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Im Wettlauf gegen Omikron

Kay-Alexander Scholz
28. Dezember 2021

Es ist ein Rennen gegen die Zeit. Die Delta-Welle flacht ab. Impfungen laufen gut. Doch Omikron verbreitet sich. Vor Silvester traten vielerorts neue Maßnahmen in Kraft, die das Infektionsgeschehen abdämpfen sollen.

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Deutschland Kampf gegen Omikron-Variante
Bild: Emmanuelle Chaze/DW

Kurz nach Weihnachten ist das beliebte "Alexa"-Einkaufszentrum in Berlins Mitte schon wieder voll - überall Familien, Freundescliquen und Schaulustige. Geschenke umtauschen zu wollen könnte ein Grund für die pulsierende Konsum-Welt sein - Impfen ein anderer.

Die Schlange vor der Impfstelle in der ersten Etage umfasst schon am Vormittag geschätzte 50 Meter. Viele vertreiben sich die Wartezeit mit dem Ausfüllen der Impf-Unterlagen. Trotzdem, es dauert, bis man drankommt.

Die deutsche Regierung feierte sich gerade, weil ihr selbst gestecktes Impf-Etappenziel von 30 Millionen Dosen von November bis Jahresende erfüllt wurde. Doch die Quote der doppelt Geimpften bewegt sich trotzdem nur sehr langsam nach oben. Innerhalb der letzten vier Wochen stieg sie um zweieinhalb Prozentpunkte auf aktuell knapp 71 Prozent. Viele der Dosen sind nämlich Booster-Impfungen, also bereits Drittimpfungen. An den Weihnachtstagen - auch da wurde geimpft - machten die Booster 75 bis 80 Prozent aus. Knapp 175.000 Dosen wurden insgesamt gespritzt.

Es könnte schneller gehen

Doch speziell in der Provinz ist das Impfen für viele noch immer eine Herausforderung. Zum Beispiel in der 7700-Einwohner-Stadt Calau im Süden Brandenburgs, wo die Impfquote vergleichsweise niedrig ist und die Delta-Welle stark ausgeprägt. Hier kommt einmal in der Woche ein Impfbus vorbei. Doch das heißt dann: Anstehen in der Kälte. Viele Ältere befürchten, sich dann erst recht ein Virus zu holen. Einen Termin beim Hausarzt gibt es aktuell ab Anfang Februar. Andere Optionen im Ort? Fehlanzeige!

Schlange vor einem Impfbus, hier in Stuttgart
Schlange vor einem Impfbus (Archivfoto, hier in Stuttgart)Bild: THOMAS KIENZLE/AFP/Getty Images

Über mehr und einfachere Möglichkeiten zum Impfen denkt auch die kommende Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Karin Prien, nach. Die Bildungsministerin von Schleswig-Holstein berichtete von guten Erfahrungen mit flächendeckendem Impfen vor Ort an den Schulen. 70 Prozent der zwölf - bis 17-Jährigen seien in ihrem Bundesland zumindest schon einmal geimpft. Das ist der in Deutschland mit Abstand aktuell höchste Wert für Schulgänger dieser Altersgruppe.

Jahrestag: Ein Jahr Corona-Impfungen

Am 27. Dezember war es ein Jahr her, dass mit den Impfungen in Deutschland begonnen worden war. Seither wurden knapp 147 Millionen Dosen verimpft. Die Hundertjährige "Oma Edith" aus Sachsen-Anhalt war damals die Erste. Einige Medien haben bei ihr nachgefragt: Sie habe die Impfung nie bereut und gut vertragen, wird berichtet.

Deutschland versucht nun quasi auf den letzten Metern vor der von vielen Experten erwarteten Omikron-Welle so viel zu impfen wie möglich. Laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sollen so möglichst viele schwere Krankheitsfälle vermieden werden.

