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PolitikAfrika

Die Baustellen von Südafrikas Präsident Ramaphosa

Cristina Krippahl
21. Dezember 2022

Aus dem Parteitag seines ANC geht Cyril Ramaphosa gestärkt hervor. Neben der Aussicht, sich erneut auf das höchste Staatsamt zu bewerben, darf Südafrikas skandalumwitterter Präsident nun weiter diverse Krisen jonglieren.

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Der Präsident des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), Cyril Ramaphosa
Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa steht vor einigen HerausforderungenBild: Denis Farrell/ASSOCIATED PRESS/picture alliance

Am Ende konnte er seine Position festigen. Trotz der im Raum stehenden Vorwürfe der Geldwäsche, die als "Sofagate" die Berichterstattung in Südafrika bestimmten, und trotz einer massiven Kampagne seiner Gegner innerhalb der Partei bleibt Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa Vorsitzender des regierenden Afrikanischen Nationalkongress (ANC). Dabei erhielt er auf dem Parteitag sogar mehr Stimmen als noch vor fünf Jahren. Der ANC ebnet ihm so den Weg zu einer zweiten Amtszeit als Präsident Südafrikas.

Es ist eine Entwicklung, die für Beobachter nicht überraschend kommt. Das ebenfalls frischgewählte siebenköpfige Führungsteam, die sogenannten "Top Seven", bestehe zum größten Teil aus Unterstützern Ramaphosas, betont Christopher Vandome von der britischen Denkfabrik Chatham House im DW-Gespräch: "Das bedeutet, dass er es zukünftig leichter haben wird, einige seiner Agendapunkte durchzusetzen - insbesondere was seine parteipolitischen Vorstellungen angeht."

Neues Kabinett erwartet

Auf tatkräftige Unterstützung wird Ramaphosa in Zukunft auch angewiesen sein. Denn der ANC ist stark gespalten: Ein Flügel um den ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma, mit Ramaphosas unterlegenem Herausforderer Zweli Mkhize als Gallionsfigur, stellt sich allen inneren Reformbemühungen entgegen.

"Mkhize hat die Stimmen von 43 Prozent der Delegierten bekommen, unter anderem, indem er einflussreichen Parteimitgliedern attraktive Posten versprochen hat", zitiert die Nachrichtenagentur AP den Afrika-Analysten Aleix Montana von der Beratungsfirma Verisk Maplecroft. "Das belegt, dass Ramaphosa mit ernstzunehmendem Widerstand innerhalb des ANC zu rechnen hat."

Schriftzug "Phala Phala" und Bild einer Rappenantilope an einer Mauer beim Eingang zu Ramaphosas Farm in Bela Bela (Foto: AP Photo)
Der angebliche Diebstahl von Hunderttausenden Dollar aus Ramaphosas Wildtierfarm stürzte den Präsidenten in die KriseBild: AP Photo/picture alliance

Doch auch Ramaphosas Gegner in der ANC-Führung müssen mit Bedacht agieren. Der neu zum Vize-Vorsitzenden gewählte Paul Mashatile war zwar nicht Teil von Ramaphosas Kampagne. Und doch: "Angesichts seiner eigenen politischen Ambitionen, zu denen später auch die Präsidentschaft gehören könnte, wird er sich wohl eher konstruktiv einbringen, anstatt den Störenfried zu spielen", sagt Vandome im DW-Gespräch.

Ins Abseits gestellt wurden hingegen zwei von Ramaphosas schärfsten Kritikern im Kabinett: Nkosazana Dlamini-Zuma, Ministerin für interne Kooperation und ehemalige Kommissionspräsidentin der Afrikanischen Union, und Tourismusministerin Lindiwe Sisulu. Erstere lehnte eine Nominierung als Kandidatin für den Parteivorsitz ab und muss überdies mit Disziplinarmaßnahmen rechnen, weil sie im Parlament von der ANC-Linie abgewichen war. Letztere stand mit ihrer offenen Kritik am Präsidenten schließlich recht alleine da - all dies sind Anzeichen, dass eine Kabinettsumbildung kurz bevor stehen könnte.

Raus aus der Krise - eine Mammutaufgabe

Dass es nicht nur um Ramaphosa, sondern auch darum geht, die Partei zu retten - dafür kamen beim ANC-Kongress auch Zahlen auf den Tisch: Ein Bericht, der am Wochenende vorgestellt wurde, zeigte auf, dass die Mitgliedszahlen in den vergangenen fünf Jahren um ein Drittel zurückgegangen sind. Auch die Kommunalwahlen 2021 waren eine Wegmarke: Damals gelang es dem ANC zum ersten Mal in der Geschichte der südafrikanischen Demokratie nicht, mehr als 50 Prozent der Stimmen zu erhalten. 

