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'Im Visier der Taliban'

Das Gespräch führte Andreas Ziemons9. Februar 2007

Konrad Freiberg, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, über die gestiegene Gefahr für deutsche Polizisten im Auslandseinsatz in Afghanistan.

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Konrad Freiberg, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei vor Fahne mit Emblem der Gewerkschaft der Polizei.
Konrad Freiberg, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der PolizeiBild: PA/dpa

DW-WORLD.DE: Warum werden deutsche Polizeibeamte nach Afghanistan in den Einsatz geschickt?

Konrad Freiberg: Wir haben das internationale Mandat für die Polizeiausbildung in Afghanistan übernommen. 40 bis 50 deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte sind in Afghanistan, meist für die Ausbildung von Offizieren. Diese Aufgabe ist nicht immer befriedigend, da man nicht immer weiß, wen man ausbildet. Es gibt einige Polizei-Offiziere, die insbesondere wenn sie in die Provinzen zurückkehren, korrupt sind.

Wie sieht die Zusammenarbeit der Polizeibeamten mit deutschem Militär in Afghanistan aus?

Diese Aufgaben sind getrennt zu sehen. Auch die Unterbringung findet getrennt statt. Die deutschen Polizeibeamten sind nur in Kabul. Es gibt wenige Berührungspunkte. Die Bevölkerung weiß auch durchaus zu unterscheiden zwischen Militär und Polizei. Die Polizei ist dort ja auch nicht operativ tätig, indem sie draußen bewaffnet umherfährt, sondern die deutsche Polizei beschränkt sich auf die Ausbildung in ihrer Ausbildungsstätte in Kabul.

Macht die Ausweitung der deutschen Beteiligung mit Tornado-Aufklärungsflugzeugen die Situation für die deutschen Polizisten in Kabul schwieriger?

Es gibt mehrere Entwicklungen, die die Aufgabe nicht nur schwieriger, sondern vor allem gefährlicher machen. Es gibt weltweit den Druck auf Deutschland sich auch in den Kampfgebieten im Süden Afghanistans zu beteiligen. Die Bundesregierung hat nun den Einsatz von Tornados bewilligt. Hinzu kommt der Druck das Engagement zu verstärken, um in Afghanistan überhaupt noch etwas zum Positiven zu verändern. Es gibt die Kritik der Amerikaner, die Art der Polizeiausbildung zu verändern. Die Amerikaner wollen keine Polizei, wie wir sie in unserem rechtsstaatlichen System haben, sondern eine paramilitärische Polizei, also Leute, die schießen können.

Deutsche Polizeibeamtin steht vor Gruppe von afghanischen Polizei-Rekruten.
Deutsche Beamtin mit afghanischen Polizei-RekrutenBild: dpa

Die Bundesregierung will das Engagement in der Polizeiausbildung verstärken. Es wird sogar der Vorschlag aus dem Innenministerium kommen, eine Dienstpflicht für alle Bundespolizisten für Auslandseinsätze einzuführen. Es werden also in Zukunft mehr deutsche Polizisten nach Afghanistan kommen, nicht nur nach Kabul. Das macht den Dienst für die Beamten gefährlicher. Dagegen wehren wir uns, genau wie wir uns dagegen wehren, dass sich das Mandat verändert und wir eine paramilitärische Polizeiausbildung durchführen sollen.

Kann die Ausbildung, die die Beamten in Deutschland bekommen, bevor sie nach Afghanistan gehen, ausreichend auf die Situation dort vorbereiten?

Wir müssen die Ausbildung in Deutschland auf ganz neue Beine stellen. Erstens wird es ein langfristiges Mandat sein und vor allen Dingen wird es gefährlicher, sogar lebensgefährlich. Bisher haben wir 14 Tage Ausbildung für die Beamten, die wir dort hinschicken. Diese Ausbildung müssen wir intensivieren. Wir müssen die Kollegen immer mehr auf gefährliche Situationen vorbereiten. Sie müssen lernen, wie man sich vor Sprengfallen schützt, wie die Ausrüstung und die Fahrzeuge dafür aussehen müssen, den gesamten kulturellen Hintergrund, die Konfliktlinien, die es dort gibt. Das alles muss jetzt intensiv verbessert werden, schließlich wollen wir das Bestmöglichste für unsere Kollegen dort vor Ort.

Wodurch hat sich die Gefahr für deutsche Polizisten in Afghanistan erhöht?

In erster Linie durch die Situation im Land. Die Taliban nehmen bei Sprengstoff-Anschlägen keine Rücksicht darauf, wer die Opfer sind. Und die Polizei ist im Visier der Taliban, das muss man ganz deutlich sagen.

Gibt es neben der Gefahr für die Polizeibeamten in Afghanistan weitere Faktoren, die den Einsatz dort von anderen Auslandseinsätzen, beispielsweise auf dem Balkan, unterscheiden?

Die Luft in Kabul. Der Staub dort besteht zu 30 Prozent aus Fäkalien. Das heißt alle, die dort hingehen, bekommen erstmal schwere Infektionskrankheiten. Alle! Weil man sich davor gar nicht schützen kann.

Gäbe es theoretisch eine Situation, in der Sie sagen würden: Die Situation ist nicht mehr tragbar. Wir ziehen unsere Beamten ab?

Das ist keine Theorie, sondern das sind Befürchtungen, die wir haben. Wenn die Situation in Afghanistan nicht mehr beherrschbar ist, muss man sich entscheiden, ob Polizei dort überhaupt etwas zu suchen hat, oder ob es eine rein militärische Lage ist. Wir sind Polizisten. Wir wollen Polizisten in Afghanistan ausbilden. Aber wir wollen dort in Sicherheit leben. Und das muss gewährleistet sein.