Von der Kolonialmacht zum beliebten Investor
1. April 2016Wenn in der kommenden Woche eine deutsche Delegation von Bundestagsabgeordneten und Wirtschaftsvertretern Togo besucht, dann reist die Geschichte mit. Schließlich war das westafrikanische Land zwischen 1884 und 1914 ein sogenanntes Schutzgebiet des Deutschen Reiches. Noch heute zeugen Prachtbauten wie der ehemalige Gouverneurspalast an der Strandpromenade der Hauptstadt Lomé von der kolonialen Vergangenheit der deutsch-togoischen Beziehungen.
Damals galt Togo als "Musterkolonie" - auch weil hohe Steuern und Zwangsarbeiten für die einheimische Bevölkerung die Kolonie aus deutscher Sicht besonders lukrativ machten. Mehr als 100 Jahre später hört man in Lomé kaum Schlechtes über die ehemaligen deutschen Kolonialherren: Fleißig, arbeitsam und diszipliniert seien sie, die Deutschen, so das Credo der jungen Generation in Togo. Edem Attiogbé, Leiter des Goethe Instituts in Lomé, glaubt die Gründe dafür zu kennen: "Die deutsche Kolonialzeit ist lange vorbei. Die meisten, die über diese Zeit sprechen, wissen kaum etwas darüber - abgesehen von den positiven Vorurteilen." Nicht zuletzt seien die Deutschen auch nur dreißig Jahre im Land gewesen - die Erinnerungen daran seien während der nachfolgenden französischen Herrschaft zunehmend verblasst.
Eine besondere Männerfreundschaft
1960 wurde Togo in die Unabhängigkeit entlassen - ein neues Kapitel der deutsch-togoischen Beziehungen begann. Vor allem in den späten 70er und 80er Jahren pflegten die Bundesrepublik und Togo ein enges Verhältnis. Allen voran sorgte die Männerfreundschaft zwischen dem autokratischen Präsidenten Gnassingbé Eyadéma und dem bayerischen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß dafür, dass Togo zu einem wichtigsten Eckpfeiler deutscher Afrikapolitik wurde. Ein "Modell für Afrika" nannte Strauß Referent die ehemalige Kolonie einmal.
Doch rauschende Staatsbankette und ausgedehnte Antilopenjagden bei den regelmäßigen Togo-Besuchen des CSU-Mannes waren auch in den 80er Jahren nicht unumstritten. "Wir Schwarzen müssen zusammenhalten", sagte Strauß im Scherz - schon damals wirkte diese Art von Rhetorik aus der Zeit gefallen.
Ein "Frühling der Zusammenarbeit"?
Anfang der 90er Jahre kühlten sich die deutsch-togoischen Beziehungen merkbar ab. Massive Menschenrechts- und Demokratiedefizite unter dem immer diktatorischer agierenden Präsidenten Eyadéma brachten auf deutscher Seite auch langjährige Fürsprecher dazu, sich von Togo abzuwenden.
Erst seit den - wenn auch zaghaften - politischen und wirtschaftspolitischen Fortschritten unter dem seit 2005 amtierenden Präsidenten Faure Gnassingbé wächst das Interesse an dem westafrikanischen Land wieder. So nahm Deutschland 2012 nach fast zwanzig Jahren Unterbrechung die Entwicklungszusammenarbeit mit Togo wieder auf. Anfang dieses Jahres besuchte Entwicklungsminister Gerd Müller das Land. Einzig die deutsche Wirtschaft bleibt zögerlich.
Wohl auch deshalb heißt das Motto der anstehenden Delegationsreise "Printemps de Coopération" - Frühling der Zusammenarbeit. Die Vertreter aus Politik und Wirtschaft wollen den deutsch-togoischen Beziehungen neues Leben einhauchen. Togo empfängt sie dabei mit offenen Armen. Deutsche Unternehmen seien herzlich eingeladen, in Togo zu investieren, sagte Togos Außenminister Robert Dussey vergangene Woche bei einem Deutschlandbesuch der DW. "Sie werden es nicht bereuen."
Steigendes Interesse an Deutschkursen
Tatsächlich sind die Voraussetzungen für ein stärkeres Engagement deutscher Firmen in Togo gut. Seit einigen Jahren wächst Togos Wirtschaft stetig, für 2016 sagt die Weltbank 4,9 Prozent Wachstum voraus. Wichtige Infrastrukturprojekte wie etwa der Ausbau des Tiefseehafens und des Flughafens in Lomé kommen gut voran und einige deutsche Unternehmen konnten sich bereits erfolgreich am togoischen Markt positionieren.
Zudem seien junge Togolesen an Deutschland und an der deutschen Sprache interessiert wie nie zuvor, sagt Goethe-Institut-Leiter Attiogbé: "Seit einigen Jahren haben wir am Goethe Institut eine moderate Steigerung der Kursteilnehmer. Mittlerweile sind es etwa 1600 Einschreibungen pro Jahr." Viele der Schüler würden gerne in Deutschland studieren; andere bräuchten die Sprachkenntnisse, um im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland reisen zu dürfen.
Auch Attiogbé hält die anstehende Delegationsreise für eine große Chance. "Ich glaube, dass diese Veranstaltung ein Zeichen ist, dass man optimistisch in die Zukunft schauen kann."
Mitarbeit: Kossivi Tiassou