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Diplomatie der Hilflosigkeit

Mathias Bölinger4. September 2014

Deutschland hält Diplomatie nach wie vor für das wichtigste Mittel zur Lösung der Ukraine-Krise. Mit viel Hoffnung ist diese Position aber nicht verbunden.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (Bild: Reuters)
Bundeskanzlerin Angela Merkel, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Außenminister Frank-Walter SteinmeierBild: Reuters

Die deutsche Regierung kommentiert Meldungen aus dem ostukrainischen Krisengebiet inzwischen gerne im Konjunktiv. "Die Bundesregierung würde natürlich begrüßen, wenn die Präsidenten Putin und Poroschenko zu einer Vereinbarung kommen könnten, die den Weg zum Waffenstillstand ebnen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Da war gerade die Meldung über eine Einigung zwischen der Ukraine und Russland auf einen Waffenstillstand über die Agenturticker geflattert und kurz hinterher ein russisches Dementi. Am gleichen Tag noch legte Moskau einen "Sieben-Punkte-Plan" vor, der den Weg zu einem Frieden ebnen soll. Sie sei "abwartend", antwortete die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Donnerstag kühl auf diese Nachricht. "Ich wünschte, der Sieben-Punkte-Plan wäre ein Hoffnungszeichen. Aber wir haben in der Vergangenheit so häufig erlebt, dass Präsident Putin etwas sagt, aber das Gegenteil tut."

"Besonderer Draht" nach Moskau

Seit dem Beginn der Ukraine-Krise tut sich die Bundesregierung schwer damit, eine Antwort auf die russische Politik zu finden. Quer durch alle Parteien wird zwar immer wieder betont, dass nur Diplomatie diesen Konflikt wirklich lösen kann. "Die Bundeskanzlerin hat einen besonderen Draht zu dem schwierigen Partner", betonte von der Leyen auch am Donnerstag wieder. Und Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der immer wieder neue Gesprächsinitiativen startet und nicht nur einmal erleben musste, wie eine neue Eskalation seine Verhandlungserfolge umgehend zunichte machte, besteht auf der Formulierung, er halte die Krise "nach wie vor für lösbar."

Einigkeit herrscht allerdings bei einem großen Teil des politischen Spektrums auch darüber, dass Verständnis und guter Wille allein wohl keinen Durchbruch bringen werden. Lediglich die Linkspartei fordert seit dem Beginn der Krise eine Politik, die vor allem auf die Regierung in Moskau zugeht. Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, twitterte als Reaktion auf die verwirrenden Meldungen vom Mittwoch erneut die Forderung, die bestehenden EU-Sanktionen aufzuheben.

Druck oder Säbelrasseln?

In den anderen Parteien wird aber eher diskutiert, wann denn der Zeitpunkt für weitere Wirtschaftssanktionen gekommen sei. "Weiterhin muss Druck auf Russland ausgeübt werden, deshalb ist jetzt eine Verschärfung der Sanktionen dringend erforderlich", sagte Andreas Schockenhoff (CDU), der ehemalige Russlandbeauftragte der Bundesregierung und ein scharfer Kritiker Putins, am Donnerstag. Der sozialdemokratische Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hält die bestehenden Sanktionen für ausreichend. "Was wir jetzt brauchen, ist kein Säbelrasseln", sagte er. Doch am Ende dreht sich die Debatte nur um die Schwelle, die die Eskalation erreichen müsste, damit weitere Sanktionen verhängt werden.

Gernot Erler, der Russlandbeauftragte der Bundesregierung (Bild: dpa)
Wenig Hoffnung auf Erfolg misst Gernot Erler den Sanktionen beiBild: picture-alliance/dpa

Dabei besteht zumindest in Teilen der Regierung kaum eine Illusion darüber, dass die Sanktionspolitik in absehbarer Zeit Ergebnisse zutage bringt. Besonders deutlich hat das in der vergangenen Woche Gernot Erler (SPD) formuliert. "Die Maßnahmen werden wahrscheinlich wenig Einfluss auf die russische Politik haben, weil man dort eine andere Prioritätensetzung vorgenommen hat", sagte der amtierende Russlandbeauftragte der Bundesregierung.

"Zeit nach Putin"

Vieles deutet darauf hin, dass sich Deutschland längst auf eine lange Krise in den Beziehungen zu Russland eingerichtet hat. Dazu gehört, dass die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen unterstützen wird, die die NATO wohl auf ihrem Gipfel in Wales zur Erhöhung ihrer Verteidigungsbereitschaft beschließen wird, unter anderem eine Eingreiftruppe, die innerhalb kurzer Zeit an der Ostgrenze des Bündnisses einsatzbereit wäre.

Zwei britische Soldaten bewachen das Gebiet rund um den NATO-Gipfel in Wales (Bild: DW)
Auf dem streng gesicherten NATO-Gipfel im walisischen Newport wird über eine Aufrüstung diskutiertBild: DW/B.Riegert

Eine Auflösung der NATO-Russland-Akte, wie sie der estnische Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves zuletzt gefordert hatte, lehnt Deutschland aber ab. Das Abkommen verbietet die Stationierung "substantieller Truppen" durch die NATO oder Russland im östlichen Europa. Die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Krise spricht aber wohl kaum aus dem deutschen Festhalten an dem Dokument. "Wir können nicht einreißen, was in den letzten 25-30 Jahren aufgebaut wurde", sagte Ursula von der Leyen am Donnerstagmorgen. "Es wird eine Zeit nach Präsident Putin geben."