Aktuell sinkt die Zahl der Neuansteckungen. Die Inzidenz der Neuinfektionen liegt bei 205 (Stand: 29.12.2021) - vor einem Monat lag der Wert noch bei rund 450. Doch das könnte auch daran liegen, dass wegen der Feiertage weniger getestet, weniger zum Arzt gegangen und von den Ämtern weniger gemeldet wurde. Klassisch gilt die Zeit von Weihnachten bis nach Neujahr als Urlaubszeit. Das Lagebild gelte deshalb als nicht vollständig, warnt das für Pandemie-Fragen zuständige Robert-Koch-Institut.

Omikron rollt heran

Seit kurzem veröffentlicht das Institut auch die Zahl der bekannten Omikron-Fälle. Stand 28. Dezember gibt es 10.443 Fälle. Das sind über 3000 mehr als am Vortag - ein Zuwachs von 45 Prozent. Viele Experten gehen von einer Verdopplung der Fälle innerhalb von zwei, drei Tagen aus. Noch macht die Summe der Omikron-Fälle "nur" rund 1,5 Prozent der aktuellen Fälle insgesamt aus - die meisten davon derzeit in Nordrhein-Westfalen im Westen des Landes.

Doch einen tagesaktuellen Überblick zur Omikron-Verbreitung zu geben, ist aus technischen Gründen nicht einfach. Nach einem positiven PCR-Test wird entweder gleich noch ein sogenannter variantenspezifischen PCR-Test durchgeführt. Was maximal einen Tag dauert, so der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte, Andreas Bobrowksi. Oder aber es findet eine aufwändigere Sequenzierung statt - die drei, vier Tage dauert.

Keine große Feier zu Silvester

Seit dem 28. Dezember, drei Tage vor Silvester, gelten bundesweit verschärfte Kontaktregeln. Kurz gesagt: Gruppen dürfen nicht größer als zehn Personen sein. Bei Nicht-Geimpften sind sogar nur zwei weitere Personen zulässig. Discotheken und Clubs sind nun überall geschlossen. Mancherorts gibt es Sperrstunden in Restaurants.

Für Silvester selbst - in Deutschland traditionell ein Tag mit viel Pyrotechnik wie Raketen und Knallern auf den Straßen - gilt ein Verkaufs- und weitgehendes Böllerverbot wie bereits 2020. Auch zentrale Feuerwerke wurden in vielen Orten abgesagt. Mit diesen Maßnahmen sollen die Krankenhäuser potentiell entlastet werden. Denn normalerweise gibt es zum Jahreswechsel viele Unfälle durch die Silvester-Knallerei.

Silvester: Abgebranntes Feuerwerk und Glasflaschen
Raketen verboten, größere Gruppen auch - Silvester 2021 wird pandemiebedingt wohl ruhiger ausfallenBild: Raimund Müller/imago images

Wann kommt die Impfpflicht?

Politisch geht es danach wie folgt weiter: Am 7. Januar will sich Kanzler Olaf Scholz das nächste Mal mit den Spitzen der Bundesländer treffen. In der ersten Sitzungswoche im Bundestag ab dem 10. Januar soll es losgehen mit der Diskussion um eine allgemeine Impfpflicht. Hier warten noch viele offene Fragen - zum Beispiel nach welcher Zeit Booster-Impfungen gefordert werden. Oder die Frage, wie eigentlich die Daten verwaltet werden sollen? Und wie man herauskriegen will, wer bislang, wie oft geimpft wurde. Ein zentrales Impfregister gibt es nicht. Soll es eingeführt werden oder soll die Polizei allein mit Stichproben eine Impfung kontrollieren?

Nach dem Jahreswechsel enden in vielen Bundesländern die Weihnachtsferien. Die Schulen sollen öffnen. Notfall-Pläne für einen Schul-Lockdown gibt es in der Regel keine. Auch ein möglicher Digital-Unterricht ist gerade kein Thema. Das könnte sich rächen, wenn die Zahlen wie vermutet stark steigen. Schon in der Delta-Welle mussten viele Schulen trotzdem schließen.