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Deutschlands Landschaftsgärten

Frederike Müller4. Juli 2014

Viele schwärmen von französischen oder italienischen Gartenanlagen. Oder gar von den Parklandschaften Englands. Doch auch deutsche Landschaftsgärten können sich sehen lassen – vier sind sogar Weltkulturerbe.

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Die Rote Moschee im Schlossgarten von Schwetzingen spiegelt sich im See. (Foto: dpa)
Sommerresidenz in SchwetzingenBild: picture-alliance/dpa

Eine der gartenreichsten deutschen Regionen ist Franken in Nordbayern. Zu den 65 Parks und Schlossgärten zählt auch der 12,8 Hektar große Hofgarten in Veitshöchheim, angelegt für den Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim. Dieses Meisterstück einer ländlichen Residenz sollte man auf einer Deutschlandreise nicht verpassen. Im Stil des verspielten Rokoko schuf der Bildhauer Ferdinand Tietz um 1765 ein immer noch vollständig erhaltenes Bildprogramm im Grünen: Putten tanzen, die antike griechische Götterwelt steigt aus einem Brunnen auf, mal frivol, mal verzerrt grinsen Figuren dem Betrachter entgegen. Der Garten als Theater, als Bühne für eine Komödie!

Der Garten - auch ein politisches Terrain

Heute reicht der Trend beim Gärtnern vom ländlichen Bauerngarten bis zum "Urban farming", bei dem Bürger Brachflächen zu Gärten umwidmen. Sehenswertes Beispiel: die Prinzessinnengärten in Berlin-Kreuzberg. Aber viel zu klein für einen Landschaftsgarten! Der Typ des königlichen Palasts mit viel Natur drum herum entstand in Deutschland im 18. Jahrhundert - als die Welle der Barockgärten von Frankreich in die deutschen Fürstentümer herüberschwappte. Der Garten spiegelt dabei die göttliche, absolute Ordnung der Welt des 18. Jahrhunderts wieder, in der jede Pflanze wie jeder Mensch unverrückbar seinen Platz hat. Und je größer der Garten war, als umso mächtiger galt er!

Erhalten blieben in Deutschland nur wenige dieser Landschaftsgärten. Die sind aber umso sehenswerter. Als einer der schönsten gilt der Schwetzinger Schlossgarten nahe Mannheim. Der pfälzische Kurfürst Karl Theodor ließ die Anlage ab 1748 vom Gartenarchitekten Nicolas Pigage entwerfen: exakt in Form geschnittene Hecken, Blumenbeete, die ein geometrisches Teppichmuster bilden, Baumreihen wie mit dem Lineal gezogen, Brunnenbecken und Fontainen. Ein klassischer französischer Garten, in dem man üppige Feste feierte.

Gärten als Welterbe

Blick über den Arion-Brunnen auf die Gartenseite des Barockschlosses Schwetzingen. (Foto: dpa)
Fröhlich plätschernde Wasserkunst: der Arionbrunnen im barocken Schwetzinger SchlossgartenBild: picture-alliance/dpa
Prinzessinnengärten in Berlin-Kreuzberg. (Foto: DW)
Grüne Oase in Berlin-Kreuzberg: die PrinzessinnengärtenBild: DW/Axel Warnstedt

Unter UNESCO-Welterbeschutz kamen ab 1990 vier Landschaftsgartenkomplexe in Deutschland. Unter anderem Schloss und Park Sanssouci in Potsdam. Der Clou der Anlage: Der preußische König Friedrich II. ließ 1744 einen großen Weinberg errichten - geplant als Höhepunkt des streng formal gegliederten Barockparks. Die Weinbergterrassen krönte Friedrich auf dem Hügelplateau mit Schloss Sanssouci, das er sich als Rückzugsort errichten ließ.

UNESCO Welterbe - deutsche Parks und Gärten

Insgesamt 500 Hektar der Schlösser und Parks von Berlin und Potsdam gehören heute zum Welterbe. Ebenso wie das Gartenreich Dessau-Wörlitz, das sieben Gärten und eine der schönsten Rhododendron-Anlagen Deutschlands umfasst, der Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel und der berühmte Park in Bad Muskau. Hermann Fürst von Pückler-Muskau revolutionierte hier ab 1815 die Gartenbaukunst auf dem Kontinent: Er entwickelte die aus England kommende Strömung weiter, die ein Gegenmoment zu den in Deutschland verbreiteten Barockgärten war, und schuf den größten Englischen Landschaftspark Mitteleuropas. Auf geschwungenen Wegen spaziert man durch den rund 800 Hektar großen Garten, alles erscheint natürlich. Blumen: wie hingestreut in den weitläufigen Wiesen. Anstatt barocker Brunnenbecken: Seen und Bäche. In der Ferne: Architekturen und markante landschaftliche Punkte.

Vom Landschaftsgarten als Volksgarten

Eine der großen Gartenattraktionen im Süden Deutschlands ist mit jährlich über einer Million Besucher die Blumeninsel Mainau im Bodensee. Großherzog Friedrich I. von Baden kaufte die Insel 1853 und legte mit seinem privaten Garten den Grundstock des heute öffentlichen Parks: mit seltenen exotischen Pflanzen, dem Italienischen Rosengarten und dem Arboretum, dem Baumgarten.

Noch mehr Menschen besuchen den Englischen Garten in München. Nach ersten Planungen 1789 verwandelte der Gartenarchitekt Friedrich Ludwig von Sckell das fürstliche Jagdgebiet an der Isar ab 1804 zu einem klassischen englischen Garten - sozialgeschichtlich der erste große Volksgarten auf dem Kontinent! Bis heute bummeln die Münchner mit Kind und Kegel durch ihren Park und lassen sich im Biergarten im Schatten des Chinesischen Turms die berühmte Maß Bier schmecken. Die Bürger haben den Landschaftsgarten von den Königen erobert: als öffentlichen Ort, wo man entspannen, essen, trinken und spazieren kann – oder was eben sonst noch im Grünen Spaß macht.

Menschen sitzen im Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten in Muenchen. (Foto: Stephan Goerlich)
Ältestes erhaltenes Bauwerk im Englischen Garten in München: der Chinesische TurmBild: picture alliance/Stephan Goerlich
Tulpen blühen am Hang der Insel Mainau, mit etwa 45 Hektar Fläche die drittgrößte der Inseln im Bodensee.
Panoramablicke auf See und Alpen: die Blumeninsel MainauBild: Mainau GmbH