"Deutsches Bier" - Made in Guatemala
16. Juni 2023"Bier brauen können viele. Die große Kunst ist es dafür zu sorgen, dass es auch jeden Tag gleich schmeckt", sagt Diego Escoto (36), zweiter Braumeister der Cerveceria Centralamericana in Guatemala-Stadt in perfektem Deutsch. Er ist ein Beispiel dafür, wie deutsch-mittelamerikanische Zusammenarbeit funktionieren kann. Studiert hat Escoto an der TU München. Die Brauerei schickt ihre besten Leute nach Deutschland und der in Guatemala-Stadt geborene Escoto gehörte wie eine Handvoll anderer Fachkräfte dazu.
Nun steht er als zweiter Braumeister in der größten Brauerei des mittelamerikanischen Landes. Hier wird unter anderem das populäre Gallo produziert, ein Verkaufsschlager in Guatemala. Ein Lager-Bier, am ehesten vergleichbar mit einem Pils in Deutschland. "Meine Aufgabe ist es, von den Rohstoffen bis zum Endprodukt alles zu kontrollieren. Das Bier muss jeden Tag das gleiche Aroma, den gleichen Geschmack, die gleiche Qualität haben." Im Idealfall fruchtig, blumig.
Hochmodern und effizient
Escoto erklärt auf seinem Rundgang die einzelnen Prozesse des Briebrauens. Es spricht von Gärung, von Würze, von einer Reifungsphase die 10 bis 11 Tage dauert. Und gibt dabei einen interessanten Einblick, wie hochmodern und zielorientiert die Brauerei produziert. "Wir versuchen so effizient wie möglich zu arbeiten", sagt Escoto. So wird zum Beispiel der im Prozess erzeugte Dampf als Energiequelle wieder verwendet. Ein Wandlungskondensator macht es möglich.
Deutsche Technologie in Guatemala
Doch nicht nur das perfekte Deutsch und das Brauerei-Fachwissen von Escoto beeindruckt. Das Unternehmen ist voller deutscher Technologie. Von der Software von Siemens in der "Kommandozentrale" bis hin zu in der Branche wohlklingenden Namen wie Ziemann, KHS oder Steinecker.
In Deutschland ausgebildete Fachkräfte bringen als Nebeneffekt auch das Wissen über deutsche Qualitätsstandards mit. Einige dürften auch an deutschen Produktionsanlagen gelernt haben. Deutsches Brauerei-Knowhow ist ein Exportschlager. Escoto fasst es kurz zusammen: "Wir haben viele deutsche Anlagen hier in der Brauerei."
Auf der Internetseite der Ziemann Holvrieka GmbH aus Ludwigsburg etwa heißt es dazu in einer Pressemitteilung bestätigend: "Eine weite Besonderheit ist der Heißwasserbetrieb des neuen Sudhauses. Es gibt Cervecería Centroamericana die Möglichkeit, jederzeit auf nachhaltige Energieversorgung wie Solarthermie umzusteigen."
"Das Tor zu Nordamerika"
Die Cervecería Centroamericana ist eines der erfolgreichsten Unternehmen in Guatemala. Inzwischen produziert das Haus in zwölf Ländern und hat über den Daumen gerechnet eine Belegschaft von mehreren tausend Mitarbeitern, teilt ein Sprecher mit. Indirekt sind weiter über 70.000 Menschen im Umfeld der Produktion, des Vertriebs und des Transports tätig. "Wir produzieren hier etwa 3,4 Millionen Hektoliter im Jahr", sagt Escoto. Das meiste davon ist für den guatemaltekischen Markt.
Roberto Ardon vom guatemaltekischen Industrieverband CACIF wirbt um deutsche Partner: "Wir sind das Tor zu Nordamerika. Guatemala ist ein ökonomisch stabiler verlässlicher Partner. Wir brauchen gutes Knowhow und bieten Wachstumspotential." Guatemala liegt in der Nähe der stärksten Volkswirtschaft der Welt und ist gut mit Mittelamerika und der Karibik vernetzt, einem Markt mit 60 Millionen Verbrauchern, stellt Ardon heraus.
Wirtschaftlich stabil, politisch umstritten
Während Guatemalas wirtschaftliche Lage weitgehend stabil ist, macht die politische Entwicklung zunehmend Sorgen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das jüngste Urteil gegen den regierungskritischen Journalisten Jose Ruben Zamora scharf. Der Gründer von El Periodico hatte immer wieder über Korruption in Politik und Eliten berichtet. Nun wurde er selbst wegen Geldwäsche zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Die Interamerikanische Pressegesellschaft spricht von fehlender Unabhängigkeit der guatemaltekischen Justiz. Von den Wahlen am 25. Juni wurden aussichtsreiche Kandidaten wie die linke Politikerin Thelma Cabrera oder der Unternehmer Carlos Pineda ausgeschlossen. Nery Rodenas, Leiter des Menschenrechtsbüros des Erzbistums Guatemala-Stadt (ODHAG), sagte jüngst Katholischen Nachrichtenagentur (KNA): "Guatemala ist ein Land, das sich wie andere Länder in Mittelamerika allmählich in eine Diktatur verwandelt, in eine Scheindemokratie, die aber keine wirkliche Demokratie ist."
Sofia Hempel von Germany Trade and Invest (GTAI) sagte der Tageszeitung La Prensa Libre nach einem Besuch im Herbst: "Guatemala muss seinen schlechten Ruf loswerden und die Möglichkeiten, die es ausländischen Investoren bietet, besser bekannt machen. Gerade in der heutigen Zeit suchen viele Unternehmen nach neuen Absatz- und Investitionsmärkten, um die Risiken in der Lieferkette zu verringern."
Transparenzhinweis: Teile des Beitrages wurden auf einer Pressereise auf Einladung des "Koordinierungsausschusses der landwirtschaftlichen, gewerblichen, industriellen und finanziellen Verbände" (CACIF) recherchiert.