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Deutschland bleibt im "Fadenkreuz" des IS

14. Januar 2016

Die Gefahr von Anschlägen wie in Paris ist laut Bundesinnenministerium unverändert hoch. Verfassungsschutzpräsident Maaßen plädiert für ein neues "Risikomanagement".

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Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei in Düsseldorf (foto: dpa)
Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei in DüsseldorfBild: picture-alliance/dpa/F. P. Tschauner

In einem vertraulichen Bericht des Bundesinnenministeriums werden terroristische Gewaltakte von Extremisten des "Islamischen Staats" wie in Paris offenbar "jederzeit" für möglich gehalten. "Wir stehen im Fadenkreuz", sagte eine Ministeriumssprecherin der Nachrichtenagentur AFP. Sie reagierte damit auf einen Bericht der "Bild"-Zeitung, die aus dem "Geheimpapier" zitiert: "Deutschland ist erklärtes und tatsächliches Ziel dschihadistisch motivierter Gewalt". Dabei handele es sich "nicht um eine völlig neue Einschätzung", schränkte die Ministeriumssprecherin ein.

"Symbolhafte" und "weiche" Ziele im Visier

Sie verwies auf ein auch AFP vorliegendes Schreiben des Bundeskriminalamts (BKA) an Vertreter der deutschen Wirtschaft von Anfang Dezember. Darin heißt es, Deutschland stehe im "erklärten Zielspektrum" der Dschihadistenorganisation IS. Möglich seien Anschläge auf Vertreter des Staates sowie insbesondere auf "symbolhafte" und "weiche" Ziele. "Hierfür kommen weiterhin auch Sportgroßveranstaltungen sowie andere öffentliche Veranstaltungen in geschlossenen Räumen oder unter freiem Himmel in Frage."

In dem BKA-Schreiben wird weiterhin gewarnt, es seien "zukünftig multiple, teilweise über mehrere Tage zeitversetzte, Anschläge möglicherweise mehrerer agierender Zellen gegen verschiedene Zielkategorien einzukalkulieren". Dafür könnten neben Schusswaffen und unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen auch gezielt Selbstmordattentäter zum Einsatz kommen.

Als Täter kommen laut der BKA-Analyse aus Syrien und dem Irak zurückgekehrte Dschihadisten in Frage. Den deutschen Sicherheitsbehörden liegen nach Angaben des Bundesinnenministeriums derzeit Erkenntnisse zu mehr als 780 Islamisten vor, die aus Deutschland in Richtung Syrien und Irak gereist sind, um dort auf Seiten des IS und anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teilzunehmen oder diese anderweitig zu unterstützen. Etwa ein Drittel der Ausgereisten befinde sich inzwischen wieder in Deutschland.

Die Zahl der islamistischen "Gefährder" in Deutschland ist offensichtlich so hoch wie nie. Inzwischen stufen die Sicherheitsbehörden 446 Personen aus der Islamisten-Szene so ein, wie eine Sprecherin des BKA auf dpa-Anfrage erklärte. Das heißt, diesen Personen trauen Polizei und Geheimdienste potenziell zu, dass sie einen Terrorakt begehen könnten.

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen (foto: dpa)
Verfasssungschutzpräsident MaaßenBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

"IS hat uns den Krieg erklärt"

Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen hält angesichts der sich häufenden Terrorhinweise in Deutschland ein neues "Risikomanagement" für notwendig. Bisher stehe etwa nicht fest, ob die Warnung in der Silvesternacht in München ein Fehlalarm gewesen sei, sagte er dem RBB-Inforadio. "Der IS hat uns, Deutschland und dem Westen, den Krieg erklärt, und er will Terroranschläge durchführen", warnte auch Maaßen in dem Interview.

Nicht immer sofort Spielabsage

Es sei den Nachrichtendiensten nicht immer möglich, die reale Gefahr rasch und exakt zu prüfen. Im Zweifel müssten dann die Sicherheitsmaßnahmen hoch gefahren werden, sagte Maaßen. Er fügte einschränkend hinzu: "Wir können in Zukunft nicht immer nur sagen, wir schalten das Licht ein oder wir schalten das Licht aus. Wir brauchen insoweit einen Dimmer." Bei Fußballspielen könnten etwa die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt werden, anstatt das Spiel abzusagen. Auch andere Länder hätten gelernt damit umzugehen, "so dass auch bei einer hohen Terrorgefahr öffentliche Veranstaltungen, Fußballspiele, in gesichertem Rahmen stattfinden können", meinte der Verfassungsschutzchef.

SC/uh (afp, rtr, ARD)