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Die Blockchain streift den Kapuzenpulli ab

Mischa Ehrhardt
8. März 2018

Während vor Spekulation mit Digitalwährungen gewarnt wird, versuchen viele Unternehmen - auch außerhalb der Finanzwelt - die Technologie dahinter für ihre Zwecke zu nutzen. Das könnte einige Branchen radikal verändern.

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Symbolbild Blockchain
Bild: Colourbox

Im Foyer der Hochschule in Frankfurt stehen Stehtische mit schwarzen Hussen darauf. Im Audimax nebenan jagt ein Vortrag den anderen. Das Thema: Blockchain. An einem der Tische diskutiert ein junger Mann im Kapuzenpulli mit einem Herrn im Anzug gerade über Vor- und Nachteile bestimmter Digitalwährungen. Es fallen Begriffe wie "Wallet", "smart contract", "digital cash" und immer wieder: Blockchain. Bitcoins und anderen Digitalwährungen - das sind jene neuartigen Gebilde im Internet, vor denen Zentralbanken, Regulierer und Verbraucherschützer immer wieder warnen.

Am selben Tag, fast zur gleichen Zeit, zwei Kilometer weiter: Die Bundesbank hat zur Jahrespressekonferenz geladen. Von Seiten der Journalisten wird gefragt, ob und wie die Bundesbank auf digitale Währungen reagieren wird. Denkt man über ein Verbot nach?

"Wir werden nicht müde zu erklären, dass man sein Geld verlieren kann", sagt Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Er nimmt sich Zeit für seine Antwort, wiederholt, was schon gesagt wurde, mischt dieses Mal ein wenig Humor hinein: "Es gibt auch andere Wege, sein Geld schlecht anzulegen. Die kann man auch nicht verbieten".

Neues Potential für Plattformen

Man könnte es dabei belassen - ein neues Spielzeug für Spekulanten und Zocker an verrückten Kapitalmärkten. Doch das Phänomen ist mehr, weit mehr sogar.

"Die Technologie hat durchaus die Möglichkeit, viele Wirtschaftsbranchen grundlegend zu verändern", meint Philipp Sandner. Sandner ist Wirtschaftsprofessor. Er leitet das Blockchain-Center an der Frankfurt School of Finance and Management. Und er hat die Konferenz in Frankfurt organisiert.

Bei Plattformen, auf denen Angebot und Nachfrage zusammentreffen, könnte die Technologie eingesetzt werden. "Das sind Angebote wie Carsharing, wo eine Mobilitäts-Anfrage auf Autos trifft. Das sind Musikplattformen wie Spotify, wo es um Lizenzrechte geht. Und am Anzeigenmarkt sind wir ganz schnell bei Google oder Facebook."

Deswegen versuchen mittlerweile fast alle großen Unternehmen, die Blockchain-Technologie für eigene Zwecke nutzbar zu machen. Zwar ist die Blockchain mit der Digitalwährung Bitcoin zum digitalen Leben erwacht. Große Konzerne allerdings interessieren sich nur am Rande für digitale Währungen. Sie wollen eher den Honig aus der Blockchain, der Technologie dahinter, saugen.

Von Währungen bis Mode

Fabian Vogelsteller ist Programmierer und Entwickler bei der weltweit zweitgrößten Digitalwährung Ethereum. Er trägt keinen Kapuzenpulli, sondern ein Hemd, das ihm auf den Leib geschneidert ist. Zurzeit arbeitet er neben dem Ethereum-Projekt auch daran, eine Blockchain-Lösung für die Modeindustrie zu schneidern.

"Man kann man auf der einen Seite Produkte registrieren und damit jederzeit die Echtheit überprüfen. Für die Modeindustrie versuche ich, eine Plattform zu bauen, auf der dann alle Beteiligten handeln können." So kann man beispielsweise programmieren oder definieren: Sobald eine bestellte Ware - wie ein Kleidungsstück - beim Käufer eingetroffen ist, erfolgt automatisch die Zahlung. Das könnte Handelsplattformen wie Zalando als Mittler und Händler ziemlich überflüssig machen. Denn die Blockchain-Technologie eignet sich hervorragend für die direkte Verbindung zwischen Anbieter und Kunden.

Mietwagen in Deutschland Flinkster. In
Nützliche Blockchain? Autos fürs Carsharing Bild: Picture-alliance/dpa

Das macht auch die Kontrolle der Echtheit bestimmter Waren einfach. Den Beweis versucht der Pharma- und Chemiekonzern Merck gerade zu programmieren. Merck arbeitet an einer Blockchain-Lösung, um unter anderem seine Medikamente fälschungssicher zu machen. Denn wenn ein Hersteller auf seiner Blockchain verewigt, dass das Produkt aus der eigenen Produktion stammt, kann der Kunde ziemlich einfach überprüfen, ob es sich wirklich um ein Medikament von Merck oder eine Fälschung handelt.

So soll jedes Krankenhaus oder jede Apotheke mit einfachen Mitteln in der Lage sein, Unregelmäßigkeiten beispielsweise in der Lieferkette zu erkennen und entsprechend zu reagieren. "Gerade bei Medikamenten ist das ein sehr großes Problem. Denn da können Menschen Gesundheitsprobleme bekommen oder sterben, wenn es sich um Fälschungen handelt. Die Technologie macht es möglich, in Zukunft Betrügern das Handwerk zu legen", ist Wirtschaftsprofessor Sandner überzeugt.

Ein anderes Beispiel, wo die Blockchain derzeit - und in Zukunft wohl noch mehr - für Wirbel sorgen könnte, ist die Finanzindustrie. Inzwischen bangen Banken um eines ihrer klassischen Aufgabenfelder - die Banküberweisung. Denn die Blockchain macht diese Vermittlungsaufgabe grundsätzlich überflüssig. Fabian Vogelsteller sieht das als den normalen Lauf der Dinge: "Wenn etwas Neues kommt, muss Altes weichen, so ist das eben."