrums von Schanghai fertig seien. Das Projekt wird von dem Konsortium Transrapid International umgesetzt, dem die Konzerne Siemens und Thyssen Krupp angehören.

Die Äußerungen von Ministerpräsident Zhu Rongji gegenüber der Zeitschrift "Stern" haben Hoffnungen auf neue Transrapid-Projekte in China genährt. Falls die geplante 30 Kilometer lange Modellstrecke vom Flughafen zum Zentrum Schanghais ein Erfolg wird, könnte in ganz China ein solches System entstehen, sagte Zhu Rongji. "Schon seit Jahren planen wir eine Verbindung zwischen Peking und Schanghai. Französische oder japanische Technik? Mir gefällt die deutsche gut." Bei einem China-Besuch von Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) im Mai hatte Zhu bereits den Bau einer etwa 1300 Kilometer langen Transrapid-Strecke zwischen Peking und Schanghai in Aussicht gestellt. Auch diese hatte er allerdings von einem Erfolg der Modell-Strecke in Schanghai abhängig gemacht.

Enorme Zuwachsraten bei Im- und Export

Deutschland will die deutsch-chinesischen Beziehungen weiter ausbauen. Einen entscheidenden Auftrieb wird vom Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation WTO erwartet. "In fünf Jahren wird China voraussichtlich die Nummer Drei im gesamten Wirtschaftsaustausch Deutschlands sein", sagt der Vorsitzende des China-Ausschusses des Bundesverbandes der Deutschen Industrie BDI, Jürgen Heraeus. Die Zuwachsraten bei Im- und Export in den vergangenen Jahren seien enorm. Nach BDI-Angaben betrug das Handelsvolumen im vergangenen Jahr rund 35 Milliarden Mark. Der Export aus China nach Deutschland im vergangenen Jahr ist mit einem Volumen von 35,9 Milliarden Mark wesentlich höher als der chinesische Import von in Deutschland produzierten Gütern, der nur auf etwa 18,4 Milliarden Mark beziffert wird. International steht Deutschland in der Rangfolge der Handelspartner Chinas auf Platz sechs nach Japan, Hongkong, den USA, Südkorea und Taiwan.

Wolkenkratzer in Shanghai
Skyline in SchanghaiBild: AP

Deutsche Unternehmen haben nach Angaben des Wirtschaftsministeriums mittlerweile rund 15 Milliarden Mark in 2300 Wirtschaftsprojekte in China investiert. Damit ist Deutschland Chinas zweitgrößter europäischer Investor nach Großbritannien. Dennoch investieren Deutsche Unternehmen wesentlich mehr in Hongkong, Taiwan oder Japan.

Gute Perspektiven bei Ausbau der Infrastruktur

Die interessantesten Perspektiven für deutsche Unternehmen in China seien der Infrastruktur- und der Energiesektor, sagt Heraeus. China plant den Bau von 10.000 Kilometern Autobahnen und 7000 Kilometern Eisenbahntrassen. Zudem sollen 290 Millionen neue Telefonanschlüsse installiert und 190.000 Kilometer Stromleitungen verlegt werden. "Nach dem WTO-Beitritts gibt es dann auf dem ganzen Dienstleistungssektor Chancen, von Versicherungen und Banken bis zu anderen Finanzdienstleistungen, wo bisher große Restriktionen bestanden", erwartet Heraeus.

Neben der Öffnung des Marktes etwa für Bauspargeschäfte sieht die WTO-Vereinbarung mit China radikale Zollsenkungen vor. So sollen die Industriezölle von durchschnittlich rund 25 Prozent auf zehn Prozent fallen. Zölle und Importquoten für High-Tech-Produkte wie Computer werden ganz abgeschafft.

Menschenrechtsverletzungen trüben Beziehungen

Dennoch sind die Aussichten auf die deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen nicht ungetrübt. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) verwies auf die Menschenrechtslage im chinesischen Herrschaftsbereich hin, die "katastrophaler als je zuvor in den letzten 30 Jahren". Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus dürfe nicht den Blick verstellen auf Terror und Willkür eines Staates gegen seine Bürger, warnte die GfbV. "Diplomatisches Schweigen" wäre auch für die deutsch-chinesischen Handelsbeziehungen ein zu hoher Preis, so die GfbV. Peking müsse nicht hofiert werden, denn das Interesse am deutschen Markt sei nach wie vor groß.

Ein Bericht der DG-Bank vom September weist darauf hin, dass der Umbau der Staatswirtschaft "große Unsicherheit" schafft. Die Regierung gehe deutlich repressiver gegen politisch Andersdenkende vor. Außerdem blieben die ökonomischen Rahmenbedingungen weitgehend schwierig. Nach Einschätzung von Analysten muss Chinas Wirtschaft um mindestens sieben Prozent pro Jahr wachsen, damit die Arbeitslosigkeit nicht durch die Reform maroder Staatsbetriebe und die massive Zuwanderung in die Städte steigt. Nach Ansicht von Noy Siackhachanh, China-Expertin bei der Deutschen Bank in Frankfurt, sei Chinas Wirtschaft noch "relativ geschlossen", die Inlandsnachfrage sei stark. Obwohl die Exporte jahrelang dramatisch stiegen und ein Motor für den wirtschaftlichen Wandel sind, bleibe ihr Anteil an der Gesamtwirtschaft immer noch vergleichsweise gering.