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Buchmarkt im Umbruch

Jochen Kürten9. Oktober 2012

Manche Experten beschwören bereits das Ende des gedruckten Buches. Doch so weit ist es noch nicht. Bei der Buchmesse in Frankfurt dürfte allerdings über die Zukunft des Buches heftig diskutiert werden.

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Blick in die Messehalle Frankfurter Buchmesse 2011 (Foto: dpad)
Bild: dapd

Wenn 7300 Aussteller aus über 100 Ländern vom 10. bis zum 14. Oktober zusammenkommen, dann sollte für genügend Gesprächsstoff gesorgt sein. Vor allem, wenn es um eine Branche wie den Buchmarkt geht. Die Frankfurter Buchmesse gilt als größte ihrer Art in der Welt. Viele Beobachter sehen in ihr längst eine Medienmesse - doch noch steht das gedruckte Buch im Mittelpunkt. Auch wenn es sich vieler neuer Konkurrenten erwehren muss.

Noch gehen die Menschen in Buchhandlungen

Im vergangenen Jahr erzielte der deutsche Buchmarkt einen Umsatz von knapp 10 Milliarden Euro. Erstmals nach sieben Jahren musste ein leichter Rückgang verzeichnet werden. Noch werden in klassischen Buchhandlungen die meisten Bücher gekauft, doch fast jeder siebte Deutsche bestellt schon im Internet. Viele Verlage sehen sich deshalb bedroht. Zum einen ist das E-Book ein Konkurrent für die herkömmlichen gedruckten Bücher. Zum anderen veröffentlichen immer mehr Autoren ihre Texte im Internet: Self-Publishing lautet das Zauberwort der Stunde.

All das dürfte in Frankfurt ein Thema sein. "Das Netz ist der historische Zwischenschritt von der Kultur des gedruckten zur Kultur des digitalisierten Buches" - so brachte es eine große Tageszeitung auf den Punkt. Ein paar Entwicklungen scheinen relativ sicher. Die Zahl der Buchhandlungen in Deutschland wird sich verringern. Dem Buchhandel in großen Warenhäusern droht das Aus. Das Segment Taschenbuch ist ernsthaft in Gefahr. Amazon und andere Internet-Anbieter werden weiter wachsen. Die Bedeutung von elektronischen Büchern nimmt zu. Das sagen die Statistiken des Börsenvereins und andere Untersuchungen zur Entwicklung des Buchmarkts.

Zahlreiche Besucher bewegen sich mit Hilfe von Laufbändern zu den einzelnen Ausstellungshallen (Foto: dpa)
Messegelände Frankfurt während der großen BücherschauBild: picture-alliance/dpa

Kinder- und Jugendbuch als Zukunftsmesser

Rund 3000 Veranstaltungen sind in Frankfurt geplant. Allein 1000 Schriftsteller werden erwartet. Internationale Starautoren wie Richard Ford, Herta Müller oder Martin Walser kommen. Round-Table-Gespräche über die Zukunft des Buches, Fachveranstaltungen für jede Art des Vertriebs finden statt. Dem wichtigen Bereich Kinder- und Jugendbuch wird 2012 besondere Beachtung geschenkt. Nirgendwo sonst seien gedruckte und digitale Medien enger miteinander verknüpft, sagt Buchmessen-Direktor Juergen Boos. Auch Comics spielen eine immer wichtigere Rolle. Mit Phänomenen wie Crowdfunding, bei denen sich Autoren ihre Projekte von Lesern im Internet finanzieren lassen, und Fanfiction, also der Fortsetzung populärer Bücher wie "Harry Potter" im Internet, dürften am Ende der Messe mehr Menschen vertraut sein.

Anders als in den USA, wo mit E-Books und Self-Publishing schon große Umsätze erzielt werden, findet man in Deutschland noch einen traditionelleren Buchmarkt vor. Jeder einzelne Buchhändler habe mehr potentielle Fähigkeiten als Amazon, gibt sich Alexander Skipis, Geschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, optimistisch. Es müsse lediglich eine gezielte Kundenbindung mit Hilfe eines eigenen Online-Shops betrieben werden. Dann könnten viele Kleine gegen die Giganten bestehen. "In der Buchbranche herrscht derzeit eine große Aufbruchstimmung", so Skipis. Spezialisierung ist das Zauberwort. Der Börsenverein hat jüngst einen Ideenwettbewerb zum Buch der Zukunft ausgerufen. Gewonnen hat ein Projekt, welches das Buch mit anderen Medien wie Facebook, dem Film und Computerspielen kombiniert. Mediale Vernetzung wird in der Branche immer wichtiger.

Electronic book © tverkhovinets #29785313
Neue kontra alte MedienBild: tverkhovinets - Fotolia.com

Entwicklung wie in den USA?

Ob Deutschland den gleichen Weg wie die USA nimmt, wie einige Experten meinen, wird man erst in ein paar Jahren wissen. Noch beträgt der Umsatzanteil von E-Books am Buchmarkt in Deutschland lediglich ein bis zwei Prozent. Die Lesegeräte, die in den letzten Jahren den Markt erobert haben, haben noch nicht zur Revolution im Leseverhalten der Deutschen geführt, wenn auch inzwischen jeder sechste Leser ein solche Gerät nutzt. Viele Experten sehen bereits das Ende von Geräten wie Kindle von Amazon oder dem eReader von Sony nahen. Tablet-PCs und Smartphones verdrängen die Lesegeräte, denen man eine großartige Zukunft prophezeit hatte.
Doch natürlich ist der globale und digitale Umbruch das bestimmende Thema der Messe. Die traditionellen Verlage müssen sich auf neue Vertriebswege einstellen, soziale Netzwerke in die Marketingkonzepte mit einbeziehen. Im Zuge des digitalen Umbruchs wird auch über Fragen wie Buchpreisbindung und Urheberrecht diskutiert werden müssen. Noch steigt die Zahl der Neuerscheinungen in Deutschland. Im vergangenen Jahr erschienen 82.000 Titel. Doch damit scheint der Gipfel erreicht. Das große Möbelhaus IKEA will auf die Entwicklung reagieren, indem es künftig kleinere Bücherregale verkaufen will.

Liao Yiwu (Foto: dpa)
Literaturstar aus China: Liao YiwuBild: DW

Buchmessestar Liao Yiwu

Der Höhepunkt der Messe dürfte die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels sein. In der Frankfurter Paulskirche nimmt der chinesische Autor Liao Yiwu, der inzwischen im Exil in Deutschland lebt, den renommiertesten Kulturpreis des Landes entgegen. Berühmt wurde Liao Yiwu mit seinen kritischen Texten über die Zustände in der modernen chinesischen Gesellschaft. Trotz langjähriger Haft, Folter und Berufsverbot - Liao Yiwus Bücher wurden gedruckt, nur in seiner Heimat sind sie verboten. In China verfügen gedruckte Bücher noch über eine enorme Sprengkraft.