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Deutsche wollen weniger Flüchtlinge aufnehmen

28. September 2023

Fast zwei Drittel der Deutschen sind unzufrieden mit der Migrationspolitik- so der ARD-Deutschlandtrend. Die Ampel hat keine Mehrheit mehr.

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Polizist hält eine "Halt-Polizei-Kelle" nach oben, im Hintergrund ein nahendes Auto, daneben steht ein Polizei-Wagen
Eine Mehrheit der Deutschen hält verstärkte Grenzkontrollen in der Migrationspolitik für richtigBild: Tino Plunert/picture alliance/dpa

In Brüssel haben die EU-Innenminister über die geplante Reform des EU-Asylrechts gesprochen. Dabei ging es um die sogenannte Krisenverordnung. Die sieht vor, dass etwa bei einem besonders starken Anstieg der Migration der Zeitraum verlängert werden kann, in dem Flüchtlinge unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Zudem könnte der Kreis der Menschen vergrößert werden, der für die geplanten strengen Grenzverfahren infrage kommt.

In Deutschland lehnen die Grünen eine solche Verschärfung eigentlich ab. Doch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat ein Machtwort gesprochen und die Bundesinnenministerin angewiesen, in Brüssel zuzustimmen. Laut ARD-Deutschlandtrend finden es zwei Drittel der Bürger richtig, dass die Bundesregierung im Umgang mit Flüchtlingen eine Lösung auf EU-Ebene anstrebt.

Rund ein Drittel der Befragten würde nationale Lösungen vorziehen. Eine Mehrheit zweifelt zudem daran, dass es eine europäische Lösung geben wird. 70 Prozent (+11) meinen, das sei zeitnah auf europäischer Ebene nicht realisierbar, 23 Prozent (-13) halten es für machbar. Die Meinungsforscher befragten zwischen dem 25. und 27. September repräsentativ insgesamt 1302 wahlberechtigte Deutsche. 

Es funktioniert nicht, wie es sollte

Bis August haben in diesem Jahr bereits mehr als 220.000 Menschen in Deutschland einen Antrag auf Asyl gestellt. Gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres bedeutet dies einen Anstieg um rund 77 Prozent. Immer mehr Städte und Gemeinden, deren Aufgabe es ist, die Menschen unterzubringen und zu versorgen, schlagen Alarm und sagen, dass sie keine Kapazitäten mehr haben. Auch die Bürger sind unzufrieden mit der Situation.

Dass die Unterbringung und Verteilung von Flüchtlingen in Deutschland eher schlecht oder sehr schlecht funktioniert, finden aktuell 73 Prozent der Befragten. Dementsprechend finden nur noch 19 Prozent, dass dies sehr gut oder eher gut gelingt. 78 Prozent sind der Meinung, dass die Integration von Flüchtlingen in die Gesellschaft oder den Arbeitsmarkt eher schlecht oder sehr schlecht gelingt. 80 Prozent sagen das beim Blick auf die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern.

Weniger Flüchtlinge aufnehmen

Die wachsende Zahl der Asylanträge hat den Streit über die deutsche Migrationspolitik wieder aufleben lassen. Dazu kommt, dass am 8. Oktober in Bayern und Hessen ein neues Landesparlament gewählt wird, das lässt auch die politischen Debatten nervöser werden. 

Im ARD-Deutschlandtrend sprechen sich zwei Drittel der Befragten dafür aus, die Flüchtlingszahlen zu begrenzen. 

27 Prozent wollen genauso viele Flüchtlinge wie derzeit aufnehmen, nur fünf Prozent der Befragten plädierten dafür, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen soll. 

Angesichts sichtbarer Defizite in der Flüchtlingspolitik wächst die Skepsis gegenüber der Zuwanderung insgesamt. 64 Prozent - und damit deutlich mehr als noch im Frühjahr - verbinden mit der Migration vor allem Nachteile für die Bundesrepublik. Nur 27 Prozent sehen in der Zuwanderung eher Vorteile für Deutschland. 

Was kann getan werden, um die Zuwanderung zu verringern?

Die Meinungsforscher gaben in ihrer Umfrage Möglichkeiten vor, mit denen die Flüchtlingszahlen reduziert werden könnten und fragten, ob die jeweilige Maßnahme für richtig oder falsch gehalten wird.

Rund acht von zehn Deutschen halten verstärkte Grenzkontrollen und Flüchtlingsabkommen mit afrikanischen Staaten für richtig. Seit der bayerische CSU-Chef Markus Söder eine "Integrationsgrenze" bei der Aufnahme von Asylbewerbern gefordert hat, wird auch wieder über eine Obergrenze zur Aufnahme von Flüchtlingen gestritten. 

Kritiker unterstreichen, dass eine solche Obergrenze mit Blick auf internationales Recht nicht einzuhalten sei. Doch 71 Prozent der Deutschen finden eine solche Obergrenze richtig. Die Zustimmung zieht sich durch alle Parteianhänger mit Ausnahme der Grünen. 69 Prozent der Befragten halten die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als sichere Herkunftsländer für richtige Maßnahmen. 

Schlechte Noten für die Regierung

Die Kritik an der Bundesregierung bleibt groß. Wie im letzten ARD-Deutschlandtrend sind 79 Prozent der Befragten mit der Arbeit von Bundeskanzler Olaf Scholz und seinen Ministern nicht zufrieden. Blickt man auf die Anhänger der drei Regierungsparteien, dann sind allein die Wähler der Grünen mit 57 Prozent überwiegend zufrieden. Die Anhänger der SPD sind gespalten, von den FDP-Wählern sind 77 Prozent unzufrieden mit der Regierung. 

Das macht sich auch in den Zustimmungswerten zu den Parteien bemerkbar.

SPD, Grüne und FDP wären weiterhin ohne gemeinsame Mehrheit, wenn am kommenden Sonntag ein neuer Bundestag gewählt würde. Die CDU/CSU liegt mit 28 Prozent unangefochten vorn, gefolgt von der AfD mit 22 und der SPD mit 16 Prozent. Die Grünen kämen auf 14, die FDP auf sechs Prozent. Die Linke würde mit vier Prozent nicht mehr in den Bundestag einziehen. Die Freien Wähler, die in Bayern in der Landesregierung sind, kämen bundesweit auf drei Prozent. 

Blick auf die Demokratie in Deutschland

Vor 33 Jahren fand die Deutsche Wiedervereinigung statt. Die Meinungsforscher nahmen das zum Anlass, nach der Zufriedenheit mit der Demokratie zu fragen. 87 Prozent der Westdeutschen (-4 zu Oktober 2022) und 77 Prozent der ostdeutschen Wahlberechtigten (+2) wissen sie als gute Regierungsform wertzuschätzen. Allerdings überzeugt die Praxis der bundesdeutschen Demokratie deutlich weniger. 

In Westdeutschland ist knapp die Hälfte mit ihrem Funktionieren zufrieden, in Ostdeutschland sind es nur drei von zehn Befragte. Damit ist die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie in beiden Teilen der Republik rückläufig.