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DFB-Chef Niersbach auf Tauchstation

4. November 2015

Zumindest nach außen versucht der DFB trotz der laufenden Steuerfahndung Ruhe zu bewahren. Die Lage von Präsident Wolfgang Niersbach ist weiter prekär. Doch an Rücktritt denkt er offenbar noch nicht.

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Deutschland DFB Wolfgang Niersbach
Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Nach der großen Steuerrazzia hüllt sich der stark angeschlagene DFB-Präsident Wolfgang Niersbach weiter in Schweigen. Kein Wort zu der sich immer mehr zuspitzenden Affäre um die WM 2006, keine Aussage zu seiner Zukunft. Bei einer spontan einberufenen Mitarbeiterversammlung in der Verbandszentrale, in der DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock die Beschäftigten über die Entwicklungen informierte, war Niersbach am Mittwoch nicht anwesend.

Ob oder wie lange der 64-Jährige angesichts der Geschehnisse rund um die ominöse 6,7-Millionen-Euro-Zahlung im Vorfeld des Sommermärchens noch im Amt bleibt, ist unklar. Zumindest im Verband genießt er weiter Rückendeckung, eine Rücktrittsforderung gibt es bisher nicht. "Ein Problem wäre es dann, wenn Wolfgang Niersbach nicht bereit wäre, umfassend die Aufklärung mit uns zu betreiben. Dem ist aber nicht so", erklärte DFB-Vizepräsident Rainer Koch dem Bayerischen Rundfunk.

Beckenbauer aus der Schusslinie

Dennoch ist es ein ungemütlicher Herbst für den DFB-Boss. Neben einer möglichen Anklageerhebung wegen Steuerhinterziehung drohen Niersbach, seinem Vorgänger Theo Zwanziger und dem früheren Generalsekretär Horst R. Schmidt nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch) auch Schadenersatzforderungen in Millionen-Höhe. Niersbach soll die angeblich falsche Steuererklärung des DFB für 2006 kurz nach seinem Amtsantritt als Generalsekretär Ende Oktober 2007 unterzeichnet haben. Die Erklärung soll damals schon lange fertig gewesen sein. Laut "SZ" werden in Verbandskreisen nachträglich fällige Steuern in Höhe von 2,2 Millionen Euro für möglich gehalten, plus Zinsen seit 2006. Dafür könnte der DFB die damaligen Verantwortlichen in Regress nehmen.

Franz Beckenbauer (Foto: Alexander Hassenstein/Bongarts/Getty Images)
Franz BeckenbauerBild: Getty Images/Bongarts/A. Hassenstein

Keine juristischen Konsequenzen hat derzeit Franz Beckenbauer zu fürchten. Gegen den ehemaligen Präsidenten des WM-Organisationskomitees werde nicht ermittelt, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Grund dafür sei nicht Beckenbauers Wohnsitz außerhalb von Deutschland - der damalige OK-Chef lebt in Österreich - sondern vielmehr, dass Beckenbauer nichts mit der betreffenden Steuererklärung zu tun gehabt habe. Um andere mögliche Tatbestände wie Untreue oder Bestechung geht es wegen Verjährung nicht. Beckenbauer selbst schweigt. Zumindest das verbindet ihn noch mit seinem alten Weggefährten Niersbach.

Unterstützung und kritische Stimmen im DFB

Im Verband will derzeit noch keiner den Königsmörder geben. "Wolfgang Niersbach muss Präsident bleiben. Er war im Organisationskomitee für die WM 2006 nur für Medien und Marketing zuständig. Die entscheidenden Männer waren doch Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt", sagte der Präsident des niedersächsischen Fußballverbandes (NFV) Karl Rothmund der dpa. Die Spitze der Deutschen Fußball Liga (DFL) hielt sich in der Causa ebenso weiter bedeckt wie die meisten Vertreter aus den Bundesligavereinen.

Dafür gibt es an der DFB-Basis auch kritische Stimmen: Rolf Hocke, Chef des hessischen Fußball-Verbandes, erwartet "von den Verantwortlichen im Präsidium zum Beispiel die Einberufung einer außerordentlichen Vorstandssitzung. Die Probleme müssen an der Wurzel gepackt werden", sagte er der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Mittwoch).

DFB-Vizepräsident Rolf Hocke (Foto: picture-alliance/dpa/A. Dedert)
DFB-Vizepräsident Rolf HockeBild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

Joachim Masuch, Präsident des Landesfußballverbandes Mecklenburg-Vorpommern, kritisierte die Aufklärungsarbeit von Niersbach. "Mit dem derzeitigen Stand kann man überhaupt nicht zufrieden sein. Wenn die Kenntnisse über Unregelmäßigkeiten bereits vor einem guten Jahr vorgelegen haben, hätte man schon früher beginnen müssen", sagte er. Der Imageschaden für den deutschen Fußball sei "gewaltig", eigentlich könne der Präsident sein Amt gerade gar nicht "unbeschadet" ausüben.

asz/sw (dpa, SZ, FAZ)