Urgroßmutter und Urenkelsohn sitzen im Schein einer Kerze an einem offenen Kamin in Südafrika (Foto: REUTERS/Siphiwe Sibeko)
Um den Engpässen zu begegnen, dreht Südafrika seinen Bürgerinnen den Strom ab - oft viele Stunden am TagBild: Siphiwe Sibeko/REUTERS

Nach fünf Tagen des Ringens um die Köpfe blieben viele strategische Fragen ungeklärt. Der Parteitag wird im Januar fortgesetzt, um sich dort auf politische Linien zu einigen.

Trotz der dramatischen Lage sieht der politische Analyst Lukhona Mnguni in den anstehenden Parteireformen nur einen Teil der "Mammutaufgabe" für Ramaphosa, wie er im DW-Gespräch ausführt. Zu den dringenden Problemen zählt er außerdem dasheillos überlastete System zur Stromversorgung, eine Arbeitslosenquote von 35 Prozent und die grassierende Korruption. Außerdem sei die Wirtschaft in Not, sagt Mnguni im DW-Gespräch: "Die Inflation lässt Zinsen steigen und es gibt einen Reformrückstau."

Können die Erneuerbaren Südafrikas Energiekrise lösen?

Und natürlich muss sich Ramaphosa seinen persönlichen Problemen stellen müssen. Erst letzte Woche verhinderte der ANC mit seiner Mehrheit im Parlament die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen den amtierenden Präsidenten, nachdem der "Sofagate"-Skandal offenbarte, dass Ramaphosa Hunderttausende US-Dollar im Sofa seiner Farm versteckt hielt.

Wird Ramaphosa seine politische Zukunft retten?

Doch während die Partei ihre Basis verliert, hat Ramaphosa immer noch relativ hohe Beliebtheitswerte - ein Fakt, der den Delegierten, die über die ANC-Führung abstimmten, nicht entgangen ist. Auch der Sofagate-Skandal scheint dem keinen Abbruch zu tun.

Der ehemalige Gewerkschafter und Vertraute Nelson Mandelas machte in den Jahren nach Mandelas Rücktritt als Präsident ein Vermögen als Unternehmer unter anderem im Minengeschäft. "Die Menschen in Südafrika wissen, dass er wie viele andere von seinem Wechsel aus der Politik in die Privatwirtschaft profitierte", sagt Analyst Vandome in Johannesburg. Aber in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und selbst unter seinen politischen Gegnern spiele das keine Rolle: "Manche bewerten es sogar positiv, dass er wirtschaftliche Erfahrungen mitbringt."

Stoffbanner zeigt Bild von Cyril Ramaphosa vor ANC-Farben, zu seiner Einführung als Präsident Südafrikas 2019 (Foto: AP Photo/Jerome Delay)
Die Zukunftsaussichten Ramaphosas stehen und fallen auch mit denen seiner Partei, des ANCBild: picture-alliance/AP Photo/J. Delay

Fraglich ist, ob es dem Präsidenten bei all seiner Popularität gelingen wird, den ANC zum unangefochtenen Sieger bei den für 2024 geplanten Wahlen zu machen. Denn viele Südafrikaner hätten, so Vandome, "zunehmend die Nase voll" von den ungelösten Problemen der mangelnden Energieversorgung und der hohen Arbeitslosigkeit, denen Ramaphosa einst den Kampf ansagte.

Koalitionen: Eine neue Idee für Südafrika

Der schwindende Einfluss des ANC bedeutet auch ein Aus für alte Gewissheiten. So gibt es endlich eine öffentliche Debatte über politische Koalitionen auf nationaler Ebene - etwas, dass es in Südafrika noch nie gegeben hat, auch nicht zu Zeiten der Apartheid.

Das Szenario hält Vandome nicht für ausgeschlossen. "Aber ich denke nicht, dass es eine vereinte Koalition wie etwa in Deutschland geben wird", sagt er. Vielmehr könnten Parteien beschließen, in konkreten Punkten zusammenzuarbeiten und so Gesetze zu beschließen.

Zwar könnten so politische Prozesse erschwert werden. "Aber es könnte ein Schritt in Richtung einer pluralistischen Politik hier in Südafrika sein", sagt Vandome.

Mitarbeit: Thuso Khumalo

Aus dem Englischen adaptiert von Philipp Sandner.