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Deutschland hinkt bei Organspenden hinterher

Marcus Lütticke3. Januar 2013

Über 12.000 Menschen warten allein in Deutschland auf ein lebensrettendes Spenderorgan. Doch die sind Mangelware. Weltweit versucht man, mehr Menschen zum Spenden zu bewegen.

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Organspendeausweis (Foto:Sean Gallup/Getty Images)
Symbolbild Organspende AusweisBild: Getty Images

Organspende ist Vertrauenssache. Nur wer sich auf Ärzte und ein sicheres und faires System bei der Verteilung verlassen kann, wird sich zu einem solchen Schritt bereit erklären. Doch immer wieder erschüttern Skandale bei der Organvergabe das Vertrauen der deutschen Bevölkerung. Bei den jüngsten Fällen am Universitätsklinikum Leipzig sollen Ärzte Patienten als Dialyse-Fälle ausgegeben haben, um sie auf der Liste für Organtransplantationen weiter oben zu platzieren.

Für die Vermittlung von Spenderorganen ist in Deutschland die internationale Organisation Eurotransplant zuständig. An ihrem Sitz im niederländischen Leiden wird anhand von Patientenbefunden eine internationale Warteliste geführt. Nach verschiedenen medizinischen Kriterien bewertet Eurotransplant, welcher Patient am dringendsten ein neues Organ benötigt. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) koordiniert die Organentnahme, wenn bei einem potentiellen Organspender der Hirntod festgestellt wird. Dieser muss von zwei Ärzten, die nichts mit der Organentnahme zu tun haben, voneinander unabhängig bestätigt werden. Erst dann kommt der Verstorbene als Spender in Betracht. Kontrolliert wird das komplette Verfahren von der Ständigen Kommission Organtransplantation bei der Bundesärztekammer.

Herzmodell (Foto: Fotolia/Arcady)
Skandale erschüttern in Deutschland das Vertrauen in OrganspendenBild: Fotolia/Arcady

Gravierender Mangel an Spenderorganen

In Deutschland warten laut DSO knapp 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan. 2012 gab es aber nur 2777 Organspenden. Um die Spendenbereitschaft zu erhöhen, trat im Oktober 2012 eine Gesetzesänderung in Kraft. Maßgeblich für eine Organentnahme ist auch nach dem neuen Gesetz die Zustimmung zu Lebzeiten oder die Zustimmung der Angehörigen nach dem Tod. Neu ist, dass die Krankenkassen ihre Versicherten in regelmäßigen Abständen bitten, sich Gedanken zu ihrer Spendenbereitschaft zu machen. Dazu werden die Versicherten angeschrieben.

Für Theodor Windhorst, Chirurg aus Bielefeld und Mitglied der Ständigen Kommission Organtransplantation bei der Bundesärztekammer, geht diese Regelung nicht weit genug: "Die Leute werden nicht gezwungen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Viele Briefe werden wahrscheinlich nicht geöffnet und werden gleich entsorgt, so dass das Problem gar nicht an die Leute heran tritt." Einige Krankenkassen, so Windhorst, hätten die Anschreiben an ihre Mitglieder im Lichte der letzten Transplantationsskandale auch erst einmal ganz zurückgestellt.

Theodor Windhorst
Ärztekammer-Präsident Windhorst: Thema ist zuwenig präsentBild: aekwl

Zustimmungs- oder Widerspruchsregelung?

Im Gegensatz zu einer Zustimmungsregelung wie in Deutschland, gibt es in anderen Ländern häufig Widerspruchsregelungen. Das heißt, dass es in diesen Ländern prinzipiell erlaubt ist, einem Hirntoten seine Organe zu entnehmen, sofern sich dieser nicht zu Lebzeiten dagegen ausgesprochen hat.

Weltweit gilt Spanien als das Land mit der höchsten Spenderquote für Organe. Nach Angaben der DSO kommen hier 32 Organspenden auf eine Million Einwohner. In Deutschland sind es mit 15,8 Spenden nur knapp die Hälfte. Am schlechtesten sieht es in Brasilien und Luxemburg aus. Hier gibt es nur eine Quote von 9,9 bzw. 6,0 pro eine Million Einwohner.

Die Gründe hierfür werden unterschiedlich eingeschätzt. So sieht Günter Kirste, Medizinischer Vorstand der DSO, nicht in erster Linie die Zustimmungsregelung als Hürde für mehr Organspenden: "In Österreich, wo es seit Jahren eine Widerspruchsregelung gibt, sind die Spendenzahlen in einigen Regionen niedriger als in Deutschland." Kirste glaubt vielmehr, dass in Deutschland zu viele potentielle Spender unerkannt bleiben. Er schlägt vor, "dass jeder Fall von Hirntod auf einer deutschen Intensivstation gemeldet werden muss und die DSO direkt in diese Fälle mit einbezogen werden muss." Eine solche Meldepflicht werde in Spanien sehr erfolgreich praktiziert.

Günter Kirste(Bildquelle: DSO)
Günter Kirste fordert eine Meldepflicht für HirmtodfälleBild: DSO

In Deutschland scheint durch das neue Transplantationsgesetz die Anzahl der Organspenden nicht anzusteigen. Im Gegenteil, für November und Dezember 2012 sind die Zahlen sogar rückläufig. Die Diskussionen über effektive Maßnahmen zur Erhöhung der Spendenbereitschaft werden also weiter gehen.