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Deutschlandtrend: Klimawandel ist das größte Problem

6. April 2023

Mehr Tempo beim Klimaschutz, darauf drängen 44 Prozent der Bundesbürger. Die Unzufriedenheit mit der Politik der Bundesregierung ist groß. Das zeigt der aktuelle ARD-Deutschlandtrend.

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Austrocknetes Strandbad Illmitz am Neusiedlersee in Österreich
Anhaltende Hitze und Dürre herrschte im Sommer 2022 am Strandbad Illmitz am Neusiedlersee Ebbe Bild: Franz Neumayr/picture alliance

In einem offenen Brief haben mehr als 240 Politiker und Politikerinnen sowie Vertreter aus Wissenschaft, Religion und Gesellschaft Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, mehr für den Klimaschutz zu tun. "Je länger wir zögern, desto drastischer sind die Konsequenzen unseres Abwartens. Jetzt zu handeln, ist unsere Pflicht", heißt es in dem Schreiben. "Wir gehören zur letzten Generation, die aufhalten kann, was uns droht: der globale Verlust unserer Kontrolle über die menschengemachte Klimakrise."

Der Brief spiegelt die Meinung von vielen Menschen in Deutschland wider. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend im Auftrag der Tagesthemen sagen 44 Prozent der Befragten, dass es ihnen beim Klimaschutz zu langsam vorangeht. Bei den Anhängern der drei Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP sind es sogar noch mehr.

Bei den Anhängern der Oppositionsparteien geht die Meinung in eine andere Richtung. Als zu schnell wird das Tempo der Veränderungen vor allem von den Anhängern der Unionsparteien (45 Prozent) und der AfD (50 Prozent) empfunden. Über alle Parteien hinweg ist gut jeder vierte Befragte dieser Meinung. 18 Prozent sagen, dass die Geschwindigkeit gerade richtig ist.

Was muss die Politik vordringlich angehen?

Mit 1304 repräsentativ ausgewählten, wahlberechtigten Deutschen hat das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap für den Deutschlandtrend telefonisch und persönlich gesprochen. Auf die Frage, welches das wichtigste Problem ist, um das sich die deutsche Politik vordringlich kümmern muss, wurde ebenfalls der Klimawandel am häufigsten genannt. Als ebenfalls sehr wichtig wird der anhaltende Krieg in der Ukraine thematisiert.

Nochmals deutlich zugenommen hat im Vergleich zu Januar der Stellenwert des Themas Zuwanderung und Flucht. In Anbetracht der angespannten Situation in vielen Kommunen wird das Thema aktuell von jedem fünften Bürger als prioritär benannt. Fragen der Energieversorgung bewegen derzeit 17 Prozent der Deutschen, etwas weniger als noch im Winter. Ein wichtiges Thema ist außerdem die anhaltend hohe Inflation.

Die Deutschen hängen am Verbrenner-Motor

Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung hat der Klimaschutz einen hohen Stellenwert. Trotzdem streiten die Parteien nach wie vor darum, welche Maßnahmen in den Bereichen Klima, Energie und Verkehr nun in welcher Form und wie schnell umgesetzt werden können.

Von den diskutierten Maßnahmen im Verkehrssektor stößt das auf EU-Ebene bereits beschlossene Verbot von Neufahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab dem Jahr 2035 in der Bevölkerung auf den größten Widerspruch. Trotz der von Deutschland erreichten Ausnahme, dass Verbrennungsmotoren, die mit nachhaltigen E-Fuels betrieben werden können, weiter erlaubt sein sollen, finden 55 Prozent ein solches Verbot falsch, ein gutes Drittel (36 Prozent) findet es richtig.

Unbeliebt ist das Verbrenner-Aus insbesondere in ländlichen Gemeinden und kleinen Städten (62:29 Prozent). In Großstädten halten sich Zustimmung (41 Prozent) und Ablehnung (51 Prozent) eher die Waage.

Um mehr Verkehr vom Auto auf die Bahn zu verlagern, müsste das in den letzten Jahrzehnten vernachlässigte Schienennetz massiv modernisiert und ausgebaut werden. Vor allem die Grünen wollen den Ausbau forcieren. Das finden 87 Prozent der im Deutschlandtrend befragten Bundesbürger quer über die Parteianhängerschaften hinweg richtig. 

Die von der FDP angestrebte, schnellere Umsetzung bereits beschlossener Autobahnprojekte finden 56 Prozent der Befragten gut, allerdings sind die meisten Parteianhänger der Grünen dagegen. Den Plan, die LKW-Maut zu erhöhen, begrüßen 43 Prozent der Befragten.

Die Grünen verlieren Glaubwürdigkeit

Die häufig gegenläufigen Vorstellungen der Koalitionspartner machen Kompromisse im zweiten Jahr der gemeinsamen Regierungsarbeit von SPD, Grünen und FDP augenscheinlich schwieriger und es geht zunehmend darum, sich mit eigenen Vorstellungen gegen die Koalitionspartner durchzusetzen.

Das gelingt der FDP augenscheinlich besser als den Grünen. Für die Grünen hat das fatale Folgen. Glaubten vor der Bundestagswahl noch 48 Prozent der Bundesbürger, dass die Grünen eine gute Klima- und Umweltpolitik machen könnten, sind es aktuell nur noch 32 Prozent. Die Partei verliert also in ihrer Kernkompetenz an Glaubwürdigkeit. 

Unzufriedenheit mit der Regierung ist hoch

Insgesamt sinkt die Zufriedenheit mit der Arbeit der Bundesregierung auf einen neuen Tiefstwert in dieser Legislaturperiode. Nur noch gut jeder Vierte Befragte äußert sich aktuell positiv zur Berliner Regierungsarbeit, sieben von zehn üben Kritik. 

Deutlich gewachsen ist die Zufriedenheit mit dem Kurs der Bundesregierung im Ukraine-Krieg. Immerhin fast jeder zweite Bundesbürger (46 Prozent, +10) äußert sich aktuell zufrieden, das ist der höchste Zufriedenheitswert in diesem Politikfeld seit Juli 2022. Auch bei der Sicherung der Energieversorgung in Deutschland urteilt die Bevölkerung nach dem überstandenem Winter ohne Gasknappheit und Stromausfällen deutlich wohlwollender als noch im vergangenen Herbst (43 Prozent, +16).

Ampel-Regierung derzeit ohne Mehrheit

Die oppositionelle CDU/CSU kann von der gewachsenen Unzufriedenheit mit den Regierungsparteien nicht weiter profitieren. In der bundespolitischen Stimmung gibt es wenig Bewegung.

Die Union hätte in der Sonntagsfrage aktuell 30 Prozent in Aussicht, einen Punkt weniger als noch Anfang März. Die SPD käme bei einer Bundestagswahl am kommenden Sonntag auf unverändert 18 Prozent, die Grünen auf unverändert 17 Prozent. Die FDP legt binnen Monatsfrist einen Punkt zu und käme derzeit auf sieben Prozent. Die AfD könnte nach leichten Gewinnen mit 15 Prozent rechnen. Die Linke verliert zum Vormonat einen Punkt und könnte mit derzeit vier Prozent nicht wieder in den Bundestag einziehen.