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Deutschland: Sorge vor Terror durch Islamisten

Veröffentlicht 18. Juni 2024Zuletzt aktualisiert 20. Juni 2024

Das Risiko religiös motivierter Attentate ist laut Verfassungsschutz durch den Israel-Hamas-Krieg massiv gestiegen. Erneut wurde ein Mann festgenommen.

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Deutschland | Polizei-Großeinsatz in Castrop-Rauxel
Großeinsatz in Castrop-Rauxel: Hier hatte im Jahr 2023 ein Islamist einen Gift-Anschlag geplantBild: Christoph Reichwein/dpa/picture alliance

Wieder eine Festnahme, erneut ein mutmaßlich dschihadistischer Täter. Am Mittwoch (19.06.2024) wurde im baden-württembergischen Esslingen am Neckar ein mutmaßliches Mitglied der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) festgenommen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte, die Festnahme belege erneut, wie stark man die islamistische Szene im Visier habe. "Unsere Sicherheitsbehörden sind äußerst wachsam, verfolgen jeden Hinweis und schlagen hart zu, um unser Land gegen islamistische Bedrohungen zu Schützen", so die SPD-Politikerin. 

"Es vergeht kaum ein Monat, wo nicht wieder die Polizei zuschlägt und eine Anschlagsplanung hier in Deutschland vereitelt", sagte Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang der Deutschen Welle im April 2024. Seine Einschätzung bezog sich auf mögliche Attentate des IS und potenzieller Einzeltäter.

Einen Monat später starb nach einer Messer-Attacke in Mannheim ein junger Polizist. Fünf weitere Menschen wurden schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter: ein 25-jähriger Flüchtling aus Afghanistan, der sich nach Erkenntnissen der Polizei und des Generalbundesanwalts im Internet aus religiösen Motiven radikalisiert haben soll.

Rund 27.000 Islamisten in Deutschland

Dieses Attentat spielt auch eine Rolle, als Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang und die deutsche Innenministerin Nancy Faeser am Dienstag in Berlin den aktuellen Verfassungsschutzbericht vorstellen. Darin werden rund 27.000 Personen dem islamistischen Milieu zugerechnet. "In diesem Bereich geht die größte Gefahr weiterhin von dschihadistisch radikalisierten Einzeltätern und Kleinstgruppen aus", sagt Faeser und nennt beispielhaft die tödliche Messer-Attacke von Ende Mai.

Was tun nach der Messerattacke in Mannheim?

Thomas Haldenwang ergänzt: Die Gefährdung in Deutschland habe sich seit dem Terroranschlag der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 und dem daraus resultierenden Krieg im Gazastreifen weiter erhöht. "Auch groß angelegte, koordinierte Terroranschläge, wie zuletzt in Moskau, sind ein mögliches Szenario."

"Islamischer Staat" im Visier des Verfassungsschutzes

In der russischen Hauptstadt wurden im März bei einem Attentat auf eine Konzerthalle weit über 100 Menschen getötet. Die mutmaßlichen Täter sollen dem afghanischen Ableger der Terrormiliz "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (ISPK) angehören.  

Vorstellung Verfassungsschutzbericht 2023
Warnen: Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Verfassungsschutz-Präsident Thomas HaldenwangBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance

Vor dieser Gruppierung warnte der Verfassungsschutz-Chef bereits im DW-Interview wenige Wochen nach dem Attentat: "Ein sehr gefährliches Szenario wäre zum Beispiel, dass sogenannte Hit-Teams aus dem Ausland nach Deutschland einreisen oder vielleicht einzelne Mitglieder auch schon eingereist sind, die als Gruppe einen Anschlag begehen."

Deutschland will Islamisten schneller abschieben

Mehr Sicherheit verspricht sich Innenministerin Faeser von inzwischen beschlossenen Gesetzesverschärfungen. "Wir haben dafür gesorgt, dass keiner mehr den deutschen Pass bekommen kann, der durch Judenhass und Islamismus auffällt. Islamisten ohne deutschen Pass können jetzt sehr viel schneller abgeschoben werden."

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Faeser will islamistische Gewalttäter und Gefährder auch wieder nach Afghanistan und Syrien zurückschicken, obwohl die Lage der Menschenrechte in beiden Ländern als katastrophal gilt. In Afghanistan herrschen nach dem Abzug der internationalen Truppen wieder die radikalislamischen Taliban und in Syrien tobt seit 2011 ein Bürgerkrieg. Trotzdem drängt die Innenministerin auf mehr und schnellere Abschiebungen. "Das Sicherheitsinteresse Deutschlands hat hier ganz klar Priorität."

Bedrohungen aus Russland, China und dem Iran

Auch im Kampf gegen andere Formen der Bedrohung sehen sich Faeser und Verfassungsschutz-Chef Haldenwang gut gerüstet. Das gilt für Spionage aus Russland, China und dem Iran auf der einen Seite sowie Rechts- und Linksextremismus auf der anderen Seite. "Wir haben alle Schutzmaßnahmen massiv hochgefahren, um uns gegen die aktuellen Bedrohungen durch Extremismus, Terrorismus und hybride Bedrohungen zu wappnen", betont die Innenministerin.

Im Fokus stehen dabei die in Deutschland zu spürenden Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Faeser verweist auf die Festnahme mehrerer Personen, die nach Ermittlungen des Generalbundesanwalts im Auftrag russischer Geheimdienste Sabotageakte geplant haben sollen. "Unsere Sicherheitsbehörden haben hier sehr konsequent zugeschlagen und mögliche Sprengstoff-Anschläge in Deutschland verhindert."

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Rechtsextremismus bleibt die größte Gefahr aus dem Inland

Die größte Gefahr aus dem Inland ist nach Einschätzung des Verfassungsschutzes weiterhin der Rechtsextremismus, dem gut 40.000 Personen zugerechnet werden. Dabei auch im Blick: die jüngst bei der Europawahl und den Kommunalwahlen sehr erfolgreiche Alternative für Deutschland (AfD). Jene Partei also, die seit 2021 bundesweit ein "rechtsextremer Verdachtsfall" ist. Seitdem darf die AfD mit geheimdienstlichen Methoden beobachtet werden. Dabei ist auch die Überwachung einzelner Personen erlaubt.

Möglich, dass die gesamte Partei bald sogar als "erwiesen rechtsextremistisch" eingestuft wird. In diesem Fall dürfte die Debatte um ein AfD-Verbot noch mehr an Fahrt aufnehmen. Verfassungsschutz-Präsident Haldenwang lässt gerade prüfen, ob sich die Alternative für Deutschland weiter radikalisiert hat und kündigt eine zeitnahe Entscheidung an: "Wir werden uns damit nicht allzu viel Zeit lassen."

Dieser Artikel wurde am 18.6. veröffentlicht und am 20.6. aktualisiert.

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland