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Inflation verharrt auf hohem Niveau

1. März 2023

Die Verbraucherpreise lagen im Februar wie schon im Januar um 8,7 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Das ergibt eine Schätzung des Statistischen Bundesamtes. Experten hatten einen Rückgang erwartet.

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Deutschland | Symbolbild Inflation | Geld
Ein Mann Öffnet ein Portemonnaie mit 100 Euro in kleinen ScheinenBild: Monika Skolimowska/dpa/picture alliance

Der Rückgang der allgemeinen Teuerung in Deutschland ist im Februar überraschend ausgeblieben. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich wie schon im Januar um durchschnittlich 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch nach seiner ersten Schätzung mitteilte. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten einen Rückgang auf 8,5 Prozent vorausgesagt. Von Januar auf Februar stiegen die Preise um 0,8 Prozent.

Energie kostete im Februar 19,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Damit schwächte sich der Preisauftrieb hier ab: Im Januar hatte es noch ein Plus von 23,1 Prozent gegeben. Nahrungsmittel verteuerten sich dagegen mit 21,8 Prozent stärker als zuletzt mit 20,2 Prozent. Dienstleistungen kosteten im Schnitt 4,7 Prozent mehr als im Februar 2022.

Lufthansa landing @ Fraport
Die wiedererwachte Reiselust der Deutschen treibt die Preise in der Ferienbranche - und damit auch die InflationBild: Daniel Kubirski/picture alliance

Erholung ab März

Spätestens im kommenden Monat rechnen Experten nun mit einer Wende zum Besseren. "Da ab März der explosionsartige Anstieg der Energie- und Nahrungsmittelpreise nach Kriegsbeginn im späten Februar 2022 aus dem Vorjahresvergleich herausfällt, dürfte die Inflationsrate insgesamt ab März spürbar zurückgehen", sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding.

Zwar stiegen in etlichen Bundesländern die Kosten für Kraftstoffe und leichtes Heizöl im Februar nicht mehr ganz so stark. "Diese erfreulichen Nachrichten werden aber mehr als ausgeglichen durch höhere Preise in anderen Bereichen", sagte Schmieding. So dürfte die zunehmende Reiselust der Bürger dazu beigetragen haben, dass Pauschalreisen im Februar etwa in Nordrhein-Westfalen 8,1 Prozent mehr kosten als im Vorjahr nach einer Rate von 6,2 Prozent im Januar. Auch für Übernachtungen in Hotels sowie für das Essen in Gaststätten mussten die Bürger deutlich mehr ausgeben. "Hohe Heizkosten, teure Lebensmittel und der Mangel an Kellnern und anderem Personal macht sich hier wohl bemerkbar", sagte Schmieding.

Ein Ende der Preiserhöhungsspirale?

Für ein Abflauen der Inflation spricht auch eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts. Demnach wollen deutlich weniger deutsche Unternehmen als bislang in den kommenden drei Monaten ihre Preise erhöhen. Der Index der Preiserwartungen ist im Februar zum fünften Mal in Folge auf nunmehr 29,1 Punkte gesunken, wie die Münchner Wirtschaftsforscher am Mittwoch mitteilten.

Die schlechte Nachricht für Verbraucher: Nach wie vor planen sehr viele Einzelhändler Preiserhöhungen. Im Bereich Lebensmittel und Getränke etwa sind es laut Ifo-Umfrage nach wie vor mehr als drei Viertel (77,2 Saldopunkte). Auch die Mehrheit der Reiseveranstalter (63,2) oder der Gastronomen (52,7) wollen ihre Dienstleistungen demnach weiter verteuern, auch wenn der Index in den beiden Branchen ebenfalls gesunken ist.

Weitgehend abgeebbt sei dagegen die Welle der Preiserhöhungen auf dem Bau. Im Bauhauptgewerbe wollen demnach im Schnitt die wenigsten Unternehmen gestiegene Einkaufspreise an ihre Kunden weitergeben, der Index fiel auf 18,7 Punkte, den niedrigsten Wert seit April 2021. "Die Unternehmen haben einen Großteil der gestiegenen Kosten bereits an ihre Kunden weitergegeben, gleichzeitig lässt die Nachfrage in nahezu allen Wirtschaftsbereichen nach", resümierte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. "Damit dürfte der Inflationsdruck in den kommenden Monaten abnehmen."

Deutschland Deutsche jährliche Inflationsrate bei 10 % im September
Im Einzelhandel drohen weiterhin Preiserhöhungen - und das bei gleichzeitigen KaufkrafteinbußenBild: Ying Tang/NurPhoto/picture alliance

Rekordverdächtige Reallohnverluste

Die Reallohneinbußen in Deutschland sind im vergangenen Jahr wegen der korrigierten Inflationsrate nicht so stark ausgefallen wie bislang angegeben. Die Bruttomonatsverdienste von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einschließlich Sonderzahlungen legten um 3,5 Prozent zu, die Verbraucherpreise mit 6,9 Prozent aber deutlich stärker. Damit sanken die Reallöhne im Rekordtempo von 3,1 Prozent und bereits das dritte Jahr in Folge, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Eine frühere Schätzung hatte sogar ein Minus von 4,1 Prozent ergeben, wurde aber nun deutlich nach unten korrigiert.

Das wurde notwendig, weil die Inflationsrate für das vergangene Jahr neu berechnet wurde. Der zur Preisermittlung herangezogene Warenkorb wurde auf die Konsumgewohnheiten aus dem Jahr 2020 umgestellt, bislang diente 2015 als Basis. Dadurch wurde die Inflationsrate deutlich nach unten korrigiert - nämlich von 7,9 auf 6,9 Prozent, weil die zuletzt stark verteuerte Energie im neuen Warenkorb weniger Gewicht hat.

"Nach wie vor handelt es sich um den höchsten Anstieg der Nominallöhne bei gleichzeitig stärksten Reallohnverlust für die Beschäftigten, der seit Beginn der Zeitreihe 2008 in Deutschland gemessen wurde", betonten die Statistiker. Während 2020 insbesondere der vermehrte Einsatz von Kurzarbeit wegen der Corona-Pandemie zur negativen Nominal- und Reallohnentwicklung beigetragen hatte, zehrte 2021 und 2022 die hohe Inflation den Nominallohnanstieg auf. Zuletzt fiel die Entwicklung ebenfalls negativ aus: Im vierten Quartal 2022 sanken die Reallöhne um 3,7 Prozent.

dk/hb (rtr, dpa)