"Luther hat die Welt verändert"
31. Oktober 2017500 Jahre nach dem Beginn der Reformation haben Katholiken und Protestanten ihren Willen zu einer umfassenderen Annäherung unterstrichen. Beim zentralen Festgottesdienst der deutschen Protestanten in der Wittenberger Schlosskirche übergaben der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm (im Foto links neben Bundeskanzlerin Merkel), und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, gemeinsam ein Kreuz an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Sie werteten dies als "Versprechen der Christen", für Friede, Versöhnung und Gerechtigkeit einzutreten, sagte Marx. Die Kirche sei älter und größer als die Zerstrittenheit der Konfessionen. "Wir wollen kräftig Zeugen der Hoffnung sein."
Einladung an Papst Franziskus
Zuvor hatte Bedford-Strohm den Katholiken symbolisch die Hand ausgestreckt. Vor den Augen von Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel wandte er sich in seiner Rede direkt an Papst Franziskus: "Wann immer du einmal hierher nach Wittenberg kommst, dann werden wir dich ein halbes Jahrtausend nach der Verbrennung der Bannbulle von ganzem Herzen willkommen heißen!" Man müsse "mit Christus reden und dann mutig voranschreiten".
Martin Luther hatte der Überlieferung nach vor 500 Jahren seine 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geschlagen - deshalb ist der Reformationstag anlässlich des Jubiläums einmalig bundesweit ein Feiertag. Luther hatte damit gegen die damalige Praxis des Ablasshandels der Kirche - dem Freikauf von Sünden - protestiert.
Dieser Stein ließ sich nicht mehr stoppen
Der Thesenanschlag gilt als Beginn der weltweiten Reformation und Spaltung der Kirche - im Ergebnis der Bewegung entstand die evangelische Kirche.
Bundeskanzlerin Merkel betonte beim Festakt in Wittenberg: "Mit seinen Thesen brachte Martin Luther einen Stein ins Rollen, der sich nicht mehr aufhalten ließ und die Welt für immer veränderte." Zugleich unterstrich die Kanzlerin den Wert der Religionsfreiheit für eine moderne und offene Gesellschaft. Überall dort, wo die Religionsfreiheit bedroht sei, nehme auch die Gesellschaft Schaden. Die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften forderte Merkel zum interreligiösen Dialog auf.
Auch der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Olav Fykse Tveit, der rund 500 Millionen Christen weltweit repräsentiert, war nach Wittenberg gekommen. Der norwegische Pfarrer Tveit bezeichnete die Reformation als eine "Weltbürgerin". Er rief die Kirchen dazu auf, weitere Schritte auf dem Weg zu mehr Einheit zu gehen.
Im traditionell katholisch geprägten Polen gab es ebenfalls einen ökumenischen Gottesdienst zum 500. Jahrestag der Reformation. Der Vorsitzende des päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Kurt Koch, zog eine positive Bilanz des ökumenischen Prozesses im Zuge des 500. Reformationsjubiläums. Es habe in den vergangenen zehn Jahren Entwicklungen in der Ökumene gegeben, für die er dankbar sei. "Am Anfang der Lutherdekade" habe das - so Koch - "ein bisschen schwieriger" ausgesehen.
haz/kis (epd, kna, dpa)